Fränkisch Schafkopf
Kurzhaardackel heran. Da wurden sie hereingebeten. So energisch wie widerwillig. Eva Brunner ging zielstrebig ins Wohnzimmer, nahm â ohne dazu aufgefordert zu sein â auf dem weiÃen Sofa Platz und legte Block und Stift griffbereit auf den Couchtisch. Ein derart forsches Auftreten sah Paula Steiner bei ihr zum ersten Mal. Ihre Mitarbeiterin musste sich ihrer Sache sehr sicher sein.
»So«, sagte Eva Brunner und sah dabei auf ihre Notizen, »uneidliche Falschaussage Nummer eins: Sie wussten sehr wohl, dass Ihr Bruder sein Studium abgeschlossen hat. Sie haben ihm durch Ihre Beziehungen ja selbst den Arbeitsplatz bei Siemens verschafft. Falschaussage Nummer zwei: Sie haben den Kontakt zu dem Opfer wesentlich später abgebrochen als von Ihnen angegeben. Falschaussage Nummer drei: Und Sie haben uns auch angelogen, was die Besitzverhältnisse an diesem Haus hier betrifft. Ulrich Jakobsohn wurde nämlich doch von Ihren Eltern als Erbe bedacht.«
Nachdem sie all ihr Pulver verschossen hatte, sah Eva Brunner streng zu ihrer Gastgeberin auf. »Was sagen Sie dazu?«
»Woher haben Sie denn den ganzen Unsinn?«, lautete die unwirsche Gegenfrage. Das Stewardessen-Lächeln verschwand.
Daraufhin zitierte Eva Brunner die Lieblingsfloskel ihrer Chefin in Fällen wie diesem: »Wir haben da unsere Möglichkeiten. Noch einmal: Warum all diese Falschaussagen? Was wollten Sie damit verschweigen? Was haben Sie vor uns zu verbergen?«
Keine Antwort. Nur ein langer, beiläufiger Blick aus dem Fenster in den Garten, auf das grünbraune Rasengeviert.
Paula fing den hilflosen Blick ihrer Mitarbeiterin auf und sekundierte. »Ich an Ihrer Stelle, Frau Harrer, würde schon versuchen, diese â ich formuliere es jetzt mal wohlmeinend â Ungereimtheiten aufzuklären.«
»Ich denke, es ist besser, ich konsultiere jetzt unseren Anwalt«, sagte Monika Harrer spitz. »Ich habe ja nicht geahnt, dass das ein Verhör wird, sonst â¦Â«
»Verhöre gibt es seit 1933 nicht mehr«, fiel ihr Paula ins Wort. »Das hier ist eine Befragung. Wenn Sie Ihren Anwalt hinzuziehen möchten, was Ihnen natürlich freisteht, wird daraus eine Vernehmung. Die führen wir dann aber nicht hier durch, sondern im Präsidium, und zwar in Anwesenheit eines Protokollführers und eines unserer Staatsanwälte. Können wir gerne und sofort machen, wenn Sie das möchten«, schloss sie mit ihrem unverbindlichen Allerweltslächeln.
»Nein, das muss ja nicht sein«, gab Monika Harrer schlieÃlich nach. »Nicht von meiner Seite aus. Ja, es ist wahr. Ich hatte ihm diesen Job besorgt. Leicht ist mir das nicht gefallen. Die Bekannten anbetteln und ⦠Aber glauben Sie nicht, dass er mir dafür nur in der geringsten Weise dankbar war. Für ihn schien das eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass ich ⦠Na, lassen wir das. Zu Ihrem Vorwurf, ich hätte gelogen, was den Beginn unserer Kontaktsperre anbelangt, tja, da habe ich mich wohl verschätzt. Mir kommt es halt länger vor, als es tatsächlich war. Aber spielt das alles überhaupt eine Rolle? Ich habe doch ein wasserdichtes Alibi.«
»Genau, das Alibi, das eben nicht wasserdicht ist«, sagte Eva Brunner. »Sie waren erst um zwanzig Uhr zehn bei Ihren Bekannten. Insofern hatten Sie genügend Zeit, vorher in der SpenglerstraÃe vorbeizufahren. Demnach kommen Sie als Täterin durchaus in Frage.«
»Wieso sollte ich meinen Bruder umbringen? Aus welchem Grund? Und vor allem â womit? Sie sagten ja, er wurde erschossen. Aber wir haben keine Waffen im Haus, noch nie gehabt.«
»Da gibt es durchaus Möglichkeiten, sich eine zu beschaffen. Illegal, meine ich.«
Paula, die das Gespräch mit wachsender Sorge verfolgte, erinnerte sich an ihr Versprechen und zwang sich zum Schweigen. Leicht fiel ihr das nicht.
»AuÃerdem sind zweihundertfünfzigtausend Euro ein sehr guter Grund, finde ich«, setzte Eva Brunner hinzu.
»Zweihundertfünfzigtausend Euro? Woher haben Sie denn diese Zahl? Das ist ja lächerlich.«
Geflissentlich überhörte die Jungkommissarin diese Frage und sagte stattdessen: »Im Grundbuch dieses Anwesens steht Ihr Bruder immer noch als Miteigentümer, das habe ich mir vom Katasteramt bestätigen lassen.«
Eva Brunner sah zu ihrer Vorgesetzten hin. Diese nickte ihr anerkennend und auch überrascht zu. Das
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