Fragmente: Partials 2 (German Edition)
der diese Wiese als Letzter gemäht hatte. Vor zwei Jahren war er für einen Streich in der Schule mit Rasenmähen bestraft worden. Hatte seitdem noch einmal irgendjemand gemäht? Das schien ihm ein zweifelhafter Weg zum Ruhm: Der letzte Mensch, der diese Wiese gemäht hat. Ich frage mich, wie vieles ich sonst noch als Letzter tun werde.
Er runzelte die Stirn und blickte zum Krankenhaus auf der anderen Straßenseite hinüber. Der Parkplatz vor dem Gebäude war voll. Damals war die Stadt größtenteils leer gewesen. Kaum jemand hatte Lust gehabt, auswärts zu essen und Filme anzusehen, während die Welt untergegangen war und die Seuche um sich gegriffen hatte. Im Krankenhaus jedoch hatte reger Betrieb geherrscht. Auf dem Parkplatz standen viele verrostete alte Autos mit platten Reifen, geborstenen Fenstern und zerkratztem Lack. Hunderte und Aberhunderte Menschen waren einzeln, als Paare und als Familien in der vergeblichen Hoffnung hergefahren, die Ärzte könnten sie vor RM retten. Sie waren ins Krankenhaus gekommen und gestorben, und mit ihnen alle Ärzte. Die Überlebenden hatten das Krankenhaus gesäubert, sobald sie sich in East Meadow niedergelassen hatten. Es war eine ausgezeichnete Klinik und einer der Gründe, warum die Überlebenden sich überhaupt für East Meadow als Keimzelle ihrer Siedlung entschieden hatten. Der Parkplatz war ihnen allerdings nie besonders wichtig gewesen. Die letzte Hoffnung der Menschheit war auf drei Seiten von einem Gewirr aus rostigem Alteisen umgeben, halb Schrottplatz, halb Friedhof.
Marcus wandte sich um, als er Stimmen hörte. Inmitten einer Menschenmenge wurden Weist und Delarosa von Abwehrsoldaten aus dem Gebäude geführt. Viele Zuschauer protestierten gegen das Urteil. Marcus konnte nicht erkennen, ob sie sich für ein schärferes oder ein milderes Urteil einsetzten, vermutete aber, dass beide Seiten vertreten waren. Asher Woolf führte die Gruppe an, drängte sich langsam durch die Menge und bahnte den Soldaten einen Weg. Der Wagen wartete schon – ein gepanzertes Fahrzeug mit beweglichen Achsen, das vier starke Pferde zogen. Sie stampften unruhig, schnauften und schnaubten, als sich die Menge näherte.
»Mir scheint, da könnte gleich ein Aufstand ausbrechen«, murmelte Isolde. Marcus nickte. Einige Demonstranten blockierten die Türen des Wagens, während andere den Zugang frei halten wollten. Die Soldaten der Abwehr versuchten mehr oder weniger hilflos, die Ordnung zu wahren.
Nein, dachte Marcus und beugte sich mit gerunzelter Stirn vor. Sie versuchen nicht, die Ordnung zu wahren, sondern sie … was tun sie da? Sie unterbinden das Gerangel nicht, sondern verlagern es. Ich habe schon einmal gesehen, wie sie Aufstände unterdrückt haben, und dabei sind sie viel wirkungsvoller vorgegangen. Viel konzentrierter. Was wollen sie jetzt …?
Senator Weist stürzte zu Boden, und auf seiner Brust prangte ein dunkelroter Fleck. Unmittelbar danach war ein ohrenbetäubendes Krachen zu hören. Die Welt schien einen Augenblick lang stillzustehen, die Menschenmenge und die Abwehrsoldaten waren wie erstarrt. Was war geschehen? Was hatte der rote Fleck zu bedeuten? Und der Lärm? Warum war der Mann gestürzt? Stück für Stück setzten sich die Eindrücke zusammen, bis Marcus die Benommenheit überwand und es erkannte: Ein Schuss war gefallen, der rote Fleck auf Weists Brust war Blut. Jemand hatte ihn erschossen.
Die Pferde wieherten, stiegen vor Schreck hoch, wollten weglaufen und zerrten den schweren Wagen mit. Die Panik der Tiere riss die Menschen aus der Erstarrung, und sie rannten in alle Himmelsrichtungen davon. Einige gingen in Deckung, andere suchten den Schützen, aber alle wollten sich so schnell wie möglich von dem Toten entfernen. Marcus zog Isolde hinter die Bank und drückte sie zu Boden.
»Rühr dich nicht vom Fleck!«, befahl er ihr. Dann rannte er so schnell wie möglich zu dem gestürzten Gefangenen hinüber.
»Sucht den Schützen!«, schrie Senator Woolf. Marcus beobachtete, wie der Politiker eine glänzende schwarze Halbautomatik aus dem Mantel zog. Die Zivilisten brachten sich eilig in Sicherheit, auch einige Abwehrsoldaten tauchten ab, doch Woolf und mehrere andere Soldaten waren bei den Gefangenen geblieben. Hinter ihnen platzten Splitter aus der Ziegelmauer, als ein weiterer Schuss fiel. Marcus hatte nur Augen für den gestürzten Weist. Er ging neben ihm in die Hocke und maß ihm noch in der Bewegung den Puls. Viel war nicht zu tasten, aber das Blut,
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