Frag mich nach Sonnenschein -- Eine Italienerin in Deutschland (German Edition)
Alle drei hatten wir knöchelhohe,
bonbonrosafarbene Schuhe mit Glitzersteinen. Wenn schon denn schon, Frau gönnt
sich was!
Jedenfalls
machte uns der Kurs richtig viel Spaß. Wir konnten Dampf ablassen, wir fühlten
uns frei und sexy und wir konnten uns dabei auch noch unterhalten. Denn während
der verschiedenen Salsa-Schritte und Cha-Cha-Drehungen fielen uns die
verschiedensten Themen ein und die mussten wir uns natürlich gegenseitig sofort
mitteilen, damit sie nicht wieder verloren gingen. Schließlich war Michela mit
ihrer Mappe nicht anwesend, um unsere Gedanken schriftlich festzuhalten.
Natürlich waren die anderen Teilnehmerinnen davon nicht begeistert.
„Sentite [35] “,
sagte jetzt Ilaria. „Ich denke, wir Mädels sollten bei Ginos Eröffnung auch zum
Klischee beitragen!“
„Schsch!!!“,
kam es von einer Teilnehmerin.
„Wie meinst du
das?“, keuchte ich zurück und vollführte eine gewagte Drehung in die falsche
Richtung. Dabei kollidierte ich mit Simona, die daraufhin laut loskicherte. Eisige
Blicke trafen uns aus den vorderen Reihen.
„Wie meinst du
das?“, wiederholte ich flüsternd Richtung Ilaria, die mittlerweile einen
komplizierten dreifachen Hüftschwung mit zeitgleichen verführerischen
Bewegungen aus dem Handgelenk vollführte. Das machte sie wohl in Eigenregie,
denn der Rest der Gruppe ging stattdessen drei Schritte nach vorne und klatschte
in die Hände. Für ihre Improvisation erntete Ilaria einen anerkennenden Blick
vom Kursleiter, einem recht exotisch aussehenden Brasilianer, bei dem wir nicht
nur aufgrund der Übungen ins Schwitzen kamen.
„Ja, wir
leihen uns Vespas aus, ziehen uns richtig toll an und sind mit von der
Partie!“, grinste Ilaria, mit ihrem Vorschlag offensichtlich recht zufrieden.
Verwirrt
klatschte ich in die Hände und stellte fest, dass ich dabei die einzige war,
denn mittlerweile waren alle anderen zu einem neuen Schritt übergegangen.
Erneute erntete ich zahlreiche böse Blicke. Ich grinste dämlich zur
Entschuldigung und kam mir mal wieder völlig unzulänglich vor.
„Übrigens“,
sagte mir Simona, die meine Verlegenheit bemerkt hatte, „ich habe neulich Barbara
wieder getroffen“.
Barbara.
Meine
Erzfeindin. Die perfekteste, besserwisserischste, immer alles richtig machende Mutti,
die zu allem Überfluss auch noch mit dem tollsten, fürsorglichsten und
nettesten Mann auf Erden verheiratet war.
Barbara. Die
ich immer dann zufällig treffe, wenn mir die Haare wirr vom Kopf stehen, meine
Bluse Flecken hat und sich mein Kind mit einem Tobsuchtsanfall am Boden wälzt.
Barbara, die
dann süffisant lächelnd mit ihren zwei perfekten Kindern an mir vorbeigeht und
mich mit Sätzen wie „Na, bockt sie wieder?“ wie eine perfekte Idiotin fühlen lässt.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass niemand für unsere Gefühle verantwortlich
sei außer uns selbst. Das halte ich in der Theorie für einen schönen Satz und
eine erstrebenswerte Lebensphilosophie, keine Frage. Aber, wenn man wie ich mit
einem nicht gerade preisverdächtigen Selbstbewusstsein gesegnet ist, ist man
Barbara und ihren Manipulationen ausgeliefert. Sie legt es regelrecht darauf
an, mich geschickt zur Weißglut zu treiben und genießt es sichtlich, wenn bei
mir etwas schief geht, worauf sie natürlich nie lange warten muss. Laut eigener
Aussage streitet sie nur äußerst selten mit ihrem Mann und wenn es
ausnahmsweise doch mal vorkommt, dann kommen sie schnell und ohne jegliche
Handgreiflichkeit zu einer Einigung. Barbaras Mann, der wie Barbara aus Italien
kommt, hilft ihr gerne bei Haushalt
und Kindern und das Erstaunliche daran war, dass er es freiwillig tut und OHNE,
dass sie vorher mit Scheidung drohen muss. Man munkelt, dass die beiden immer
noch regelmäßig Sex haben (miteinander!)
und dass sie gerade ihr drittes Kind planen. Das alles löst bei mir einen
ziemlichen Brechreiz aus (nach dem Motto: wo ist hier bitte die Kloschüssel,
ich muss mich mal kurz übergeben).
Meine
Freundinnen meinen, ich würde mich von Barbara zu sehr provozieren lassen und
dass bei ihr bestimmt nicht alles so gut läuft, wie sie immer vorgibt.
„Sie sagte
mir, ich soll dich schön grüßen“, teilte mir Simona mit, bevor wir zum Merengue
ansetzten.
„Aha. Und
sonst?“, fragte ich, weil ich ja masochistisch veranlagt bin und der Versuchung
nicht widerstehen konnte, mir selber weh zu tun.
„Ich finde,
sie sah nicht so gut aus“. Simona wollte mich offensichtlich
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