Fragmente des Wahns
ich die Straße eingegeben, doch nicht allein. Wir waren uns so sicher gewesen, dass die Straße in Regensburg sein muss, doch was, wenn es eben nicht so ist?“
„Und das ist es jetzt?“
„Ja, Andreas. Zwei Resultate.“
„Und wo?“
Beide sahen gespannt auf den Bildschirm und verfolgten aufmerksam den Text.
Es gab tatsächlich zwei Städte in Deutschland mit einer Wilderstraße. Ergebnis A war Nürnberg. Ergebnis B war Stuttgart.
„ Das ist es!“, brüllte Alex vor Freude. „Die Lösung war die ganze Zeit da gewesen.“
„Ja schon, Alex“, fing Andreas an, „doch jetzt mal ganz im Ernst. Es gibt diese Straße, schön und gut, doch wer sagt uns, dass es auch das Haus dazu gibt?“
„Niemand. Aber wir können ja nachsehen.“
„Ja klar, wir fahren jetzt einfach mal aus Spaß an der Freude nach Stuttgart und schauen uns diese Straße an, die wohl doch nur eine weitere Halluzination deines verletzten Kopfes ist.“
„Und wenn wir wenigstens Nürnberg ausprobieren?“, fragte Alex fast flehend. „Ich weiß, dass sich das alles komplett verrückt anhört, aber was, wenn es das Haus wirklich gibt und ich nicht verrückt bin?“
„Wir sollten trotzdem zuallererst ins Krankenhaus fahren und uns die Ergebnisse anhören“, warf Andreas ein.
„Nein. Mir geht es gut, seit gestern hatte ich keine dieser Halluzinationen mehr und auch sonst geht es mir richtig gut. Dieses Haus hat etwas zu bedeuten, glaub mir und ich muss es finden.“
„Und doch weißt du, wie verrückt sich das alles anhört?“
„Ja. Aber es ist mir egal.“
„Dann komme ich mit.“
„Nein, das musst du nicht. Ich fahr einfach mit einem Taxi zum Hauptbahnhof und dann mit der Bahn nach Nürnberg. Das schaff ich heute noch ohne Probleme.“
„Nein. Ralfie hatte recht damit, dich nicht alleine zu lassen. Wenn du nicht ins Krankenhaus willst, okay, ich werde dich nicht zwingen, aber ich habe geschworen, dass ich dir beistehe und das werde ich jetzt auch tun. Was, wenn du wirklich eine Blutung im Kopf hast und in der Bahn zusammenbrichst? Wer passt da auf dich auf, Alex?“
Sein kleiner Bruder hatte recht. Darüber hatte Alex nicht einen Moment nachgedacht. Außerdem war er im Nachhinein über Ralfies Hilfe froh gewesen. Vielleicht sollte Andreas tatsächlich mitkommen.
„Würdest du das für mich tun?“
„Klar doch. Mensch, Alex, wir sind doch Brüder. Wir haben schon so viel durchgemacht, wir packen auch das.“
“Danke“.
„Nichts zu danken und jetzt komm. Wenn du wirklich diese verrückte Reise wagen willst, dann lass uns gleich damit beginnen.“
„Auf zum Hauptbahnhof?“
„Auf zum Hauptbahnhof.“
Die Weichen waren gestellt. Der Zug zur Wahrheit raste ungebremst vorwärts.
Bald würde alles enden.
Den Wagen hatten sie im Petersweg Parkhaus abgestellt und nun waren beide auf dem Weg zum Hauptbahnhof. Sie standen gerade vor der letzten Ampel und warteten auf das grüne Männchen.
„Hast du nachgesehen, wann der nächste Zug nach Nürnberg geht?“, fragte Andreas.
„Nein. Soweit habe ich gar nicht gedacht.“
„Egal. Sind sowieso gleich am Hauptbahnhof und dann schauen wir einfach am Ticketautomaten. Wir haben ja Zeit.“
Die Ampel schaltete um und die Brüder gingen weiter ihren Weg.
„Apropos. Müsstest du heute nicht arbeiten?“
„Ich bin Versicherungsvertreter, Alex. Ich arbeite so viel ich will und wann ich will.“
„Stimmt auch wieder“, musste er zugeben.
Im Hauptbahnhof selbst ging es eher ruhig zu. Kein Wunder, es war Dienstag und gerade mal halb zwölf Uhr mittags. Normale Menschen waren jetzt in der Arbeit, Wahnsinnige hingegen fuhren nach Nürnberg, um sich ein Halluzinationshaus anzusehen.
Andreas ging schnurstracks auf einen Ticketautomaten zu und kämpfte sich durch das Bedienmenü.
„Um 11.44 Uhr würde der nächste Zug Richtung Nürnberg fahren. Das schaffen wir. Er fährt direkt durch, es dauert eine gute Stunde und kostet uns gemeinsam 36,00 Euro. Nehmen wir den?“
„Nehmen wir. Je schneller, desto besser.“
„Kann ich mir vorstellen“, sagte Andreas und löste kurzerhand die Tickets. Eigentlich wollte Alex zahlen, doch sein kleiner Bruder ließ es nicht zu. „Heute bin ich der Große, okay?“
Alex nickte. Sie stiegen die Treppen nach oben, betraten den Gleisbereich und brauchten nicht lange, bis sie das richtige Gleis erreichten. Kaum angekommen setzte sich Alex auf eine Bank, während sich Andreas umdrehte.
„Geh schnell eine
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