Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
Leuten gegeben hat, um einem das Aufsitzen auf die Pferde zu erleichtern. Als ich das bis zum Abend durchgehalten hatte, war der Kübel schwer geworden, sie zwangen mich, wieder und wieder um Gnade zu winseln. Aber ausgerechnet dann musste noch der alte Mörder. Wenn die anderen mussten, machten sie die Beine auseinander und setzten sich auf den Kübel, auch wenn das Ganze schwer war, so mussten sie sich doch teilweise mit den Beinen abstützen. Aber der Alte stellte sich auf den Schildkrötenkopf, hielt sich an den Schultern des Abortsklaven fest und ging im Nu in die Hocke und zwang mich zu einem lauten Schmerzensschrei! Ich griff mit beiden Händen zu und schrie wie wild: »Er bringt mich um! Er bringt mich um!«
Der Kerl ist dann sofort von dem Kübel herunter und machte, dass ich den Mund hielt, aber die Diensthabenden hatten es längst gehört und beeilten sich, die Gittertür aufzumachen und mich hinauszuziehen.
Ich war vom Kopf bis zu den Füßen vollgepisst. Zum Glück hatte gerade Aufseher Wang Dienst, er war frisch von der Polizeischule, ein junger Mann und noch relativ unverdorben, auf seinen Befehl brachten ein paar Umerziehungskandidaten einen Kübel heißes Wasser, ich durfte mich waschen und etwas anderes anziehen. Er fragte mich noch einmal, was los war. Ich hatte solche Schmerzen, dass ich nur auf die Hüfte zeigen und meinen Bauch halten konnte, aber die Wahrheit zu sagen, wagte ich nicht. Als Aufseher Wang das sah, ließ er den alten Mörder herausholen und befahl ihm, sich im Korridor hinzuhocken und zu gestehen. Der setzte ein falsches Grinsen auf und meinte, ich hätte vielleicht etwas mit dem Magen, jedenfalls hätte ich alter Strauchdieb mir plötzlich den Bauch gehalten und wäre im Zimmer herumgerollt. Aufseher Huang wandte den Kopf und fragte mich, ob das so gewesen ist, da habe ich mit Tränen in den Augen mit dem Kopf genickt. Was sollte ich machen, der Aufseher atmete auf, gab mir zwei Magentabletten und warnte den Kerl: »Ich weiß, dass du mit allen Hunden gehetzt bist, wenn aus eurer Zelle noch einmal ein solches Geschrei kommt, dann erklärst du gar nichts mehr, dann binde ich dir eigenhändig die Hände auf den Rücken!
LIAO YIWU:
In jedem Beruf gibt es gute Menschen.
TIAN ZHIGUANG:
Ich glaubte auch, damit hätte ich es überstanden, denn als wir wieder in der Zelle waren, brach der Kerl eine Kippe ab, warf sie mir zu und sagte: »Du hast dichtgehalten, das zeigt Rückgrat, erhol dich zwei Tage, dann wisch den Boden!«
LIAO YIWU:
Was hat denn das zu bedeuten?
TIAN ZHIGUANG:
Eine der untersten Stufen in einer Zelle sind die Kübelleerer, außer beim Schlafen und beim Hofgang zeigen sie keine Regung, einer steht rechts, einer links vom Kübel, den ganzen Tag. Wenn ein paar von den Anführern kacken müssen, stellen sie sich automatisch Schulter an Schulter vor ihn und dienen so als Stützen und als Wandschirm. Wenn von den Anführern einer koddert, dann zieht er ihnen den Kragen auf und spuckt hinein. Damals dachte ich, ein kurzer Schmerz ist besser als ein langer, obwohl ich mehr als einen Tag die Stele getragen hatte und halb tot war, war das doch ein Aufstieg, ich musste nicht mehr als künstliche Toilette herhalten.
LIAO YIWU:
Aber du hättest es selbst geradebiegen können.
TIAN ZHIGUANG:
Wenn man einmal in die Hölle auf Erden geraten ist, dann stellt sich heraus, dass dort der Drache lauert und der Tiger ruht, ein ganz besonderer Ort. Hast du noch nie gehört, dass man sagt, wer in der heutigen Gesellschaft nicht im Gefängnis war, kann nicht erwachsen werden?
LIAO YIWU:
Von den Spielen im Gefängnis habe ich eine grobe Vorstellung, aber von diesem »die Schildkröte trägt eine Stele« höre ich zum ersten Mal. Sieht so aus, als hätten die Mittel, einen Menschen zu kurieren, ihre Grenzen, aber die Wege, ihn zu quälen, sind endlos.
TIAN ZHIGUANG:
Deshalb, ich hatte gerade ein paar Tage mit dem Hintern in der Luft den Betonboden geschrubbt, als im Untersuchungsgefängnis eine Kampagne für Geständnisse und Anzeigen losging. Neun Wärter und zwei-, dreihundert Häftlinge wurden in den Hof, in dem sonst der Hofgang stattfand, zu einer Mobilisierungsversammlung zusammengebracht. Hinter einem Tisch saßen in Begleitung des Gefängnisdirektors die Leiter der Öffentlichen Sicherheit, der Staatsanwaltschaft, des Gerichts und des Ministeriums. Wie die Soldaten saßen wir da, Brust raus, Bauch rein, mit untergeschlagenen Beinen. Ordentlich in Reih und Glied, wie an
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