Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)
guckten sie an und sagten: »Deshalb bin ich Soldat geworden.« Können Sie das erklären?
Der Offiziersberuf erfordert viel, aber er gibt zugleich viel. Und da geht mir eben dieser Moment durch den Kopf, wie im Gefechtsübungszentrum. Das ist für mich als Kompanie-Chef kaum zu beschreiben. Dieses Gefühl, wenn ich die Jungs – fast 200 – da stehen sehe, hoch motiviert, mit Willen im Ausdruck und mit Spaß bei der Sache, dann ist das die Währung, die mir zurückgezahlt wird für den Einsatz, den ich selber bringe.
◆ Als Kompanie-Chef sind Sie sozusagen mit der Bundeswehr verheiratet. Wie steht Ihre Frau dazu?
Die Ehe von Soldaten geht nie ohne Bundeswehr, der Dienst ist irgendwie immer mit dabei. Ich habe für mich und mit meiner Ehefrau feste Gebete und insbesondere einen Psalm als innere Stütze. Der gibt uns so viel, dass er uns jetzt schon lange, lange durch unsere Beziehung und durch unsere gemeinsame Zeit bei der Bundeswehr getragen hat. Für uns ist das, wahrscheinlich auch wegen der Nähe zu meinem Beruf, der Psalm 91, den König David verfasst hat und der beginnt: »Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im Schatten des Allmächtigen, der sagt zum Herrn: Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.« Und genau das ist es, was ich tue.
◆ Gab es Momente, in denen Sie an Ihrer Entscheidung, Soldat zu werden, gezweifelt haben?
Eigentlich nicht. Auch wenn es Erfahrungen gibt, die deutlich meine Einstellung mitgeprägt haben. Ich bin erst vor kurzer Zeit Vater geworden. Das war ein Augenblick, der meine Auffassung – nicht unbedingt vom Beruf, aber vom Leben – nachhaltig beeinflusst hat.
◆ In welcher Hinsicht?
Als Vorgesetzter ist für mich wichtig, mich in die Köpfe meiner Soldaten hineinversetzen zu können. Und genau in diesem Bereich wirkt die Erfahrung, dass ich nun Familienvater bin. Dadurch, dass ich selber eine Tochter bekommen habe, ist es jetzt für mich möglich, in Gänze die anderen Familienväter in meiner Kompanie zu verstehen, wenn die mir berichten von guten oder auch schlechten Momenten zu Hause mit der Familie.
◆ Wie und wann haben Sie erfahren, dass Sie im Juli als Kompanie-Chef nach Afghanistan gehen werden?
Sehr früh. Das liegt schon gut 2 ½ Jahre zurück. Damals befand ich mich auf einem Lehrgang beim US Marine Corps. Dort hatte ich die Möglichkeit, mit dem damaligen Bataillons-Kommandeur abzustimmen, welche Kompanie ich nach meiner Rückkehr übernehmen darf. Es war dann schnell klar, dass es eine der beiden sein würde, die nach Afghanistan gehen.
◆ Was hat das in Ihnen ausgelöst?
Dieses Wissen potenziert die Gedanken, die Sorgen, die Hoffnungen, die man im Bereich der Personalführung für seine Soldaten hat. Denn jetzt geht es nicht mehr um Grundbetrieb, nicht mehr um Gefechtsausbildung, sondern jetzt steht am Ende das echte Gefecht mit allen möglichen Konsequenzen.
◆ Als da sind?
Mir ging es vom Anfang der Vorausbildung an darum, zunächst die Soldaten, aber auch die Familien, die dahinter stehen, bestmöglich – nicht nur soldatisch, sondern auch inhaltlich – auf diesen Einsatz vorzubereiten.
Die entscheidende Frage ist, wie es mir am besten gelingen kann, meine Männer durch den Einsatz zu bekommen. Denn das ist letztendlich die größte Sorge eines Vorgesetzten im Einsatz. Ich versuche, das durch bestmögliche taktische und personelle Führung zu erreichen. So dass wir sowohl unseren Auftrag zu hundert Prozent erfüllen, als auch am Ende alle nach Deutschland zurückkehren können.
◆ Alle heil nach Hause zu kriegen. Ist das unter den derzeitigen Gegebenheiten wahrscheinlich?
Das ist sehr schwer zu sagen, und das wissen die Männer, wir haben darüber gesprochen. Die Soldaten kennen die Bedrohungen, denen sie tagtäglich ausgesetzt sein werden. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Das wissen die Führer, und das wissen die Soldaten. Wir haben versucht, sie darauf vorzubereiten.
◆ Die Nachrichten der letzten Wochen, Anschläge auf deutsche Soldaten in Afghanistan. Was lösen die in Ihnen aus?
Die machen nachdenklich. Mehrere Kameraden sind leider gefallen, alle aufgrund von IED-Anschlägen. Angst machen die Anschläge mir persönlich nicht, sondern sorgen bei mir für Respekt vor der Aufgabe, die vor uns liegt. Vor dem, wie unser Gegenüber agiert und operiert. Ich weiß, dass wir gut ausgebildet sind. Und ich weiß, dass wir mit unseren Aufklärungsmitteln und mit vielem mehr auf allen Ebenen gute
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