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Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Fragmente: Partials 2 (German Edition)

Titel: Fragmente: Partials 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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Wohnblocks. Die Nacht verbrachten sie in einem Laden für Autozubehör, die Pferde banden sie an hohen Stapeln von Gummireifen fest. Heron übernahm die erste Wache. Kira bemerkte, dass die Partialagentin sie und Afa ebenso aufmerksam beobachtete wie alles, was sich von draußen nähern mochte.
    Mitten in der Nacht erwachte Kira etwas benommen, doch als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte sie ihre Umgebung sofort wieder. Samm hatte die zweite Wache übernommen und hockte in der Ecke des Raums auf einem Schreibtisch. Kira richtete sich auf und umklammerte in der kalten Nachtluft ihre Knie.
    »Hallo«, flüsterte sie.
    »Hallo«, antwortete Samm.
    Kira saß da, sah ihn an und war nicht sicher, was sie sagen sollte. »Danke, dass du zurückgekommen bist.«
    »Das hast du mir schon gesagt.«
    »Ich meine … danke, dass du mich gesucht hast. Dass du es überhaupt versucht hast. Das hättest du nicht tun müssen.«
    »Auch das hast du schon gesagt«, erwiderte Samm. »Wir wollten lernen, was es zu lernen gab, und uns wieder treffen. Dann wollten wir unsere Erfahrungen austauschen.«
    »Das hatten wir verabredet.« Kira lehnte sich an die Wand. »Was weißt du nun?«
    »Ich weiß, dass wir sterben.«
    Kira nickte. »Das Verfallsdatum.«
    »Du sprichst es zwar aus, aber kannst du wirklich erfassen, was es bedeutet?«
    »Die Partials sterben nach zwanzig Jahren.«
    »Die erste Welle der Partials hat sich vor einundzwanzig Jahren in den Isolationskrieg eingeschaltet«, erklärte er. »Ein Jahr vorher wurden sie geschaffen. Alle unsere Anführer, die Veteranen, die in der ersten Reihe gekämpft haben, sind bereits tot. Sie waren so etwas wie unsere Vorfahren.« Er hielt inne und dachte nach. »Ich gehörte zur letzten Gruppe, die geschaffen wurde. In einigen Monaten werde ich neunzehn. Heron wurde schon vor einer Weile neunzehn. Weißt du, wie viele von uns es noch gibt?«
    »Wir sind von rund einer Million Partials ausgegangen«, entgegnete Kira. »Es hieß immer: Jenseits des Long Island Sound gibt es eine Million Partials. Aber das stimmt wohl nicht mehr, oder?«
    »Wir haben mehr als die Hälfte verloren.«
    Kira zog die Knie noch enger an den Oberkörper, denn plötzlich war es viel kälter geworden. Der Raum war klein und kam ihr zerbrechlich vor wie ein Haus aus Streichhölzern, das der Wind jederzeit wegfegen konnte.
    Fünfhunderttausend sind tot, dachte sie. Mehr als fünfhunderttausend sogar. Diese ungeheure Zahl, die dem Zwanzigfachen der noch existierenden menschlichen Bevölkerung entsprach, erschreckte sie zutiefst. Ungerufen kam der nächste Gedanke. Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir gleich stark sind.
    Ihr wurde immer unbehaglicher zumute, je länger sie nachdachte. Im Grunde wollte sie nicht, dass überhaupt noch jemand starb, ob Mensch oder Partial, und sie wollte gewiss mit niemandem abrechnen. Früher, bevor sie deren Wesen richtig verstanden hatte, war sie auf die Partials wütend gewesen, aber das lag nun hinter ihr. Oder etwa nicht? Schließlich war sie eine von ihnen. Dann fiel ihr ein, dass sie möglicherweise selbst einem Verfallsdatum unterworfen war – und Sekunden später wurde ihr schon wieder klar, dass sie sich grundsätzlich von den anderen Partials unterschied und möglicherweise doch kein Verfallsdatum hatte. Der erste Gedanke erschreckte sie, der zweite betäubte sie mit einer tiefen, leeren Trauer. Die letzte Partial. Die Letzte meines Volks.
    Auf welcher Seite stehe ich eigentlich?
    Sie sah zu Samm hinüber, der sich auf dem Schreibtisch an die Wand lehnte und ein Bein über die Kante hängen ließ. Das Gewehr lag griffbereit neben ihm. Er war ein Beschützer, ein Hüter, der über die Hilflosen wachte. Falls sich ein Angreifer näherte, würde er ihn rechtzeitig bemerken und auch selbst als Erster wahrgenommen werden. Er hatte sich vor ihnen postiert, um ein Mädchen zu bewachen, das er kaum kannte, und einen Mann zu schützen, den er nicht mochte und dem er nicht vertraute. Er war ein Partial, und doch war er ein Freund.
    Das ist das Problem, dachte sie. Wir glauben immer noch, es gebe verschiedene Seiten. Das darf nicht sein, so geht es nicht weiter.
    Auf einmal verspürte sie den Drang, zu ihm zu kriechen und mit ihm Wache zu halten, in der schneidenden nächtlichen Kälte die Körperwärme zu teilen. Sie tat es nicht, sondern zog sich die Decke bis zum Kinn hoch.
    »Wir werden das Rätsel lösen«, sagte sie. »Wir werden den Trust und dessen Akten

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