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Fränkisch Schafkopf

Fränkisch Schafkopf

Titel: Fränkisch Schafkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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gesagt, ich bin jetzt unterwegs. Sollte etwas Dringendes sein, geben Sie mir augenblicklich auf dem Handy Bescheid. Aber nur, wenn es wirklich wichtig ist.«
    Sie nahm ihre Tasche und verließ grußlos das Zimmer. Unten auf dem Innenhof des Präsidiums ließ sie sich von dem Leiter des Fuhrparks den erstbesten Wagen aushändigen und fuhr damit in Richtung St. Johannis.
    Als sie auf den Haupteingang des Nordklinikums zuschritt, gingen ihr die Reaktionen in diesem »besonders heiklen Fall« durch den Kopf. Sie wusste nun, was sie bereits geahnt hatte: dass sie die Einzige war, die eine wie auch immer geartete Beteiligung Heinrichs an dem Mord ausschloss. Selbstverständlich ausschloss. Brunner, Fleischmann und natürlich Trommen – sie alle hielten es für möglich, dass Heinrichs Rolle dabei weiter ging als die eines Opfers beziehungsweise die des Beobachters. Jeder hielt das Unmögliche für möglich, sie selbst ausgenommen.
    Das hieß: Sie würde die nächsten Tage den anderen etwas vorspielen, heucheln müssen. Eine Vorstellung, die ihr nicht gefiel. Es war wie ein Kampf gegen alle anderen, und sie würde sämtliche Schläue und Umsicht aus sich herauspressen müssen, um ihn zu bestehen. Denn das war der einzige Fehler, den sie machen konnte. Und – sie würde ihn nicht machen.
    Kurz nachdem sie den Eingang passiert hatte, kam ihr Frieder Müdsam entgegen. Er hatte also Wort gehalten und nach Heinrich geschaut. Dafür war sie ihm dankbar. So dankbar, dass sie sich zurückhalten musste, um nicht auch ihm, als sie ihm gegenüberstand, die Hand zu schütteln.
    Â»Du warst bei ihm, Frieder?«, stellte sie die unnötige Frage.
    Â»Ja, soeben. Ich habe auch mit dem behandelnden Arzt gesprochen. Es scheint mir, dass er dort in guten Händen ist. Das Nordklinikum ist besser als sein Ruf, in manchen Stationen sogar besser als das Südklinikum.«
    Â»Und welchen Eindruck hattest du von ihm? Ganz ehrlich, bitte!«
    Frieder beugte sich vor und berührte sie leicht und kurz am Arm. »Keinen schlechten, Paula, wirklich nicht. Du musst halt jetzt ein wenig Geduld haben. Auch wenn das nicht unbedingt eine von deinen zahlreichen Stärken ist«, versuchte er einen leichteren Ton anzuschlagen, bevor er fortfuhr: »Heinrich war ohne Bewusstsein, als man ihn am Sonntagvormittag eingeliefert hatte. Als er dann hier aufwachte, hat er richtig randaliert. Und er konnte sich auch nicht daran erinnern, was in der Spenglerstraße vorgefallen ist. Morgenstern meint, er leidet unter kongrader psychogener Amnesie, einer vorübergehenden Form von Gedächtnisverlust.«
    Â»Aber so eine Amnesie hat doch immer einen Auslöser?«, fragte sie. »Weiß man darüber etwas Genaueres?«
    Â»Das kann im Prinzip zwei Ursachen haben. Entweder die Schläge auf den Hinterkopf, man hat bei Heinrich nämlich zwei epidurale Hämatome im Kopfbereich festgestellt. Oder, und davon ist Morgenstern überzeugt, Heinrich hat dort am Tatort etwas so Schreckliches gesehen, dass …«
    Â»Dass er das Gedächtnis verloren hat«, sprach Paula den Satz zu Ende. »Also eine Art von Verdrängung, um sich selbst zu schützen, oder?«
    Â»Ja, wenn du so willst«, wand sich Frieder bei der Zustimmung zu dieser laienhaften Diagnose. »Sie haben Heinrich dann, wie du ja weißt, sediert. Und, glaub mir, das war das Beste, was man machen konnte. Du musst dir das so vorstellen: Das Bewusstsein wird zur Förderung der Heilung vorübergehend und überwacht ausgeschaltet. Denn die Kopfverletzungen sind anscheinend nicht so gravierend, schlimmer ist der Schock, unter dem Heinrich stand. Ich fürchte, wenn er wieder aufwacht, wird er dir keine große Hilfe sein. Er wird sich zunächst an diese Sache nicht erinnern können. Wenn er sich überhaupt an etwas erinnern kann.«
    Â»Das ist doch jetzt ganz egal. Aber das andere, was du gesagt hast, das freut mich, Frieder, wirklich. Nicht, dass er sich an nichts erinnern kann, sondern … ach, du weißt schon, wie ich es meine. Das ist gut, wirklich gut. Ich danke dir dafür ganz, ganz herzlich.«
    Als sie sich schon nach rechts gewandt hatte, rief ihr Frieder hinterher: »Eins noch, Paula. Schau dir mal, wenn du ihn jetzt besuchst, seine Handgelenke an.«
    Sie lief zu ihm zurück. »Warum, was ist da?«
    Â»Es muss vielleicht nichts bedeuten, aber

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