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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Mellina
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hochzufrieden.
    Simona und
ich schauten uns an.
    „Und
deswegen hast du dich so…äh… business- like angezogen?“, fragte ich sie.
    „Ja, genau“,
sagte sie und kontrollierte ihre Fingernägel, die pink angemalt waren. Also
doch kein so gewagter Farbkontrast.
    „Was hast du
ihnen über den Job erzählt?“
    „Ich habe
ihnen gesagt, es handelt sich um eine repräsentierende Tätigkeit“, antwortete Ilaria .
    Simona und
ich hoben gleichzeitig die Augenbrauen.
    „Aber es ist
doch keine Lüge“, rechtfertigte sich Ilaria . „Sie
müssen schließlich unser Land repräsentieren!“.
    Wir fingen an,
die Details für den aperitivo zubesprechen, da trudelten die ragazzi in Evas Keller ein. Nach den
üblichen obligatorischen Wangenküsschen stellten sich die Jungs vor: Sie hießen
Stefano, Emanuele und Luca. Sie sahen tatsächlich aus wie typische Italiener:
Dunkle Haare, braungebrannt, nicht besonders groß, aber durchaus attraktiv.
    „ Allora , ragazzi [27] …“, fing Ilaria an und stand auf.
    Die drei starrten
sie mit offenem Mund an.
    „Für diesen
Job suchen wir zuverlässige, professionelle und seriöse Leute. Seid ihr das?“,
fragte Ilaria übertrieben streng und in diesem Moment kam sie mir vor wie
Michela.
    Die Jungs, die
von Ilarias Erscheinung eingeschüchtert waren, standen ziemlich steif in einer
Reihe da und sahen aus wie bei einer Polizei-Gegenüberstellung.
    „Hast du eine Vespa ?“, fragte Ilaria plötzlich Emanuele, der automatisch einen Schritt zurückwich.
    „S…sì, sì“,
stotterte er.
    Natürlich
hatte er eine. Sie hatten alle eine Vespa oder zumindest einen Freund, der eine
hatte. Die erste Voraussetzung war erfüllt.
    „Machen wir
nachher einen giro [28] ?“ ,
fragte sie und war plötzlichwieder ganz sie selbst.
    Während
Ilaria und Emanuele sich angrinsten, übernahm ich die Gesprächsführung.
    „Es handelt
sich um ein Lokal, das seit 30 Jahren vor einem Italiener, Gino, geführt wird“,
fing ich meine Projektbeschreibung an.
    „Leider
sieht der Laden immer noch so aus, als wäre dort erst gestern Toto Cutugno
aufgetreten“, sagte ich bewusst humorvoll und schaute beifallheischend in die Runde.
    Stattdessen
erntete ich verständnislose Blicke. Klar, diese Jungs hatten keine Ahnung,
wovon die Rede war, waren sie zu den Klängen des blöden Trällerlieds wahrscheinlich
erst gezeugt worden.
    „Wie dem auch
sei“, ruderte ich zurück und kam mir vor, als wäre ich hundert Jahre alt.
„Sobald der Laden renoviert ist, geht es los: Ihr fahrt mit Euren Kumpels vor,
parkt auf dem Bürgersteig, konsumiert Getränke und aperitivo , unterhaltet Euchund
pfeift vielleicht dem einen oder anderen vorbeilaufenden Mädel hinterher, ok?“.
    „Äh…und
worin besteht der Job?“, fragte Luca irritiert und schaute mich mit seinen
samtweichen Rehaugen an.
    „Nichts
weiter, Ihr macht nur das!“, antwortete ich und erntete noch mehr
verständnislose Blicke.
    „ Guardate ragazzi [29] “,
sagte ich geduldig, denn es war auch wirklich nicht so einfach zu verstehen. „Wir
möchten ein Ambiente kreieren wie bei uns in Italien. Vespas, laute Gespräche
auf Italienisch, hübsche, südländisch aussehende Leute, Urlaubsfeeling. Die
Deutschen werden das alles lieben und Gino den Laden ein rennen“.
    „ Ah, so wie mein Onkel, der in seiner Bar
so tut als würde er nur gebrochen Deutsch sprechen, damit die Kunden sich
amüsieren und immer wieder kommen?“, fragte jetzt Stefano.
    „Genau!“,
sagte ich, „Du hast es erfasst!“, freute ich mich.
    „Aber jetzt
müsst ihr nur noch eine klitzekleine Prüfung bestehen“, mischte sich Ilaria wieder ein.
    Als Michela
ein paar Minuten später eintraf, sah sie drei entzückte Gesichter, nämlich
unsere, und drei gutaussehende Jungs mit nacktem Oberkörper, die vor Ilaria
posierten. Es können am Arbeitsplatz schlimmere Überraschungen auf einen
warten.
    *
    Gino kam uns
mit ausgebreiteten Armen entgegen und erinnerte mich so stark an Luciano
Pavarotti, wie er auf der Bühne in euphorischer Pose „Vinceró [30] “
zu singen pflegte, dass ich für einen Moment dachte, der italienische Sänger
wäre von den Toten wieder auferstanden. Nur würde sich Pavarotti für seine
Reinkarnation kaum das Leben eines armen Gastwirts in Deutschland am Rande des
Bankrotts aussuchen. Noch war ich mir nämlich keineswegs sicher, dass das
Gino-Projekt gut werden würde.
    „Ah , ragazze [31] ,
eccovi [32] ! “, schrie er von einem Ende zum anderen
seines Lokals.

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