Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
»Ich nehme an, Sie würden lieber an den Kaiser ausgeliefert als hingerichtet werden, aber wieso bekomme ich eigentlich den Eindruck, daß der Vorzug ganz gering ist?«
»Tatsächlich«, sagte eine andere Stimme, »glaube ich, daß keine der beiden Alternativen akzeptabel ist und wir eine dritte suchen müssen.«
59
Dors war es, die den Neuankömmling zuerst identifizierte, vermutlich, weil sie ihn erwartet hatte.
»Hummin«, sagte sie. »Dem Himmel sei Dank, daß Sie uns gefunden haben. Ich habe sofort mit Ihnen Verbindung aufgenommen, als mir klar wurde, daß ich Hari nicht…« – sie machte eine vielsagende Handbewegung – »davon würde abhalten können.«
Hummins Lächeln änderte nichts an dem Ernst, der seine Züge prägte. Er wirkte erschöpft.
»Meine Liebe«, sagte er, »ich war mit anderen Dingen beschäftigt. Ich kann mich nicht immer sofort frei machen. Und als ich hier ankam, mußte ich mir ebenso wie Sie einen Kittel und eine Schärpe beschaffen, ganz zu schweigen von der Mütze, und mich hierherbegeben. Wenn ich früher gekommen wäre, hätte ich das vielleicht verhindern können, aber ich glaube nicht, daß ich zu spät komme.«
Sonnenmeister Vierzehn hatte sich inzwischen von dem anscheinend schmerzhaften Schock erholt. Als er jetzt sprach, fehlte seiner Stimme jene würdevolle Strenge, die sie sonst auszeichnete. »Wie sind Sie hier hereingekommen, Stammesmann Hummin?«
»Das war nicht leicht, Hoher Ältester, aber wie Stammesfrau Venabili zu sagen pflegt, ich kann sehr überzeugend sein. Einige der Bürger hier erinnern sich daran, wer ich bin und was ich in der Vergangenheit für Mykogen getan habe, daß ich sogar ein Bruder ehrenhalber bin. Haben Sie das vergessen, Sonnenmeister Vierzehn?«
»Das habe ich nicht vergessen«, erwiderte der Älteste, »aber selbst die günstigste Erinnerung kann gewisse Handlungen nicht überleben. Man stelle sich vor, ein Stammesmann hier und sogar ein Stammes weib. Ein größeres Verbrechen gibt es nicht. Alles, was Sie getan haben, reicht nicht aus, um das aufzuwiegen. Mein Volk ist nicht undankbar, wir werden Ihnen das auf andere Weise entgelten. Aber diese beiden müssen sterben, oder man muß sie dem Kaiser übergeben.«
»Ich bin auch hier«, sagte Hummin ruhig. »Ist das nicht auch ein Verbrechen?«
»Was Sie betrifft«, sagte Sonnenmeister Vierzehn, »Sie persönlich als eine Art Bruder ehrenhalber, kann ich das… kann ich darüber hinwegsehen… einmal. Aber nicht, was diese beiden betrifft.«
»Weil Sie vom Kaiser eine Belohnung erwarten? Irgendeine Gefälligkeit? Eine Konzession? Haben Sie bereits mit ihm Verbindung aufgenommen oder, was wahrscheinlicher ist, mit seinem Stabschef Eto Demerzel?«
»Das steht hier nicht zur Debatte.«
»Und das allein ist bereits ein Eingeständnis. Kommen Sie, ich will gar nicht fragen, was der Kaiser versprochen hat, viel kann es nicht sein. In dieser degenerierten Zeit hat er nicht viel zu bieten. Lassen Sie mich Ihnen ein Angebot machen. Haben Ihnen diese beiden gesagt, daß sie Gelehrte sind?«
»Das haben sie.«
»Und das sind sie auch. Sie lügen nicht. Die Stammesfrau ist Historikerin und der Stammesmann Mathematiker. Die beiden versuchen gemeinsam, ihre Talente dahingehend zu kombinieren, um eine Mathematik der Geschichte zu entwickeln. Sie nennen das ›Psychohistorik‹.«
»Ich weiß nichts über diese Psychohistorik«, erwiderte Sonnenmeister Vierzehn, »und bin auch nicht daran interessiert. Weder dies noch irgendwelche anderen Belange Ihrer Stammeswissenschaft interessieren mich.«
»Dennoch schlage ich vor, daß Sie mich anhören«, sagte Hummin.
Hummin brauchte fünfzehn Minuten dazu, um in präzisen Worten zu erklären, wie man die natürlichen Gesetze der Gesellschaft (und man hatte jedesmal, wenn er diese Worte aussprach, den Eindruck, er würde sie mit Anführungszeichen versehen) so organisieren könnte, um es zu ermöglichen, die Zukunft mit einem substantiellen Grad an Wahrscheinlichkeit vorherzusehen.
Als er schließlich geendet hatte, meinte Sonnenmeister Vierzehn, der ihm ohne erkennbaren Ausdruck zugehört hatte: »Eine höchst unwahrscheinliche Spekulation, würde ich sagen.«
Seldon schien mit bedrückter Miene etwas sagen zu wollen, ohne Zweifel, um ihm zuzustimmen. Aber Hummins Hand, die auf seinem Knie lag, verstärkte ihren Griff.
»Das mag sein, Hoher Ältester«, sagte Hummin, »aber der Kaiser denkt da anders. Und wenn ich ›der Kaiser‹ sage,
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