Framstag Sam
Mijnheer Deleu war nicht daheim.
Frustriert kehrte Sam in sein Dachkämmerchen zurück. Er war nicht einmal überrascht, als er an seinem Radio zwei grüne Marsmännlein herumfummeln sah.
»Hallo«, sagte Sam leutselig.
»Hallo«, erwiderten die beiden Marsmännlein freundlich.
»Habt ihr irgendwelche Schwierigkeiten?« »Wir schaffen das schon«, sagte das häßlichere der beiden Marsmännlein mit einem breiten Lächeln. »Du hast doch nichts dagegen, wenn wir dein Radio mal eben für ein Ferngespräch zum Mars benutzen?«
»Aber keinesfalls«, sagte Sam. »Über euch schreiben darf ich aber jetzt nicht mehr.«
»Ein Glück«, sagte das weniger häßliche Marsmännlein. »Es ist sowieso schon zuviel über uns geschrieben worden. Die Leute fangen schon an, nicht mehr an uns zu glauben.«
»Genau«, erwiderte Sam. »Das gleiche gilt übrigens auch für mich.«
»Nichts könnte uns glücklicher machen«, sagten die Marsmännlein im Chor. Sie gaben Sam die Hand und legten mit ihm ein Tänzchen aufs Parkett.
Danach ging Sam schlafen. Er hatte einen traumlosen Schlaf und wachte erst zu jener (der wahren Natur des Menschen entsprechenden) Stunde wieder auf, in der die Sonne durch das Oberlicht knallte und den nun von Marsmännlein freien Raum in gleißende Helligkeit tauchte.
Draußen tirilierte eine Amsel. (Man soll Traditionen schließlich die Ehre erweisen.) Sam sprang aus dem Bett und jauchzte: »Framstag!« Heute würde sein Rendezvous mit Julie stattfinden. Er machte einige Kniebeugen, meditierte unter Zuhilfenahme des Worts ›Om‹ (das seine Hochstimmung jedoch auch nicht weiter erhöhen konnte), wusch sich ausgiebig und verlachte die gewöhnlichen Sterblichen, denen nichts Besseres einfiel, als einen solchen Tag einfach nur als Sonntag zu bezeichnen. Dann trank er eine Tasse Kaffee und verfluchte die Marsmännlein, die vergessen hatten, die Rückenplatte seines Radios wieder anzuschrauben. In Zukunft mußte er diese Brüder besser im Auge behalten.
Um zehn Minuten vor acht stand Sam linkerhand von Klaus' Denkmal, hielt einen Blumenstrauß in der Hand und kam sich wie ein Idiot vor. Um viertel nach acht stand er immer noch da und fand das ganz normal.
Um neun Uhr fand er die Situation schon etwas weniger normal und kam sich vor wie ein Vollidiot.
Um halb zehn fing er an, vor sich hinzufluchen. Die Blumen, die auch nicht mehr allzu frisch aussahen, flogen – wie auch seine leere Zigarettenschachtel – in einen Abfalleimer. Kurz darauf folgte das Gedicht der Muse.
Fünf nach halb zehn. Die ganze Welt – aber ganz besonders Julie verwünschend, steuerte Sam das nächstbeste Lokal an und soff sich die Hacken voll.
Um zwei Uhr nachts stieß Lode von der Volksgazet im gleichen Lokal auf Sam. Lode war Vollblutjournalist. Der Sonntag war sein Hippiejagdpartytag. Gott, welch ein Wort. Hippiejagdpartytag. Auf den zweiten Blick ist es vielleicht doch nicht so übel.
Was Lode sah, war ein Bild des Schreckens.
Sam stand auf einem Stuhl, schwankte heftig hin und her und unterhielt die anderen Gäste mit einer Rede.
»Es sind diese dreckigen Kapitalisten«, lallte Sam, »die einen Narren aus uns machen!«
Lautes Gelächter brandete auf.
Lode machte es sich gemütlich. Vielleicht konnte er aus dieser Geschichte eine hübsche Story für die Morgenausgabe machen.
»Jawohl!« brüllte Sam. »Sie haben nämlich einen Framstag! Und das ist sehr verdächtig, meine lieben Proletarierfreunde!« Er hatte einige Mühe, das Wort richtig auszusprechen. »Und was ein Framstag ist, weiß ich nicht. Ihr etwa?«
»Nee!« brüllten die Umstehenden.
»Wir auch nicht«, sangen vier oder fünf auf dem Kronleuchter sitzende Marsmännlein.
»Es ist eine Tatsache«, fuhr Sam fort, »daß diese feine Dame sich mit mir am Framstag zu einem Rendezvous verabredet hat!«
Die Leute kicherten. Offenbar liebten sie öffentliche Beichten…
»Und wie kommt es, daß wir, die gewöhnlichen Sterblichen, nie etwas von der Existenz dieses Framstags erfahren haben? Ich sage euch, dieser Framstag ist ein ganz besonderer Tag, der den Reichen die Möglichkeit gibt, uns… äh… zu übervorteilen!«
Diese Idee wurde mit starkem Beifall bedacht. Daß die Reichen sie übervorteilten, schien dem Publikum zu gefallen.
»Wieso kämpft ihr dann überhaupt für die Fünftagewoche, wenn die Reichen einen Framstag für sich ganz allein haben, häh?«
Das Publikum gab Sam noch ein Bier aus. Er stürzte den Inhalt des Glases hinab,
Weitere Kostenlose Bücher