Framstag Sam
bekannter Schriftsteller wurde. Er würde es halt in einem anderen Genre versuchen. Er würde alles schreiben, wenn es sich nur gut verkaufte… Seine Bekanntschaft mit Julie würde ihn bald sehr viel Geld kosten…
Noch heute abend würde er mit einem neuen Bestseller beginnen. Und wenn die Muse, wer immer sie auch sein mochte, Heinlein mit ihren ausgezeichneten Ideen geholfen hatte, warum sollte sie dann nicht auch ihm…
Sam stand auf, hielt Ausschau nach einer Telefonzelle und fing an, das Telefonbuch durchzublättern. (Etwas anderes hätte er in einer Telefonzelle auch schwerlich umblättern können.)
Dann fand er den Namen der Dame, denn eine Dame war sie wirklich. Sie hatte sogar einen hervorgehobenen Eintrag und wohnte in einem exklusiven Viertel im Osten der Stadt.
»Nehmen Sie doch Platz«, sagte die Muse. Sie sah ganz anders aus, als Sam sie sich vorgestellt hatte: eine Dame von unschätzbarem Alter (etwa um die fünfzig) mit strengem Blick, grauem Haar und einer dicken Brille.
»Womit kann ich Ihnen dienen?« fragte sie, nachdem sie Sam auf einen unbequemen Stuhl dirigiert hatte.
»Ich bin Schriftsteller«, sagte Sam.
Die Muse nickte. »Das behaupten sie alle. Haben Sie schon mal was veröffentlicht?«
»Aber gewiß«, sagte Sam beleidigt und zählte die Titel seiner Werke auf.
Die Muse runzelte die Stirn. »Science Fiction, was?« fragte sie mißtrauisch.
Sam konnte es nicht leugnen.
»Eine traurige Geschichte, junger Mann. Eine traurige Geschichte. Ich habe Science Fiction immer geliebt. Ich konnte diesen Leuten immer ausgezeichnete Ideen verkaufen, wissen Sie?«
Sam seufzte.
»Aber jetzt – gewöhne ich mich allmählich an den Gedanken, mich aus dem Berufsleben zurückzuziehen«, sagte die Muse melancholisch. »Es werden immer weniger, die bei mir nach Ideen anfragen… Leuten, die Kriminalromane schreiben, kann man fast gar nichts verkaufen. Dasselbe gilt für Verfasser psychologischer Romane…«
»Wir müssen uns damit abfinden«, sagte Sam betroffen. »Und das beste daraus machen.«
»Wie wahr«, sagte die Muse. »Aber kommen wir zur Sache. Was kann ich für Sie tun?«
»Ich bin verliebt«, sagte Sam.
Die Muse musterte ihn verwirrt. »Ach, so. Sie sind verliebt. Möchten Sie die Idee für ein Gedicht oder so was?«
»So einfach ist es leider nicht. Sehen Sie, liebe Frau, das Mädchen, das ich im Auge habe, gehört leider wohlhabenderen Kreisen an. Sie ist einen hohen Lebensstandard gewöhnt.«
»Ah, ich verstehe. Sie wollen also eine Menge Geld verdienen, um Ihre Chancen bei ihr zu erhöhen.«
»Das trifft den Nagel auf den Kopf. Wissen Sie, aus einem der Bücher meines seligen Freundes Heinlein erfuhr ich, daß er seine Ideen von Ihnen bezog…«
»Ach ja, Heinlein. Ein netter Bursche, war immer so aufmerksam… Sie wollen also eine Idee. Eine gute Idee.«
»Genau.«
Die Muse durchwühlte mehrere Schubladen und kehrte schließlich mit einem dicken Aktenordner zurück.
»Sehen Sie sich das mal an.« Sie entnahm dem Ordner ein Blatt Papier und reichte es ihm.
Sam las. Es handelte sich um das Exposé einer netten Geschichte, die auch ein paar melodramatische Situationen aufwies und genügend Schmalz verarbeitete. Es würde sich verkaufen wie warme Semmeln und sicher auch das Interesse der Filmindustrie hervorrufen.
»Nein«, sagte Sam fröstelnd.
»Und das hier?«
Sie gab ihm ein anderes Blatt.
Sam las. Diese Geschichte behandelte einen ziemlich gruseligen Mordfall. Blut tropfte von dem Blatt und versaute den Fußboden.
»Liegt auch nicht ganz auf meiner Linie«, sagte Sam.
Nicht etwa, daß die Muse beleidigt gewesen wäre. jetzt zog sie drei zusammengeheftete Blätter hervor. »Dies hier ist meine Lieblingsidee«, bekannte sie. »Ich habe sie schon mehreren Schriftstellern angeboten. Obwohl ich sicher bin, daß derjenige, der sich an dieses Projekt heranwagt, sein Glück machen wird, hat sich bisher jedoch noch keiner getraut. Das Exposé hat allerdings seinen Preis. Ich verlange dreißig Prozent des Gesamthonorars.«
»Dreißig Prozent?« Sam zuckte zusammen.
»Ja. Das ist die Idee aber auch wert. Es ist beinahe unglaublich, daß vor mir noch niemand darauf gekommen ist. Und dabei liegt es doch völlig auf der Hand…«
Sam nahm die Blätter an sich und las sie durch.
Die Sache sah ganz interessant aus. Davon abgesehen, hatte Sam schon immer eine Schwäche für Geschichte gehabt.
»Die Geschichte des jüdischen Volkes«, sagte er sinnierend. »Mit Science
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