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Frag die Toten

Frag die Toten

Titel: Frag die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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mir kannst du über alles reden. Das weißt du doch.«
    »Es ist nur … du hast doch gesagt, dass ich vielleicht nach Kalifornien fliege … und da dachte ich, dass da vielleicht die Militärschule ist.« Es war dem Jungen anzusehen, dass er mit den Tränen kämpfte.
    »Was für eine Militärschule? Meine Güte, du bist doch erst zehn.«
    »Kirk hat gesagt, es gibt eine für Kinder wie mich, und wenn ich nicht aufhöre, du weißt schon, hier Chaos zu machen und seine Reifen zu betatschen und lästig zu sein, dann … er hat gesagt, dann schickst du mich weg auf diese Schule.«
    »
Was
hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt, wenn ich Ruhe gebe, dann vergisst du’s vielleicht, und deswegen bleibe ich meistens in meinem Zimmer, damit ich nicht im Weg bin, weil ich will doch nicht auf diese Schule gehen und lernen, wie man kämpft und Leute umbringt und so was.«
    »Dieser Hurensohn«, sagte Keisha leise. Doch eigentlich war es ihr egal, ob Matthew es hörte.
    »Dann ist das also nicht der Grund, warum du mich zu deiner Cousine schicken willst?«
    »Sieh mich an. Wenn ich dich da hinschicke, dann nicht, weil du etwas angestellt hast oder weil du auf eine Militärschule sollst, und es heißt auch nicht, dass ich dich nicht liebhabe.«
    »Dann gibt es also gar keine Militärschule?«
    »Es gibt keine Militärschule.«
    Matthew lächelte. »Weinst du, Mom?«
    »Vielleicht ein bisschen.«
    »Ich glaub, ich muss auch gleich weinen. Aber weil ich froh bin.«
    »Hör zu, jetzt drück mich noch mal, und dann nichts wie raus hier, ja?«
    Der Junge und seine Mutter fielen sich noch einmal in die Arme. Dann schnappte er seine Jacke, verließ das Haus durch die Hintertür, sprang über den Zaun und war verschwunden.
     
    Wieder klopfte es an der Tür.
    »Ich dachte, Sie wären schon weg, Detective«, sagte Keisha. Sie sah, dass Wedmore ihren Wagen offenbar ein Stück versetzt hatte, damit Kirk mit seinem Pick-up aus der Einfahrt kam. Aber der Sack mit dem Pizzamüll stand noch da.
    »Ich würde gerne mit Ihrem Sohn sprechen«, sagte Wedmore.
    »Matthew ist nicht da.«
    Wedmore wirkte überrascht. »Ich habe ihn gar nicht rauskommen sehen.«
    »Er ist hinten rausgegangen. Er wollte zu einem Freund.«
    »Zu welchem?«
    »Keine Ahnung. Das hat er nicht gesagt.«
    »Zu einem von denen, die beim Pizzaessen dabei waren?«
    Keisha nickte. »Gut möglich.«
    »Wann war dieses Essen?«, fragte die Ermittlerin.
    »Irgendwann in den letzten Tagen. Gestern? Nein, ich glaube vorgestern war’s. Ist Kirk losgefahren?«
    »Ja. Er sagte, er müsse noch etwas anderes erledigen, außer zur Müllkippe zu fahren. Er wollte mir weismachen, dass er extra rausfährt, um einen Sack mit Abfällen vom Pizzaessen Ihres Sohnes wegzubringen.«
    Wedmore betrachtete Keisha. Keisha schwieg. Ihr war klar, dass die Polizistin über etwas nachdachte. Über ihren nächsten Schachzug wahrscheinlich.
    Schließlich sagte Wedmore. »Schönen Tag noch, Ms. Ceylon.« Sie öffnete die Haustür und ging. Auf dem Weg zum Wagen nahm sie den Müllsack mit und stellte ihn in den Kofferraum. Dann fuhr sie los.
    Keisha schloss die Tür. Auf unsicheren Beinen ging sie über den Flur ins Zimmer ihres Sohnes und ließ sich in dessen Bett fallen. Sie vergrub ihr Gesicht in seinem Kopfkissen, rollte sich zusammen. Matthews Duft tröstete sie ein wenig.
    Kirk, dieser Hurensohn,
dachte sie. Erzählte ihrem Sohn doch glatt, sie würde ihn wegschicken. Sie wagte kaum, sich vorzustellen, was Matthew alles durch den Kopf gegangen sein, welche Ängste er ausgestanden haben musste. Was war Kirk bloß für ein Mensch?
    Von allem, was er sich bisher geleistet hatte, war das hier das Schlimmste.
    Doch sie konnte nicht zulassen, dass der Zorn über diesen Mann sie überwältigte. Sie brauchte einen klaren Kopf, um sich in Wedmore hineinzudenken. Was würde sie als Nächstes tun, und was konnte sie, Keisha, tun, um sich zu schützen?
    War es möglich, dass Rona Wedmore mit einem Durchsuchungsbefehl wiederkam? Und vielleicht gleich noch ein Spurensicherungsteam mitbrachte, nur mit dem Unterschied, dass diese Leute nicht von Kopf bis Fuß durchgestylt wären wie die Typen in
CSI: Den Tätern auf der Spur?
Sie würden weiße Anzüge tragen, in denen sie wie Raumfahrer aussahen, und ziemlich wahrscheinlich würden sie irgend so ein Hightech-Ding dabeihaben, mit dem sie Blut sichtbar machten, das man mit bloßem Auge gar nicht sehen konnte.
    Keisha hoffte, dass sie und Kirk das Haus gründlich genug geputzt

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