Fragmente des Wahns
kann Sie verstehen, Herr Schneider, wirklich. Sie sehen die Sache mit dem Psychologen als eine Art Strafe oder als Zeichen einer geistigen Störung, doch das ist es nicht. Wir wollen Ihnen nur eine Unterstützung anbieten, die Ihnen hilft, das alles richtig zu verarbeiten.“
„Ich verstehe schon und doch kann ich mich mit dieser Sache nicht recht anfreunden.“
„Wollen Sie es nicht zumindest versuchen?“, wollte Hauser wissen.
„Ich denke schon. Es kann ja nicht schaden, und wenn es mir nicht gefällt, dann kann ich ja immer noch gehen, oder?“
„Selbstverständlich“, bestätigte Hauser. „Darf ich Doktor Fleischmann dann Bescheid geben, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen?“
„Von mir aus“, antwortete Alex gelangweilt. „Doch etwas anderes, Doktor. Kann ich jetzt morgen nach Hause und den Geburtstag meiner Tochter feiern?“
„Ja, Herr Schneider, das können Sie. Es steht einer Entlassung nichts mehr im Wege. Die Ergebnisse sind allesamt positiv und Sie machen einen gesunden Eindruck. Ich werde für morgen früh Ihre Entlassung beantragen und Ihnen zeitgleich Ihren ersten Termin bei Doktor Fleischmann mitteilen. Okay?“
„Ja. Solange ich nach Hause darf.“
„Das dürfen Sie, Herr Schneider, das dürfen Sie.“ Er reichte Alex die Hand. „Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute.“
„Danke, Doktor Hauser.“
Sie gaben sich die Hände und verabschiedeten sich. Die Assistentin hatte die ganze Zeit über nichts gesagt oder getan. Wirklich eine merkwürdige Person.
Der Riegel der Tür fiel ins Schloss und Stille kehrte in das Zimmer zurück. Alex fühlte sich unwohl und allein. Doch dann erinnerte er sich an Lilli, wie sie ihn anlächelte und Lisa, wie sie ihn sanft küsste. Er dachte an sein Haus und Leben, das er morgen wiederhaben würde.
Alles würde wieder gut werden.
„Bist du denn bald zuhause?“, fragte Alex in sein Handy, während er die Kerzen im Flur entzündete.
„Gleich. Ich müsste schon unser Haus sehen“, antwortete Lisa mit ihrer gewohnt freundlichen, leicht sinnlichen Stimme. „Ich finde es wirklich unmöglich, dass dich dein Chef heute Überstunden schieben lässt. Es ist doch mein Geburtstag.“
Sie klang ehrlich enttäuscht. Er fühlte sich sogar ein wenig schuldig, als er anfing, die Kerzen im Wohnzimmer anzuzünden.
„Ich weiß, Schatz. Ich kann es ja selbst nicht fassen. Sonst muss ich so gut wie nie länger arbeiten und ausgerechnet heute geht es nicht anders. Ich hab es ihm zwar gesagt, aber es war ihm völlig egal. Chefs eben.“
„Der soll mir bei der nächsten Weihnachtsfeier über den Weg laufen. Dann kann er sich aber auf was gefasst machen.“
So kannte er seine Freundin.
„Ich werde es ihm ausrichten“, sagte er und löschte zeitgleich das Licht. Lisa sollte schließlich nichts mitbekommen. Und es war keine Minute zu früh, denn er konnte bereits die Scheinwerfer ihres Wagens erkennen.
„Okay Schatz, ich möchte dich nicht mehr länger vom Arbeiten abhalten. Ich hoffe, wir sehen uns bald.“
„Ja, das hoffe ich auch. Ich liebe dich.“
„Ich dich sowieso.“
Damit war die Verbindung beendet.
Alex sah sich noch einmal um und genoss die Aussicht im Kerzenschein. Er setzte sich auf das Sofa, legte das Handy vor sich auf den Esstisch und wartete. Er hörte, wie sie den Motor abstellte, zur Haustür kam, den Schlüssel ins Schloss steckte, herumdrehte und dann öffnete.
Dann herrschte kurz Stille, bis die Aufregung kam und sich in ein Kribbeln verwandelte.
„Was ist denn hier los?“, fragte Lisa sich selbst. „Was machen denn diese Kerzen hier und was …“
Dann kam sie um die Ecke und schaute ins Wohnzimmer, wo Alex bereits auf sie wartete. Er grinste breit und schadenfroh.
„Alles Gute zum Geburtstag, mein Schatz.“
Erst jetzt sah Lisa die ganze Pracht des Raumes. Die vielen roten Kerzen, die im Wohnzimmer verteilt waren und den Raum in ein romantisches Licht tauchten. In der Mitte des Tisches stand eine herzförmige Torte mit viel weißer Schokolade und zwei roten, ineinander verschlungenen Herzen aus passierten Erdbeeren. Genau achtundzwanzig Kerzen waren ringsum drapiert.
„Du … du Schwein“, brach es aus Lisa heraus.
Alex konnte nur weiter schadenfroh lächeln.
„Du hast mich also die ganze Zeit über angelogen?“
„Ja.“
„Nur um das hier zu veranstalten?“
„Was heißt hier nur für das?“, fragte Alex erbost.
„Also bitte, wie kitschig ist das denn?“, fragte Lisa gespielt
Weitere Kostenlose Bücher