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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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Außerdem meinte er, um unser Haus herum seien eine ganze Menge von alten Gräbern aus der Ming- und der Qing-Dynastie, aber siebzig bis achtzig Prozent von ihnen seien schon einmal geplündert worden, die Goldbarren, die jetzt sichergestellt worden seien, seien nur eine Spur, der die Regierung mit Sicherheit nachgehen werde, und dann würden am Ende diese ganzen organisierten Grabräuberbanden ausgemerzt.
    Ich war ganz durcheinander, ich zerbrach mir den Kopf, aber ich bekam nicht klar, was da eigentlich los war, der Leiter des Verhörs sagte, wenn ich mit nichts hinterm Berg halte und frank und frei alles gestehe, dann könnte ich mit einer milden Strafe davonkommen: »Wir wissen ja, dass du nicht der Drahtzieher bist, du bist nicht einmal ein tüchtiger Handlanger, aber wer ist der Anstifter? Sind da außer den Goldbarren noch andere, wertvollere Fundstücke? Porzellan, Jade, Steingut? Habt ihr das verkauft? Und wenn nicht, wo habt ihr es vergraben? Ich tappe im Dunkeln, ich möchte die Sache zu einem Abschluss bringen, aber ich kann das nicht«, sagte der Leiter der Untersuchung, »mit so einem anscheinend doch ehrlichen Bauern hat niemand gerechnet, das widerspricht meiner ganzen doch recht reichen Erfahrung als Ermittler, wenn du nichts sagst, dann lassen wir dich hier schmoren, bis du schwarz wirst. Außerdem seid ihr in eurer Bande viel zu viele, da wird immer einer sich beeilen, sich noch vor dir bei uns einen Vorteil zu verschaffen, und wenn es so weit kommt, bist du tot!«
    LIAO YIWU:
    Diese Leute haben aber eine blühende Phantasie. Und selbst wenn du deine Habgier eingestanden hättest? Was ist, wenn ein ferner Vorfahr von dir das Ganze dort vergraben hat?
    TIAN ZHIGUANG:
    Wir waren damals vor Freude ganz trunken, wir hatten gar keine Zeit, gierig zu sein, wir hatten auch keine Zeit, uns Gedanken zu machen, wo das Gold herkam. Aber dann sind wir in der Hölle wieder aufgewacht.
    Ich war dreieinhalb Monate im Untersuchungsgefängnis, mir kam jeder Tag wie eine Ewigkeit vor, in dieser Zeit haben sie mir ein paar Mal die Haut abgezogen. Am Anfang dachten die zuständigen Ermittler, ich sei ein großer Fisch, als sie also zu unserem bescheidenen Heim gerufen wurden, umgingen sie die Formalitäten einer Hausdurchsuchung, es wurde niemand geschlagen, es war ein kalter Tag, und im Untersuchungsgefängnis haben sie sich für mich eine Bettdecke geliehen. Als sie später nicht das Geringste aus mir herauspressen konnten, gaben sie der Zellenverwaltung den Hinweis, da ein wenig mehr »Farbe« hineinzubringen. Da hat ein alter Mörder, der in der Zelle das große Wort führte, die Formalitäten nachgeholt. Meine Hose wurde in Fetzen gerissen, ich wurde auf den Boden gedrückt, und über zwanzig heruntergekommene Kriminelle, allen voran der alte Mörder, spuckten mir auf den nackten Hintern und versetzten mir Tritte. Dabei riefen sie, »feudale Bande!«, wie man erzählte, hatten sie das aus den Heldengeschichten von Jin Yong [111] , dort hieß eine Bande von Bettlern so. Dann drückten zwei von den Verbrechern mich mit einem über zwei Ellen hohen Abortkübel aus Plastik nieder, das nannten sie »die Schildkröte trägt eine Stele« [112] . Meine Hände lagen unter dem Abortkübel, wenn ich mich auch nur ein bisschen rührte und der Eimer schief stand, hat mir der Anführer, wie beim Fußball, mit aller Wucht ins Gesicht getreten. Ich sah den ganzen Tag Sterne, die Nase lief, und die Tränen und das Blut spritzten nur so, es dauerte nicht lange und ich lag in einer Lache und musste den Kopf nach oben halten wie eine Schildkröte, die den Kopf aus dem Panzer streckt, damit mein Gesicht und mein Kopf nicht im Blut versanken. Aber lange konnte ich den Hals nicht so halten und bin hineingesackt.
    LIAO YIWU:
    Das Sprichwort sagt: »Giftig wie Schlange und Skorpion«, nach meiner Meinung sollte es heißen: »Giftig wie Mensch und Skorpion.«
    TIAN ZHIGUANG:
    Das war erst der Anfang. Im Gefängnis gab es zweimal am Tag Hofgang, der Abortkübel wurde einmal geleert. Als ich mich ablegte, war er gerade noch leer gewesen, danach haben acht von den Anführern, plus die Schläger und die Besucher, also insgesamt mehr als ein Dutzend Leute in den Kübel geschissen und gepisst. Und jeder, der auf die Toilette ging, musste auf mich treten, die Sanfteren traten mich gegen die Schulter und den Rücken, die Grausameren direkt gegen den Kopf, sie nannten mich einen »Aufsitzstein«, wie es sie früher vor den Häusern von reichen

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