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Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)

Titel: Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dori Mellina
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Damit lief er keine Gefahr, jemanden zu stören: Der Laden war
verlassen wie die Wüste Gobi.
    „Ciao Gino“,
grüßten Michela und ich unisono und wechselten mit ihm ein paar Küsschen.
    Kaum, dass
wir saßen, hatten wir schon unseren ersten Ramazzotti vor uns.
    Gino
schwitzte wieder stark und tupfte sich seine Stirn und seinen Bart mit einem
großkarierten Küchentuch. Er schaute uns dermaßen erwartungsvoll an, dass sich mir
vor Sympathie alles zusammenzog.
    „Gino“, fing
ich an und rutschte ein wenig unbehaglich auf der geometrisch gemusterten
Polsterbank umher. „Wir haben uns über dein Lokal Gedanken gemacht. Wir möchten,
dass er wieder gut besucht wird, richtig?“
    Gino nickte
und tupfte sich den Nacken trocken.
    „Dann müssen
wir es komplett renovieren!“, übernahm Michela das Wort.
    Gino schaute
verwirrt auf.
    „Aber, wieso
renovieren? Es ist doch so schön! Die Möbel sind massiv, beste Qualität!“,
sagte er und klopfte zum Beweis mit seinen wulstigen Fingerknöchel gegen die
Tischplatte. „Die hat mir mein Cousin in Modena besorgt. Sein Schwager
arbeitete in einer Möbelfabrik und ich konnte über ihn Rabatt bekommen. Und
trotzdem habe ich ein Vermögen ausgegeben!“, empörte sich Gino.
    „Sí, sí…“,
versuchte ich ihn zu beschwichtigen und warf Michela einen bösen Blick zu. „Nur
weißt Du, es ist so…mittlerweile sind doch einige Jahre verstrichen und…naja…“.
    „Senti,
Gino!“, mischte sich wieder Michela ein. „Die Möbel sind massiv, das stimmt.   Aber sie sind dreißigJahre
alt! Überleg doch mal: DerSchwager deinesCousins
ist bestimmt schon längst in Rente, oder? Das heißt, wir müssen deine Möbel
auch in Rente schicken! Keiner will sich mehr auf eine Polsterbank mit
grau-rosafarbenem geometrischem Muster hinsetzen! Es ist einfach nicht mehr cool!“.
    So, jetzt
war es ausgesprochen. Und ziemlich deutlich, wie ich fand.
    „Und wie
stellt Ihr Euch das vor?“, fragte uns Gino mit angstvollem Blick.
    „Allora“,
sagte Michela und kehrte wieder die sachliche und professionelle Geschäftsfrau heraus,
„Wir wollen die Idee der 80er Jahre im Grunde stehen lassen aber in einem
coolen Mix mit modernen Elementen aufpeppen. Die typischen Gegenstände von
damals sind fast schon Antiquitäten. Wir suchen gerade nach einer Möglichkeit,
sie dezent in Szene zu setzen, ohne dass sie gleich den ganzen Raum für sich in
Anspruch nehmen“, erklärte uns Michela.
    Gino und ich
schauten uns verdutzt an. Offensichtlich verstand Gino genau so wenig von
Innenarchitektur wie ich, was mich nicht hätte wundern dürfen. Während Michela
weiterredete, goss uns Gino mehr Ramazzotti ein.
    „Gino, weißt
du eigentlich, wo wir diese Leuchtschilder mit dem großen schwarzen T
herbekommen können? Ja, du weißt schon, solche Schilder, die in Italien   an der Außenwand von Bars hängen?“,
fragte Michela.
    „ Mah [33] ,
mein Bruder löst gerade seine Bar in Italien auf. Ich könnte ihn fragen…“,
sagte Gino, und schaute dabei skeptisch in die Runde.
    „Was willst du
mit den alten Dingern?“, fragte ich unvorsichtig.
    „ALTEN
DINGERN???“, schrie mich Michela an. „ Ma
sei matta ? [34] . Die
„Dinger“, wie du sie nennst, haben fast schon Kultcharakter!“.
    Dazu muss
ich etwas erklären: Das Schild mit dem großen schwarzen T, das an der
Außenfassade von italienischen Bars hängt, kennzeichnete solche Läden, die in
alten Zeiten Genehmigung hatten, Salz und Tabak zu verkaufen. Der Verkauf von
Salz und Tabak stand nämlich in Italien bis vor einigen Jahren unter
staatlicher Aufsicht. Das einstmals staatliche Monopol auf Salz und Tabak gibt es heute nicht mehr und Salz kaufen Italiener natürlich
im Supermarkt, aber das Schild ist geblieben und erinnert an vergangene Zeiten.
Eine solche Bar wird tabaccaio, umgangssprachlich tabacchino, genannt.
    „Wisst ihr
noch“, fragte ich aufgeregt in die Runde, „wie herrlich unkompliziert die Bars
in Italien waren? Man hat drinnen eine Cola-Dose gekauft und hat sich draußen
hingesetzt, um sie zu trinken. Eine bemühte und freundliche Bedienung hat es
überhaupt nicht gegeben!“
    „Stimmt! Es
kam höchstens die Frau vom Wirt mit einem Tablett heraus und hat genervt die
leeren Dosen und die Chipstüten weggeräumt! Und die Chipstüten überhaupt!“,
ereiferte sich Michela, „Kleine Tüten mit Überraschung drinnen!“
    „Und wenn
wir ragazzi nichts konsumiert haben und nur herumgesessen sind, dann ist der Wirt
herausgekommen und

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