Fragmente des Wahns
übrig war, was herausgepresst werden konnte und irgendetwas hämmerte permanent gegen seine Schädeldecke. Fast so, als wollte ein kleiner Dämon herausbrechen.
„Alex.“
Es war ein jämmerlicher Schluchzer seitens Lisas. Er fühlte sich so schäbig, weil er ihren Schmerz zwar verstand, aber nicht akzeptieren konnte. Er hatte gerade andere Dinge im Kopf.
Einen kleinen Dämon zum Beispiel.
„Es geht schon wieder.“
Doch es war gelogen. Er sagte dies nur, damit sie ihn endlich in Ruhe ließen. Aber es brachte nichts, denn sie würden niemals damit aufhören … und irgendwo tief in ihm drin verstand er auch wieso.
„Wir sollten zum Arzt fahren“, sagte Ralfie.
„Nein!“, protestierte Alex. „Ich brauche keinen Arzt. Verdammt noch mal, ich bin bloß hingefallen! Das passiert jeden Tag Tausenden von Menschen.“
„Nur nicht ohne Grund und wachen daraufhin nicht mehr auf“, protestierte nun Lisa.
„Dass ihr immer übertreiben müsst!“
„Du hattest einen schweren Autounfall, Alex! Wer weiß, ob dein Kopf nicht doch verletzt wurde.“
Lisa war mit den Nerven am Ende und fing an zu weinen. Ralfie nahm sie in die Arme. Eigentlich wäre das Alex’ Aufgabe gewesen. Eigentlich hätte er sie trösten müssen. Eigentlich.
Doch, was lief noch normal? Was war von seinem alten Leben übrig? Wie viele Tage war es nun her? Wann hatte er seinen Autounfall gehabt? Vor wie vielen Tagen? Wochen? Alles kam ihm wie eine Ewigkeit vor und dann war es doch so frisch wie am ersten Tag.
„Es tut mir leid. Ich …“
Alex konnte sich nicht einmal entschuldigen. Es klang so falsch, wie er sich fühlte.
Was ist denn nur los mit mir?!
„Schon gut.“
Lisa schien sich beruhigt zu haben, doch sie sah ihn nicht an. Sie konnte ihrem eigenen Mann nicht mehr in die Augen sehen. Soweit war es gekommen.
Alex’ Lider wurden schwer. Er ließ sie gewähren. Er brauchte diesen Moment. Er sehnte sich nach dem Dunkel, das ihm Ruhe schenkte. Nur ein paar Sekunden. Mehr brauchte er nicht.
Die Übelkeit verschwand. Sein Kopf wurde schwer, doch die Schmerzen ließen nach. Es war, als würde sich sein Körper auflösen und alles Leid mit sich nehmen. Dann war er fort. Es gab keinen Alex mehr … nur noch Finsternis.
Und dann sah er das Licht.
Zuerst nur ein Funke, dann ein Strahlen und zuletzt ein Gesicht. Zuerst glaubte er, Lisa zu erblicken, seine Frau, seine große Liebe.
Doch sie war es nicht.
Dann musste es Lilli sein. Sie war schließlich ihr gemeinsames Licht, das Produkt ihrer unendlichen Liebe. Sie war die Güte.
Doch auch sie war es nicht.
Es war eine Frau, die Alex nicht kannte und doch war sie ihm näher als irgendjemand sonst. Sein Verstand sagte, dass sie eine Unbekannte war, sein Herz jedoch sehnte sich nach ihr. Seine Seele verzerrte sich nach ihr.
Alex wollte nach ihr greifen. Er wollte sie umarmen und nie wieder loslassen. Doch er hatte keine Arme. Sein Körper war vergangen. Es war sein eigener Wunsch gewesen. Doch nun verstand er, wie töricht es gewesen war. Alles hatte sich verändert. Nun war es an der Zeit, dass auch er sich veränderte!
Alex öffnete die Augen.
Er blickte noch einmal zu seiner Frau, versuchte die Liebe in seinem Herzen zu spüren. Er fand sie, doch sie war schwach. Etwas schien sie verdrängt zu haben. Alex wusste genau, was es war.
„Ich … es tut mir …“ Alex schloss noch einmal die Augen und drehte sich von seiner Frau fort. „Verzeih mir, Lisa.“
Dann rannte er davon. Zurück ins Wohnzimmer, zur Haustür und so schnell er konnte hinaus in die weite Welt.
Er blickte nicht einmal zurück.
Zwei Straßen hatte er hinter sich gebracht, ehe er das Laufen einstellte und ins Gehen überging. Er war völlig außer Puste und atmete schwer. Nach wenigen Schritten stoppte er. Alex legte seine Hände auf die Knie und rang ausgiebig nach Luft. Er fühlte sich vollkommen fertig.
Eine kleine Steinwand in der Nähe war seine Rettung. Alex setzte sich und ließ seine Gedanken schweifen. Mehr blieb ihm nicht. Alles andere hatte er zurückgelassen. Und es war gut so. Es war das einzig Richtige gewesen.
Oder doch nicht?
Selbstzweifel. Immer wieder die gleichen Selbstzweifel. Er tat etwas und im gleichen Atemzug bereute er es. Seit diesem verfluchten Autounfall brach alles um ihn herum zusammen und er konnte es einfach nicht aufhalten. Egal was er tat, es machte die ganze Sache dadurch nur noch schlimmer.
Alex spürte erneut das schwarze Meer. Es rief nach ihm und er wollte ihm
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