Foxtrott 4: Sechs Monate mit deutschen Soldaten in Afghanistan (German Edition)
Röteln).
Tetanus
Diphtherie
Polio
Hepatitis A und B
Meningokokken
Gelbfieber
Typhus
Tollwut
Influenza
FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis)
JE (Japanische Enzephalitis)
Eigentlich müssten wir im Dunkeln grün leuchten bei so viel Stoff im Körper.
Hannover – Termez
Flughafen Hannover – militärischer Teil
Am Morgen der Abreise, 1. Juli 2011, stehe ich mit Schröder am Flughafen Hannover in der Abflughalle. Er hat sich zu Hause von seiner Frau und der kleinen Tochter verabschiedet. Er wollte nicht, dass sie am Flughafen sind. »Es ist so schon schwer genug.«
In Uniform warten die Soldaten auf die Maschine nach Termez in Usbekistan. Sie spielen Karten. Einige gucken Filme auf ihren Laptops. Andere schlafen – die haben den Abschied wohl mit ein paar Bier zu viel gefeiert. Dann ist der Airbus der Bundeswehr zum Boarding bereit. Die Maschine hat kein Unterhaltungsprogramm, dafür Catering von der Lufthansa und attraktivere Flugbegleiterinnen als so mancher Charterflug.
Strategischer Lufttransportstützpunkt Termez, Usbekistan
Uns begrüßen wohlgebräunte, entspannte Soldaten. Der Krieg findet von hier aus gesehen weit weg im Nachbarland statt. Von Termez aus wickelt die Bundeswehr ihre Flüge nach Afghanistan ab. Die Betreuungseinrichtung, in der wir uns sammeln, heißt »Area 51«. Es läuft Musik und ein Fernseher mit Bundeswehr-TV, sogar ein Bier kann man hier trinken. Höchstens zwei, denn auch hier greift die Zwei-Dosen-Regelung – also zwei Dosen pro Abend. Termez gilt unter Soldaten als entspannter Ort für den Auslandseinsatz. Mit all denen, die nach Afghanistan und insbesondere nach Kunduz fliegen, wollen hier die Wenigsten tauschen. Uns werden Container für die Nacht zugewiesen. Ich schlafe unruhig. Morgen um 6:00 Uhr soll es weitergehen nach Kunduz.
Termez – Kunduz
In der Dämmerung sehen wir die Transall auf dem Rollfeld. Durch die Luke am Heck des Flugzeugs betreten wir die Militärmaschine. Die Motoren dröhnen. »Willkommen an Bord unseres Fluges nach Kunduz«, schreit der Lademeister gegen den Lärm an. »Flugzeit zirka 45 Minuten. Der Anflug auf den Flugplatz Kunduz ist etwas steil. Wenn Ihnen schlecht wird, benutzen Sie die Kotztüten. Angenehmen Flug.« Die Maschine hebt ab, zieht steil in den Himmel. Die Soldaten und ich schwitzen, obwohl es um diese Uhrzeit noch nicht besonders heiß ist.
In der Transall sitzt man auf Bänken im Frachtraum. Schröder mir gegenüber. Er unterhält sich mit Hauptfeldwebel Sebastian Bachert, einem anderen Gruppenführer des Foxtrott-Zuges. Bachert war schon mal in Kunduz. Vielleicht sprechen sie über die Erfahrungen, die Bachert gemacht hat. Ich weiß es nicht. Der Motorenlärm dröhnt zu laut. Ich erinnere mich an das, was Schröder mir gesagt hat: »Man versucht, sich mental sowieso auf den Einsatz vorzubereiten, und man malt sich, jeder, glaube ich, malt sich tausend Szenarien im Kopf aus, was alles passieren kann …«, Schröder drehte dabei den Ehering an seiner linken Hand, »… aber, ich glaub, wenn irgendwas passiert, ist das trotzdem außerhalb jeglicher Vorstellungskraft.«
Neben ihm sitzt Hauptmann Schellenberger. Er redet nicht, schaut aus dem Fenster, schließt die Augen, öffnet sie, schaut auf die Soldaten seiner Kompanie. Bei meinem ersten Treffen sagte er mir: »Glauben Sie denn, dass ich nicht schon jetzt jeden Tag daran denke, ob ich alle meine Männer und Frauen unversehrt und lebend wieder nach Hause bringen kann? Ich weiß, hundertprozentiger Schutz geht nie, und das ist jedem Soldaten bewusst. Wir haben mehr als einmal darüber gesprochen. Ich habe auch versucht, das den Familien mit auf den Weg zu geben. Hundertprozentiger Schutz geht nie.«
Als ich ihn vor dem Einsatz gefragt habe, wie er mit dieser Verantwortung umgeht, antwortete er: »Ich versuche zwei Wege zu gehen. Persönliche Gelassenheit, weil ich weiß, dass ich gute Männer habe und gut ausgebildete Soldaten. Das ist die eine Seite. Und die andere Seite, das ist für mich mein christlicher Glaube. Der mir in Momenten, wo große Gewitter über mir sind, die notwendige Gelassenheit gibt, mir zu sagen, das, was ich nicht richten kann, das bekommt jemand anderes für mich hin.«
Am Bullaugen-Fenster des Flugzeuges ziehen Gebirge und Wüstenlandschaften vorbei. Ich mache es wie Schellenberger – Augen zu. Schwer zu fassen, dass ich noch gestern neben meiner Freundin im bürgerlichen Hamburg-Winterhude aufgewacht bin. Und gleich lande ich in
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