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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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und das wollte ich dir erzählen.«

[home]
    Einunddreißig
    D as ist jetzt gerade schlecht, Justin«, sagte Keisha und blockierte die Tür. Der Jüngling war ihr schon immer unheimlich gewesen, doch das Grinsen, das er im Moment zur Schau trug, beunruhigte sie ganz besonders.
    »Oh, ich glaube aber, dass dich das interessieren wird«, sagte er. Der Kälte mit nicht mehr als einer leichten Sportjacke und Turnschuhen trotzend stand er da, die Hände in den Vordertaschen seiner Jeans, die Schultern hochgezogen. »Lass mich rein, und ich erzähl’s dir.«
    »Nein«, sagte sie und wich nicht von der Stelle.
    »Ernsthaft? Du weißt doch noch nicht mal, was ich sagen will.«
    »Justin, geh weg.«
    »Du siehst ziemlich gestresst aus, Keisha. Alles in Ordnung?« Seine Miene strafte seine teilnahmsvolle Frage Lügen. Er sah sie – war das möglich? – listig an.
    »Ich hatte keinen besonders guten Tag.«
    »Das kann ich mir denken.«
    Sie war schon dabei, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen, doch das ließ sie stutzen.
    »Was soll das heißen?«
    »Na, genau das: Ich kann mir denken, dass du einen stressigen Tag hattest.«
    Sie versuchte zu erraten, worauf er hinauswollte. »Willst du mir irgendetwas sagen?«
    »Ein bisschen kalt hier draußen«, sagte er, und beinahe hätte er mit den Zähnen geklappert. Widerstrebend machte sie die Tür auf und ließ ihn herein. Er nahm die Hände aus den Hosentaschen und rieb sie aneinander. »Hätte was Wärmeres anziehen sollen. Aber ich kann dicke Jacken und Stiefel und so ’n Zeug nicht ausstehen. Da glaub ich immer, ich muss ersticken.«
    »Warum bist du gekommen?«, fragte Keisha und schloss die Tür.
    »Hab ich doch gesagt, weil mir was eingefallen ist, um an ein bisschen Geld zu kommen.« Er lächelte, als wolle er um Verzeihung bitten. »Genauer gesagt, wie
ich
an ein bisschen Geld komme. Aber trotzdem glaube ich, dass es dich interessieren wird.«
    Sie wartete.
    »Willst du mich nicht vielleicht ins Wohnzimmer bitten?«
    »Nein.«
    Er sah gekränkt drein, erholte sich aber rasch. »Also gut. Als ich heute Morgen hier war und gerade gehen wollte, da hast du dir im Fernsehen gerade diese Geschichte über den Mann angesehen, dessen Frau seit Donnerstag vermisst wird. Diese Pressekonferenz mit ihm und seiner Tochter, die irgendwann nur mehr heulte. Erinnerst du dich?«
    Sie zögerte. »Ja.«
    Dieses Grinsen. »Wusst ich’s doch. Und ich dachte mir, das ist doch genau dein Ding. Wie bei den Archers. Mir war klar, dass du – was trifft’s am besten? – Blut geleckt hast. Und weißt du was? Ich auch. Ich dachte, jetzt guck ich dir einfach mal zu, wie deine übersinnlichen Kräfte funktionieren.«
    Nein.
    »Erinnerst du dich, dass ich unsere Zusammenarbeit fortsetzen wollte? Dass ich gerne in deine Arbeit reinschnuppern wollte, so wie wir das in der Schule gemacht haben? Und dass du mir praktisch gesagt hast, ich soll mich verpissen?« Er schüttelte den Kopf. »Das hat bei mir gar keinen Sinn. Ich bin nicht in der Lage, Anweisungen zu befolgen. Das haben schon meine Lehrer gesagt, auch Mr. Archer.«
    »Was hast du getan, Justin?«
    »Also, das war so. Dwayne – übrigens immer noch ein großer Fan von dir, weil du mich gefunden hast, und meine Mutter wundert sich auch immer noch, wie du das geschafft hast –, also Dwayne hat mich heute Morgen hergefahren, ja, und auf dem Heimweg habe ich zu ihm gesagt, was meinst du, Dwayne, ob ich mir wohl deinen Wagen ein bisschen ausleihen könnte? Nur so, zum Rumfahren und Kopflüften. Die ganze letzte Woche haben er und meine Mom mich nämlich nicht aus den Augen gelassen, aus Angst, dass ich wieder abhaue oder mich umzubringen versuche.« Er beugte den Kopf vor, als seien noch andere Leute im Raum und er wolle ihr ein Geheimnis anvertrauen. »Ganz unter uns, langsam frage ich mich, ob das Ganze wirklich so eine gute Idee war. Ich meine, klar, ich hab die Hälfte des Geldes gekriegt, und sie machen sich schreckliche Sorgen um mich, aber, Herrgott im Himmel, sie bewachen mich mit Argusaugen. Ich mach den Kühlschrank auf und seufze, weil kein Eis mehr da ist, und sie glauben, ich schlitze mir gleich die Pulsadern auf.« Er lachte.
    »Egal, ich sage also zu Dwayne, mir geht’s echt gut, und würdest du mir vielleicht den Rover anvertrauen, damit ich eine Runde fahren kann? Das würde mich echt aufheitern. Und einen klaren Kopf kriege ich auch dabei. Und er gibt mir tatsächlich die Schlüssel. Ich sehe also nach, wo dieser Garfield

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