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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hansen
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Serie »Akte X« zu sehen, und erst vor ein paar Monaten rief sie mich vollkommen aufgelöst an: »Ich weiß jetzt, wie David Copperfield 1988 durch die Chinesische Mauer kam!«
    Ich bin da durchaus offener, um das mal so zu bezeichnen. Natürlich saß ich schon mit einem Löffel vor dem Fernseher und habe zusammen mit Uri Geller artig »galosch, bosch, schaleimi« (oder wie ging das noch mal?) gemurmelt und darauf gewartet, dass der Löffel sich verbiegt. Zugegeben, es hat sich nichts getan, aber ich bin mir sicher, dass ich die Worte nur nicht deutlich genug ausgesprochen habe.
    Ich finde die Vorstellung nämlich ziemlich reizvoll, dass es etwas gibt, was man mit dem Verstand nicht erklären kann. Natürlich gibt es Seelenverwandtschaft zwischen zwei Menschen, natürlich gibt es eine Vorbestimmung, und wenn ich im Supermarkt an der Kasse stehe, bei der es am längsten dauert, spreche ich auch vollkommen überzeugt von Schicksal.
    Meine Lieblingsszene aus einem Kinofilm ist ungeschlagen die Töpferszene aus »Ghost – Nachricht von Sam«. Sam What alias Patrick Swayze wird durch einen unglücklichen Zufall ermordet und begleitet seine trauernde Ehefrau Molly Jensen alias Demi Moore fortan als Geist. Sehr romantisch. Als Höhepunkt töpfern sie zusammen, und mir läuft es immer noch kalt den Rücken herunter, wenn ich daran denke, wie sinnlich Patrick Swayze die Hände von Demi Moore drückt und diese vollkommen erregt denkt: »Irgendetwas spüre ich doch, aber was bloß?«
    Gut, ich töpfere nicht. Aber wenn ich töpfern würde, würde ich mir wünschen, dass ein Geist sich plötzlich hinter mich setzt und wir gemeinsam eine Tonschale formen.
    Neulich habe ich im Fernsehen eine Dokumentation über Rückführungen in vergangene Leben gesehen. Eine Frau stand in einer englischen Kirche und fing plötzlich furchtbar an zu weinen. Sie schluchzte wie ein Wasserfall, während sie zum Altar lief: »Ich war hier schon mal, die Kirche kenn ich.« Seitdem betrete ich jede Kirche, an der ich vorbeikomme, und horche jedes Mal andächtig in mich rein: »Kennen wir uns?« Ich habe zwar »meine« Kirche aus einem vergangenen Leben noch nicht gefunden. Aber dafür hatte ich neulich in der neuen Prada-Boutique am Jungfernstieg das Gefühl, dort schon einmal gewesen zu sein. Ich fühlte mich sofort wohl und musste an die Frau aus der Dokumentation denken. Ich sehe ein, dass meine Wiedergeburt bei Prada nicht stichhaltig genug ist, um ein vergangenes Leben zu beweisen. Aber ich bin mir sicher: Zwischen Himmel und Erde gibt es etwas. Was, weiß ich natürlich auch nicht.
    »Gott, bin ich aufgeregt«, sage ich zu Pia. »Der kann Gedanken lesen, ist das nicht herrlich?«
    »Du bist echt ein großartiges Opfer für Sekten. Jedem selbsternannten Schamanen würdest du dich bestimmt sofort anschließen, um deine innere Mitte zu finden, oder?«
    Ich will Pia gerade erklären, dass ich durchaus wählerisch bin und auch nicht jedem Schamanen hinterherlaufen würde, da sehe ich ihn: Thorsten Havener. Mit schnellen Schritten ist er auf die Bühne gekommen. Er trägt einen schwarzen Anzug, hat wie ein Mitarbeiter im Callcenter ein Mikrofon, das vom Ohr zum Mund führt (wirkt enorm lässig!) und sieht in Wirklichkeit noch viel besser aus als im Fernsehen. Es scheint also tatsächlich zu stimmen, dass man im Fernsehen fünf Kilo dicker wirkt, als man eigentlich ist. Gott, wie dünn muss Heidi Klum nur in Wirklichkeit sein? Die fällt ja im Fernsehen schon fast vom Fleisch.
    Die Vorstellung geht los, Bühne frei.
    »Und wie gesagt: Du achtest auf seine Ohren, ich kümmere mich um versteckte Kameras«, flüstert mir Pia noch schnell zu.
    Thorsten Havener bewegt sich auf der Bühne, als würde er nie etwas anderes tun. Er ist selbstsicher, charmant und vor allem witzig. »Wer von Ihnen hat schon einmal an jemanden gedacht und im nächsten Moment klingelt das Telefon und genau diese Person ruft an?«
    Fast alle melden sich.
    »Und sehen Sie: Das hat nichts Mystisches an sich. Denn wie oft kommt es vor, dass diese Person nicht anruft?«
    Das Publikum lacht.
    Thorsten Havener erklärt, wie sich unsere Gedanken auf die Wirklichkeit auswirken, wie man sich selbst und andere beeinflussen kann, und hin und wieder pickt er eine Person aus dem Publikum für ein Experiment heraus.
    »Schade, dass mein Mann nicht dabei ist«, flüstert die Frau neben mir. »Das würde ihn sicher auch interessieren.«
    Thorsten Havener steht wieder in der Mitte der Bühne. Ach,

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