Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
ZHI’EN:
Während sie verbrannte, sah jemand, wie der große Schlangendrache einen langen Schwanz hinter sich her ziehend herunterkreiste.
LIAO YIWU:
Das glauben Sie?
ZHANG ZHI’EN:
Ja. Als Xu Meiying tot war, brachte ich es nicht übers Herz, die neue Bettdecke, die sie genäht hatte, wegzuwerfen und deckte mich weiter damit zu, bis ich eines Abends plötzlich träumte, dass sich eine Natter mit dem Durchmesser einer Essschale unerbittlich um mich wickelte. Ich bekam keine Luft mehr, holte mit einem Krummsäbel aus und hackte zu, aber mein Arm schmerzte zu sehr, ich konnte sie nicht entzweischlagen. Mein ganzer Körper war voller Blut, ich schaffte es nur mit Mühe aufzuwachen, fast wäre ich aus dem Bett gefallen.
Da ich mich nicht mehr zu schlafen traute, zündete ich Licht an, bis es hell wurde, und schleppte die Bettdecke zur Tür hinaus. Ich lief zu den Feldern, zündete sie an, und was glauben Sie, was passierte? Aus der Bettdecke lief auf einmal Öl! Und es roch nach verbranntem Fleisch! Obwohl mir fast die Augen herausfielen, brachte ich die Sache zu Ende, zu Hause dann beruhigte ich mich wieder.
LIAO YIWU:
Sie haben den großen Schlangendrachen verbrannt?
ZHANG ZHI’EN:
Ich habe die von ihr vergiftete Baumwolldecke verbrannt.
LIAO YIWU:
Ich habe den Eindruck, in diesem Dorf wart ihr alle vom großen Schlangendrachen besessen.
ZHANG ZHI’EN:
Xu Meiyings Familie hat das in die Wege geleitet, sie werden schon gewusst haben, was sie tun.
LIAO YIWU:
Haben Sie es übernommen, ihre sterblichen Überreste einzusammeln?
ZHANG ZHI’EN:
Das hat mein Schwager schon gemacht, er hat aus den nicht völlig verbrannten Knochen ein kleines Häufchen gemacht und das bei Baishapo vergraben.
LIAO YIWU:
Werden alle Leprakranken dort begraben?
ZHANG ZHI’EN:
Nein.
LIAO YIWU:
War die Sache damit vorbei?
ZHANG ZHI’EN:
Nein, es war noch ein Essen zu geben.
LIAO YIWU:
Dafür, dass sie eine Familienangehörige von Ihnen lebendig verbrannt haben, sollten Sie auch noch ein Essen geben?
ZHANG ZHI’EN:
Ich habe die Sachen beigesteuert, sie haben das Essen veranstaltet. Der Dorfvorsteher ist mit ein paar Leuten in mein Haus gegangen, sie haben mein Schwein fortgetrieben und geschlachtet. Das getrocknete Fleisch, das an Balken hing, haben sie auch mitgenommen.
Der Rauch von der Menschenverbrennung hatte sich noch nicht verzogen, da wurden ein paar Dutzend Meter davon entfernt schon zwei Löcher als Feuerstellen gegraben, Kochtöpfe darauf aufgebaut und Fleisch und Reis zubereitet. Noch vor Einbruch der Dunkelheit zündeten die Leute aus dem Dorf ihre Fackeln an, versammelten sich, riesige Schüsseln vor sich hertragend, bei den Kochtöpfen und warteten auf das Festmahl.
LIAO YIWU:
Wie viele Leute gab es im Dorf?
ZHANG ZHI’EN:
Über dreißig Familien, aus jeder Familie kam eine stattliche Arbeitskraft zum Essen. Ich habe mehr als zweihundertfünfzig Yuan dafür ausgegeben, nicht nur alles, was ich hatte, ist draufgegangen, ich habe auch noch Schulden gemacht. Ich hatte nicht genug Reis im Haus, deshalb wurde mir im Dorf vorerst alles vorgestreckt, mit dem Geld aus dem Verkauf der Getreideernte im Herbst sollte ich dann die Schulden begleichen.
LIAO YIWU:
Das war ja ein wenig wie bei einem Leichenschmaus. Haben Sie dann auch so ein großes Seidentuch mit Aufschriften erhalten, wie es oft auf Beerdigungen überreicht wird?
ZHANG ZHI’EN:
Nein, sie haben doch alle etwas für meine Familie getan, deshalb habe ich mich nicht über das Essen beklagt, sie sollten bekommen, was ihnen zustand. Erst als jeder sich den Bauch rieb und sagte, er sei voll, es passe nichts mehr rein, war ich zufrieden.
LIAO YIWU:
Jemanden bei lebendigem Leib zu verbrennen verstößt gegen das Gesetz. Haben Sie daran gedacht, Anzeige zu erstatten?
ZHANG ZHI’EN:
Nein, sie haben es doch gut mit mir gemeint.
LIAO YIWU:
Glauben Sie bis heute, dass das gut für Sie war?
ZHANG ZHI’EN:
Die Leute im Dorf haben es gesagt.
LIAO YIWU:
So viele Jahre nach der Reform und Öffnung scheint sich hier nichts geändert zu haben.
ZHANG ZHI’EN:
Es hat sich schon etwas geändert, die Straße von Tuanjie hier vorbei ist immer besser ausgebaut worden, und die Leute haben gelernt, Geschäfte zu machen. Ich habe auch Schweine gezüchtet, ich habe Hunde und Hühner gezüchtet, und seit ich zu alt bin, um das Land auf dem Hang oben selbst zu bebauen, verpachte ich es, und wir bekommen dafür jedes Jahr 120 Yuan. Wir beiden alten
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