Fragmente: Partials 2 (German Edition)
angegriffen hatten, und schnappten gierig nach ihm. Kira fragte sich, warum sie ihn nicht schon niedergedrückt hatten wie sie selbst. Sie konnte nicht einmal das Gewehr heben, weil die Hunde auch die Waffe zu Boden pressten. Ein riesiges Tier hatte sich einfach darauf niedergelassen. Sie feuerte trotzdem einen Schuss ab und hoffte, den Angreifer zu vertreiben. Tatsächlich sprang auf der anderen Seite der Lichtung ein Hund mit schmerzvollem Heulen zur Seite, doch das riesige Tier blieb auf dem Gewehr hocken, knurrte nur und fletschte die mächtigen Zähne.
Der braune Hund, auf dessen Ruf sie reagiert hatten, sprang auf Kiras Oberkörper und trieb ihr die Luft aus den Lungen. Er schnappte nach ihrer Kehle, um ihr den Garaus zu machen. Kurz bevor er sie erreichte, stürzte er zur Seite, und Kira spürte, wie ihr ein warmer Blutschwall über den Brustkorb strömte. Samm stand vor ihr. Er hatte das Gewehr verloren und hielt stattdessen ein blutiges Jagdmesser in der Hand, mit dem er nach dem Hund hackte, der sich in Kiras Schulter verbissen hatte. Die riesige Kreatur sprang nun ihn an und warf ihn wieder zu Boden. Kira riss das Gewehr hoch, woraufhin ein weiterer Hund herbeihechtete, um es ihr wegzuschnappen. Mit den Zähnen packte er den Lauf, stemmte die schweren Pfoten auf ihren Oberkörper und verhinderte, dass sie Samm zu Hilfe kommen konnte. Die Hunde hatten endgültig die Oberhand gewonnen.
Plötzlich hörte sie hinter sich einen Schuss, und der Hund an ihren Füßen sank leblos in sich zusammen. Ein weiterer Schuss, und der Hund auf ihrem Gewehr wies eine große Wunde im Rücken auf. Wie ein behaarter Felsbrocken brach er zusammen. Er richtete die Augen auf sie, als das Leben aus ihm wich, und keuchte mit schrecklicher, fremdartiger Stimme ein einziges Wort.
»Bitte!«
Der Hund starb. Keine zehn Zentimeter vor Kiras Gesicht verloren seine Augen den Glanz. Erschrocken starrte sie das Untier an. Lautlos bewegten sich ihre Lippen, und das Gewehr hielt sie umklammert wie eine Rettungsleine. Ein weiterer Schuss fiel, und die Hunde knurrten nicht mehr, sondern bellten. Dies war offenbar die Form ihrer Kommunikation. Dann warfen sich alle Tiere des Rudels herum und flohen. Das größte blieb noch einmal kurz stehen und knurrte. »Mistkerl!« Dann verschwand der Hund wie die anderen zwischen den Bäumen.
Gleich danach tauchte Heron auf. Sie hatte das Gewehr immer noch im Anschlag und nickte Kira zu, bevor sie das tote Tier mit einem Tritt von Kiras Oberkörper schob.
Auch als sie frei war, konnte Kira sich noch nicht richtig bewegen.
»Hat mich der Hund gerade einen Mistkerl genannt?«, fragte Samm.
»Lasst uns verschwinden, bevor sie sich neu formieren!«, drängte Heron. »Kommt schon!«
Endlich konnte Kira wieder sprechen. »Was?«
»Wir müssen sofort weg von hier.« Samm bückte sich und streckte eine mit Schlamm und Blut besudelte Hand aus. »Wenn sie erst einmal Blut geleckt haben, sind wir so gut wie tot.«
Kira nahm seine Hand und rappelte sich auf. »Was, zur Hölle, ist hier los?«
»Wachhunde«, erklärte Heron und führte sie an der Felswand entlang zurück. »Wir haben sie im Krieg eingesetzt.«
»Sehr intelligente Hunde, darauf abgerichtet, die Soldaten auf dem Schlachtfeld zu unterstützen«, ergänzte Samm. Er hob sein Gewehr auf und trat hinter Kira, um rückwärtsgehend in die Richtung zu zielen, in die sich das Rudel zurückgezogen hatte. »Sie sind größer und zäher als gewöhnliche Hunde und können einfache Worte sprechen. Wir haben sie dort drüben für alles Mögliche eingesetzt. Ich hätte die Stimme sofort erkennen müssen, aber es ist zu lange her.«
»Hattet ihr wirklich sprechende Monsterhunde?«
»ParaGen hat sie hergestellt«, sagte Samm. »Anscheinend sind sie verwildert.«
Kira erinnerte sich an die Broschüre, die sie im Büro von ParaGen entdeckt hatte. Dort waren ein Wachhund und ein Drache erwähnt worden. Unwillkürlich blickte sie zum Himmel hinauf, doch von dort sauste kein Ungeheuer herab, um sie mit spitzen Krallen zu zerfleischen.
Auch in einigen Gefechtsberichten in Afas Archiv hatte sie das Wort Wachhund gelesen. Sie fühlte sich immer noch wie betäubt und schüttelte den Kopf, während sie über den Hundepfad stolperte. Aber es war nicht nur das Wort – vor ihrem inneren Auge erschien auch eine Szene aus ihrer Kindheit. Eine der wenigen Erinnerungen an ihren Vater. Ein riesiger Hund hatte sie angegriffen. Ihr Vater war eingeschritten und hatte sie
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