Fränkisch Schafkopf
Gesicht nach einem sarkastischen oder doch zumindest ironischen Zug, wurde aber nicht fündig.
»Wissen Sie, ob er Verwandte hatte?«
»Ich weià bloà von einer Schwester. Die war aber ganz anders als er. Die war nur aufs Geld aus. Hat auch reich geheiratet. Aber zwischen den beiden war in den letzten Jahren kein Kontakt mehr.«
»Und sonst, hatte Herr Jakobsohn eine Freundin oder einen Freund? Wissen Sie auch darüber etwas?«
Aus der Wohnung hörte sie nun eine helle junge Frauenstimme rufen: »Julian, hallo! Lass mich doch nicht so lang allein!«
»Nein, da weià ich nichts«, sagte er schnell und zog die Tür bis auf einen schmalen Spalt zu. Zu schnell, als dass seine Antwort ihr glaubwürdig erschien.
»Herr Jakobsohn hat ja viel Musik gehört und auch laut. Hat Sie das gestört?«
»Wer sagt das?«
»Jetzt gerade habe ich es gesagt. Also, hat es Sie gestört?«
Selbst durch die halb geschlossene Tür konnte sie erkennen, wie sich seine Lippen zu einer verächtlichen Miene kräuselten. »Hier in diesem Haus hört man nichts, das ist eine gute Bausubstanz. Und selbst wenn man etwas hören würde, es hätte mich nicht gestört. Wo sind wir denn, dass man nicht einmal mehr Musik machen darf, wie man will?«
Sie merkte, wie er ungeduldig und ärgerlich wurde. AuÃerdem fiel ihr nichts mehr ein, was sie ihn noch fragen könnte. So sagte sie zum Schluss nur noch, und sie gab sich Mühe, es beiläufig und liebenswert zugleich klingen zu lassen: »Dann danke ich Ihnen im Namen des Polizeipräsidiums Nürnberg für Ihre Auskunft recht herzlich, Herr Brandner. Sie haben uns, also der Staatsmacht im Allgemeinen, damit wirklich sehr geholfen. Sich vorbildlich als echter Staatsbürger verhalten.«
Sie erkannte in seinen aufgerissenen Augen Erstaunen und den Ansatz zum Widerspruch. Darum setzte sie eilig und gut gelaunt hinzu: »Aber Sie wissen ja, wir sind wie der Boandlkramer im Brandner Kaspar â wenn die Zeit abgelaufen ist, kommen wir wieder. Und das kann schon morgen sein.«
Sie schenkte ihm zum Abschied noch ein breites Lächeln, machte kehrt und lief die Stiegen hinunter. Die Woge der Sympathie, die sie für den Rastalocken-Träger empfand, begleitete sie bis unten vor die Haustür. Aber als sie in dem kleinen Innenhof vor ihrem Wagen stand, ebbte diese Woge abrupt ab.
Quer über den Kofferraumdeckel des Polizei- BMW bis über die Ränder des Heckfensters hatte jemand in groÃen roten Lettern gepinselt: »Haut ab! Hier bullenfreie Zone!«.
4
Ein wenig ärgerte sie sich über diesen Anschlag aus dem Hinterhalt. Ãber diese Attacke auch auf ihre Person, sogar wenn damit, glaubte sie zumindest, mehr die Polizei im Allgemeinen, der Apparat , als sie selbst gemeint war. Wie sie sich stets peinlich berührt fühlte, wenn jemand in ihrer Gegenwart herablassend oder gar aggressiv über die Polizei herzog. Doch dann schüttelte sie diesen aufkeimenden Verdruss einfach weg. Das war nicht wichtig. Wichtig waren jetzt nur Heinrich und der tote Jakobsohn.
Auf der Rückfahrt gelang es ihr sogar, diesen Angriff als das zu sehen, was er im Grunde war â als die Fortführung eines albernen Spiels, dessen Regeln ihrer Meinung nach ein barfüÃiger Rastalocken-Träger aufgestellt hatte. Oder seine Freundin. Die mit der hellen Stimme. Auf jeden Fall war das nicht die Tat eines dummen, unreifen Jungen. Das sagte ihr neben der Wortwahl auch die fehlerfreie Interpunktion.
Als sie in den Vestnertorgraben einbog, klingelte das Handy. In Sorge, es könnte das Krankenhaus sein, hielt sie rechts an und griff in ihre Handtasche, die auf dem Beifahrersitz lag. Ohne auf das Display zu sehen, meldete sie sich mit Namen, Dienstrang und Kommission. Es war Paul Zankl.
»Schön, dass ich dich gleich erreiche, Paula. Wo bist du denn derzeit?«
»Derzeit? In meinem Dienstwagen, im Vestnertorgraben, fast vor meiner Wohnung.«
»Ach. Dann warst du über Ostern gar nicht weg?«
»Doch, schon. Einen Tag war ich fort.«
»Dann hat es dir dort, wo du warst, also nicht gefallen?«
»Doch, sehr gut sogar. Beziehungsweise, es hätte mir gefallen, wenn ich noch länger dort geblieben wäre. Aber Paul, ich sitz, wie gesagt, gerade im Auto. Hast du was dagegen, wenn ich dich gleich zurückrufe? So in etwa zehn, fünfzehn Minuten?«
Sie stellte den
Weitere Kostenlose Bücher