Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
Geschreibsel schwindlig, die zerrte man zum Abtrittskübel, spritzte ihnen Wasser ins Gesicht, schlug und trat mit Händen und Füßen auf sie ein, um ihnen dann wieder Papier und Schreiber in die Hand zu drücken. Wenn der Zellenälteste die Fragebogen inspizierte, ließ er seinen Blick von oben nach unten drübergleiten und gab dann sofort seine Kritik zum besten:
»Nicht schwer genug!«
»Nicht erschütternd genug!«
»Zu einfach!«
»Zu leicht!«
»Verdammt, immer noch zu leicht!«
Am Ende haben dann alle, um die Prüfung zu bestehen, irgendetwas zusammengesponnen von Vergewaltigung und Mord, Diebstahl und Raub, von Unterwelt, Explosionen, von Zerstückeln bei lebendigem Leib, Berauben der Staatskasse, es war alles da, was verlangt wurde. Ich stamme aus einem Bauerndorf, ich kann mir nichts ausdenken, ich schmierte da etwas hin, und als sie es sich ansahen, standen den Anführern die Haare zu Berge, der Zellenoberst saß rauchend auf einem aus Decken zusammengefalteten »echten Ledersofa« und verkündete: »Machst du dich lustig über mich? Hinter mir steht die Volksregierung, weißt du das nicht?«
Dann nahm er seine Kippe und drückte sie mir direkt auf das linke Auge, mein Augenlid wurde verbrannt, und es zischte und qualmte, ich schrie auf, schon schlossen mir seine Schläger mit einem Gummipflaster den Mund.
Der Zellenchef sagte: »Willst du einmal das Hausrind lernen? Dann los!«
Ich hielt beide Arme über den Kopf und rollte über den Boden, wie ein Fußball, und wurde von zwanzig Verbrechern gute zehn Minuten hin und her getreten, dann riss mir der Chef das Pflaster vom Mund: »Gestehst du oder gestehst du nicht?«
Ich kroch hoch, machte einen Kotau vor ihm und sagte: »Herr, ich habe doch schon gestanden!«
Ein Schläger zog mir mit zwei Stäbchen den Mund auseinander und sagte: »Diese Zunge ist noch immer bockig!«
Damit warf er mir fünf, sechs brennende Kippen, die er von den Anführern gereicht bekam, in den Mund, ich wollte sie ausspucken, aber sie hielten mir Hals und Unterkiefer fest, ich konnte sie nicht ausspucken. Mir quoll Rauch aus Mund und Nase, nein, mein ganzer Körper fing Feuer.
Der Chef sagte: »Gestehst du oder gestehst du nicht? Wenn du nicht gestehst, dann schluckst du die ganze Packung!«
Wer genug Schläge bekommt, gesteht, ich gab sofort zu, ein Grabräuber zu sein. Der Zellenchef fragte: »Wie viele Gräber insgesamt?«
Ich streckte acht Finger aus.
Dann wurden Papier und Stift genommen, und man fing an zu schreiben, nein, zu erfinden. Wenn man in der Bredouille steckt, dann kann man sehr lebendig und überzeugend werden, auch wenn man nicht gut ist im Schreiben: Seit ich fünfzehn war, also seit neun Jahren, war ich Grabräuber, mein Werkzeug bestand aus Brecheisen, zwei Hämmern und einer Taschenlampe.
Bei jedem Grabraub habe ich alles, was mir in die Hand fiel, Gold, Silber, Juwelen und die Mehrzahl all der Dinge, deren Namen ich nennen konnte, in der Nähe wieder vergraben, wo ich ein Zeichen angebracht und nach anderthalb Jahren, wenn Gras über die Sache gewachsen war, alles wieder ausgegraben habe.
Mir fiel sogar der Yin-Yang-Meister aus meiner alten Heimat ein, und ich habe den Fengshui-Kompass, mit dem er einen geeigneten Ort für ein Grab aussuchte, in mein Geständnis hineingeschrieben, ich habe also mit einem solchen Kompass ermittelt, wie viele Schätze es gab und wo genau sie lagen.
Noch vor dem Abendessen reichte der Zellenchef mit einem Lachen in den Augen das Material ein, als Wiedergutmachung bekam ich eine Portion doppelt angebratenes scharfes Schweinefleisch, ich hatte einen unglaublichen Hunger, aber weil ich den Mund voller Brandblasen hatte, durchfuhr mich ein heftiger Schmerz, jedes Mal, wenn ich kaute. An diesem Essen habe ich unter Blut und Tränen zwei Stunden lang herumgekaut, das war ein spezieller Befehl in diesem Gefängnis, man wollte mich satt haben, damit ich die Energie hatte, um die Nachtverhöre zu überstehen.
Am nächsten Tag hatte die Verwaltung drei Schalen dicken Wasserreis in die Sonne gestellt, und man ermahnte mich mit viel Geduld, das alles aufzuessen. Dann prügelte man mich in einen Polizeiwagen hinein, fuhr geradewegs in die Hauptstadt des Kreises Jiang’an, wieder aus der Kreishauptstadt hinaus in meine alte Heimat. Wir wurden vier, fünf Stunden durchgeschüttelt, es ging über den Xijia-Berg und weiter zu dem Ort, an dem meinem schriftlichen und meinem mündlichen Geständnis nach die Schätze verborgen
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