Fragmente: Partials 2 (German Edition)
die anderen recht hatten, aber …
»Sie könnte im Sterben liegen«, sagte sie. »Ich will heute Nacht beim Einschlafen nicht ständig den Hilferuf eines sterbenden Mädchens hören.«
»Willst du überhaupt einschlafen?«, fragte Heron. Nun war es an Kira, sie anzufunkeln.
»Lasst uns weiterreiten!« Samm trieb Buddy mit den Knien an. Das Pferd vollführte einen Satz, und Kiras Bobo folgte ohne besondere Aufforderung.
»Hilfe!«
»Ich reite hinüber.« Kira nahm die Zügel und lenkte Bobo zum Straßenrand. »Ihr könnt mitkommen, wenn ihr wollt.«
»Warum ruft sie immer nur ›Hilfe!‹?«, fragte Afa.
»Weil sie Hilfe braucht.« Kira rutschte aus dem Sattel zu Boden. Der Abhang war steil und voller Büsche, und ihr Pferd würde es in dem schwindenden Licht sicher nicht schaffen. Sobald sie die Zügel an einem Kilometerstein angebunden hatte, nahm sie das Gewehr vom Rücken.
»Eigentlich sollte sie ›Helft mir!‹ rufen oder ›Ist da jemand?‹«, meinte Afa.
»Sie hat wohl unsere Hufschläge gehört.« Samm schüttelte den Kopf und fluchte. »Kira, ich komme mit.«
Heron blieb auf dem Pferd sitzen. »Darf ich eure Sachen an mich nehmen, wenn ihr tot seid?«
»Du bist die Spionin.« Samm deutete auf die Hügel, die sich vor ihnen erstreckten. »Vielleicht kannst du sie umgehen und sie … ich weiß nicht. Vielleicht kannst du helfen.«
»Es wird dunkel, und sie haben uns bereits bemerkt«, erwiderte Heron. »Wir wissen nicht, wer sie sind, wie viele sie sind, wie gut sie bewaffnet sind oder was sie vorhaben. Was soll ich einsetzen, um mich anzuschleichen? Magie?«
»Dann bleib einfach hier und pass auf die Pferde auf!«, verlangte Kira. »Wir sind bald zurück.« Sie kletterte über die Leitplanke. Samm folgte ihr, und dann arbeiteten sie sich vorsichtig die Böschung hinunter. Das Unterholz war dicht, Kiras Stiefel verfingen sich hin und wieder im Gestrüpp. Der Abhang war so steil, dass sie sich immer wieder an Ästen und Zweigen festhalten musste, um nicht abzurutschen. Die meiste Zeit kroch sie eher auf Händen und Knien. Unten sah es nicht besser aus, auch dort wuchs dichtes Buschwerk bis an den Wasserlauf.
Abermals hörte Kira den Schrei. Er drang offenbar aus einem schmalen Graben. Mittlerweile erschien es ihr sinnlos, sich weiter zu verstecken. »Halt durch, wir sind unterwegs!«, rief sie laut.
»Wie mag sie nur hierhergeraten sein?«, wunderte sich Samm und wühlte sich hinter ihr durch das Gebüsch. Gleich darauf stolperte Kira in einen tief ausgetretenen Pfad. Samm prallte gegen sie, als auch er das Gleichgewicht verlor.
»Das ist ein Wildwechsel«, sagte er. »Hirsche?«
»Wilde Hunde.« Kira betrachtete die festgetrampelte Erde. »Solche Spuren habe ich schon oft gesehen.«
»Dann haben wir es vielleicht mit einer verletzten Jägerin zu tun. Aber wer folgt schon einer Hundefährte?«
Wieder hörten sie den Schrei, dieses Mal etwas näher, und Kira konnte zudem erkennen, dass die Stimme nicht ganz echt klang – sie war irgendwie verzerrt. Sie arbeiteten sich weiter vorwärts. Gleich darauf vertiefte sich der Graben zu einer engen Schlucht, und rechter Hand erhob sich eine steile Felswand. Nachdem sie eine Biegung umrundet hatten, entdeckten sie eine kleine Lichtung, die höchstens drei Meter maß und in deren Mitte ein großer brauner Hund stand. Kira blieb überrascht stehen, der Hund starrte sie gelassen an.
Samm folgte ihr auf dem Fuß, entdeckte den Hund und fluchte.
»Was ist?«
»Hilfe!«, rief der Hund und setzte ein grässliches menschliches Grinsen auf. »Hilfe!«
»Zurück!«, zischte Samm, doch in diesem Moment stürzten zahlreiche weitere Hunde aus den Büschen hervor. Es waren muskelbepackte, schwere Ungeheuer, die ihnen gegen Brust und Rücken sprangen, um sie umzuwerfen. Samm ging unter dem Angriff zweier Tiere zu Boden, Kira konnte sich im letzten Augenblick abfangen und blieb auf den Beinen, erlitt aber eine tiefe Bisswunde im Arm. Ein anderer Hund zerrte an ihrem Bein und riss es zur Seite. Im Stürzen schoss sie wild um sich. Ein Hund wich mit einer großen blutenden Schulterverletzung kläffend zurück, doch ein anderer sprang sofort herbei und schnappte gierig nach Kiras Kehle.
»Samm, hilf mir!«, rief Kira. Scharfe Zähne bohrten sich in ihr Bein, ein anderes Tier biss ihr in die Schulter. Nur die dicke Reisejacke verhinderte, dass die Kreatur die Zähne tief in ihren Körper treiben konnte. Neben ihr scharrten und knurrten die Hunde, die Samm
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