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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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wenn sich nachts niemand darum kümmert, wäre das nicht eine Verschwendung?
    ZHOU MINGGUI:
    In den Liedläden gibt es Toiletten.
    LIAO YIWU:
    Das sind die letzten Löcher, die Toiletten sind ein Scheiß. Schaut, wir reden und reden, und das Geschäft läuft von selbst: Die Nutte da, die die Hose so hochzieht, der platzt bald die Blase, von der solltet Ihr fünf Jiao verlangen.
    ZHOU MINGGUI:
    Wenn ich drei bekomme, reicht das. Morgen werde ich mit dem Chef reden, er soll die Öffnungszeiten ändern. Vormittags ist das Geschäft nicht gut, da kann man ein bisschen später aufmachen, danke für den Hinweis!
    LIAO YIWU:
    Ihr seid hier in diesem Rotlichtviertel die einzige Toilette.
    ZHOU MINGGUI:
    Wenn man mit dir so plaudert, weht gleich ein frischer Wind durch einen hindurch. Wenn ich zurückdenke, wer hätte vor zehn Jahren daran gedacht, mit einer öffentlichen Toilette sein Geld zu verdienen? Damals hat ganz China die Toiletten umsonst benutzt; die Toilette, das war eine öffentliche Einrichtung, dafür war das Umweltamt zuständig. Es gab eine Zeit, da wurden diese Dinge vom Umweltamt an die einzelnen Straßen delegiert, und die Straßen delegierten es an die Einwohnerkomitees. Resultat? Um dieses schmutzige und stinkende Verlustgeschäft hat sich niemand gekümmert. Heutzutage florieren die öffentlichen Toiletten; ich bin ein ehemaliger Angestellter des Umweltamtes und jetzt in Rente, ich hatte mein Leben lang mit diesem Dreck zu tun, aber ich musste mir erst einmal alles einen halben Monat lang hin und her überlegen, bevor ich mich auf den Vertrag eingelassen habe.
    LIAO YIWU:
    Gibt es heutzutage noch Toiletten, wo man nicht bezahlen muss?
    ZHOU MINGGUI:
    Vielleicht gibt es noch welche in den alten Wohngebieten. In den Häusern von vor 1970 gab es in den Wohnungen keine Toiletten, alle waren gewohnt, auf die öffentlichen Klos zu laufen. Manchmal musste man ein paar Straßen weit laufen. Wenn es mal dringend war, nachts, hatte man dafür Nachttopf und Kübel mit Deckel, das musste in jedem Haushalt vorhanden sein. Früher gehörte so ein rotlackierter Kübel noch zur Aussteuer der Braut, schließlich wollte man den Kübel ein paar Jahrzehnte benutzen. Im Gebiet von Xiangnongshi gibt es noch zwei öffentliche Toiletten, wenn es da regnet, staut sich die Brühe auf der Straße, da trauen sich kleine Autos gar nicht mehr durch; und wenn einmal richtig die Sonne herauskommt, dann verdampfen die über Jahre abgestandenen Exkremente, das stinkt einen halben Kilometer weit, der Dunst treibt den Passanten die Tränen in die Augen. Und die Anwohner warten Tag für Tag sehnsüchtigst auf eine Versetzung.
    Früher hatten die Leute die Angewohnheit, früh aufzustehen und den Abortkübel auszuwaschen. Wo es in der Nähe Toiletten gab, hat das aufgehört, wo es keine Toilette gab, wartete man gemeinsam auf den Klärwagen, der garantiert pünktlicher war als der Omnibus. Alle standen beisammen und füllten schwatzend und lachend die Gülle um. Damals war man sehr eng miteinander verbunden.
    LIAO YIWU:
    Ihr habt ziemliches Heimweh nach früher, nach den alten Bekannten.
    ZHOU MINGGUI:
    Ja, das habe ich. Ich habe selbst noch einen Klärwagen gezogen, alle haben mich ganz ehrerbietig mit »Meister« angesprochen, keiner kam sich als was Besseres vor. Früher, da wurden nachts die Fäkalien noch gestohlen! Oft haben die Diensthabenden vom Einwohnerkomitee so einen gefasst, eingesperrt und sein Fahrzeug beschlagnahmt. Damals hatte keiner einen Begriff von Wirtschaft, es gab keine Geldbußen, aber man musste Selbstkritiken schreiben. In der Kulturrevolution zitierten die Exkrementeräuber durchweg aus der Mao-Bibel die »notwendige Kritik am Revisionismus«, später hieß es, Diebe von Fäkalien seien von der Profitgier Liu Shaoqis [9] vergiftet.
    LIAO YIWU:
    War es nicht doch ein bisschen übertrieben, so ein paar Güllediebe von der hohen Ebene der Prinzipien und des Zwei-Linien-Kampfes [10] her zu kritisieren?
    ZHOU MINGGUI:
    Es gehörte alles dem Staat. Früher gab es kaum chemischen Dünger, in den ländlichen Gebieten wurde fast ausschließlich natürlicher Dünger verwendet, ein großer Haufen war ein Schatz. Wir waren eine Spezialeinheit, wir holten eine große Menge Dünger heraus, und er war von hoher Qualität. Wir mussten die Anordnungen der Organisation befolgen und das Ganze an die Kommune
Roter Glanz
schicken. Die Bezeichnung war ein wenig überkandidelt, weil Mao 1957 in Chengdu war und sie persönlich in

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