Fragmente des Wahns
2011
09.20 Uhr, der Tag zur Wahrheit
Er hatte mehr als genug geschlafen.
Ralfie war so nett gewesen, ihn nicht zu wecken und hatte bereits das Frühstück vorbereitet. Dabei war er so leise vorgegangen, dass Alex nichts mitbekommen hatte. Diesmal hatte er den Schlaf fast schon als erholsam und aufschlussreich empfunden.
„Morgen, du Schlafmütze“, sagte Ralfie zu Begrüßung, als Alex über das Sofa schaute.
„Morgen“, erwiderte Alex den Gruß. „Was gibt es zu essen, Schatz?“
„Was Süßes“, antwortete er.
„Solange du nicht das Süße bist.“
Alex stand endgültig auf und ging zum Esstisch in der Küche.
„Ich hab wirklich einen tierischen Kohldampf.“
„Setz dich. Ich hau dir noch schnell ein paar Eier in die Pfanne.“
„Nein, mach dir bitte keine Umstände.“
„Ach was. Ich genehmige mir dann auch gleich noch einen Teller davon.“
„Okay. Dann gerne.“
Alex schmierte sich ein Butterbrot, während sich Ralfie um die Rühreier kümmerte. Dazu gab es frisches Obst und Joghurt. Ralfie verteilte das Rührei auf zwei Teller, ehe er sich zu seinem Freund an den Tisch setzte.
„Hau rein“, sagte er.
„Danke. Lass es dir schmecken, Ralfie.“
Sie schaufelten die Rühreier in sich hinein, vor allem Alex, der wirklich das Gefühl hatte, ewig nicht mehr richtig gegessen zu haben. Der frische Orangensaft floss seine Kehle hinunter.
„Also“, fing Ralfie an, „ich würde sagen, dass du dich nach dem Essen erst mal zurechtmachst, ehe wir ins Krankenhaus fahren. Was meinst du?“
„Ja und nein“, antwortete Alex gelassen. Er hörte kurz auf zu essen und sah Ralfie direkt an, ehe er weitersprach. „Ich muss mich wirklich erst mal frisch machen, doch könntest du mir noch einen Gefallen tun?“
„Mach ich das nicht schon die ganze Zeit?“
„Schon, aber ich meinte … versteh das bitte nicht falsch, Ralfie. Ich bin dir wirklich dankbar für alles und ohne dich wäre ich wohl aufgeschmissen gewesen …“
„Doch?“
„Doch ich muss heute etwas erledigen … allein. Und ich bräuchte da jemanden, der mich hinbringen würde.“
„Sagst du mir auch, wohin es geht?“
„Ja, wenn es soweit ist.“
„Okay. Wenn es für dich wichtig ist.“
„Ja. Ich wurde an etwas erinnert, dass ich viel zu lange vergessen habe. Es wird Zeit, mich wieder damit auseinanderzusetzen.“
„Dann ist es abgemacht. Aber versprich mir eins.“
„Ja?“
„Nachdem du diese Sache hinter dich gebracht hast, fährst du ins Krankenhaus und lässt dir deine Untersuchungsergebnisse geben. Versprochen?“
„Versprochen.“
Und so nahm das Schicksal seinen Lauf. Die letzten Fäden waren gesponnen und an ihrem Ende wartete die absolute Wahrheit. Doch niemand wusste es. Am wenigsten Alex. Alle gingen ihren Weg.
Schritt für Schritt.
Diesmal genoss er die ausgiebige Dusche, wusch sich den Schmutz der vergangenen Tage vom Körper und trauerte nicht einem Moment hinterher. So kaputt er sich gestern gefühlt hatte, so frisch und neugeboren fühlte er sich heute.
Alex zog sich neue Kleidung an, stylte seine Haare und machte so wieder einen Menschen aus sich, der ins Leben zurückgekehrt war. Es war an der Zeit, die Vergangenheit ruhen zu lassen.
Unten räumte Ralfie währenddessen die Küche auf. Alex bot seine Hilfe an, doch sein bester Freund lehnte dankend ab. „Bin sowieso gleich fertig. Wie wäre es, deine Frau einmal anzurufen?“
„Nein, noch nicht. Zuerst muss ich diese Sache erledigen. Danach möchte ich nach Haus fahren und persönlich mit Lisa reden.“
„Okay, das hört sich vernünftig an.“
Alex packte daher seine Reisetasche. Er wollte nichts vergessen. Die beiden wurden fast zeitgleich fertig und gingen zum Wagen. Als Alex das Haus von Ralfie verließ und die Tür hinter sich schloss, sah er noch einmal zurück. Er wollte sich verabschieden.
„Alles okay?“, fragte Ralfie besorgt.
„Ja. Mir geht es gut.“
Ralfie versuchte ihm zu glauben. Dann stiegen sie ein und fuhren los. Erst jetzt erzählte ihm Alex das Ziel seiner Reise. Sie würden nicht lange fahren müssen.
Alex öffnete die Beifahrertür und stieg samt seiner Reisetasche aus, ehe er sich noch einmal in den Innenraum beugte. „Danke für alles, Ralfie.“
„Bitte. Und du bist dir sicher, dass ich nicht mitkommen soll?“
„Nein. Das muss ich jetzt wirklich alleine machen. Es ist sehr persönlich, verstehst du?“
„Klar. Aber wenn was ist …“
„Dann melde ich mich. Verstanden.“
Die
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