Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
Friedrich Merz? Besuch ihn doch im Sauerland! Der freut sich!» – «Hm?» Norbert tut so, als hätte er seine Frau akustisch nicht verstanden. Merz besuchen! Das fehlt noch. Der zeigt einem doch nur seinen blöden Bierdeckel mit der Steuererklärung drauf und erzählt zum tausendsten Mal, wie die – Zitat Merz – «olle Stalinistin Merkel ihn damals hinterrücks abserviert hat». Und am Ende würden sie dann in Fritzens Partykeller sitzen und Dart-Pfeile auf Merkel-Autogrammfotos werfen. Absolut würdelos. Genau wie Koch und Wulff. Wieso glauben diese ganzen Angie-Opfer eigentlich, er wäre einer von ihnen? Unverschämtheit!
Sein Fall ist ja nun wirklich einmalig und mit den Geschichten dieser selbstmitleidigen Verlierer null zu vergleichen! «Norbert Röttgen war nur noch Zentimeter vom Kanzleramt entfernt, also von seiner eigentlichen Berufung!», denkt Norbert Röttgen, der in Gedanken von sich oft in der dritten Person spricht. Die Kanzlerschaft zum Greifen nah. Und dann geht alles durch den Schornstein. Wegen Düsseldorf! DÜSSELDORF! Hat irgendwer ernsthaft geglaubt, ein Norbert Röttgen würde auch als Oppositionsführer freiwillig in diesem stinkenden Bundesland arbeiten? Lächerlich.
Bei Plasberg salbadert Altmaier gerade irgendwas von «Nachhaltigkeit». Hat er dieses Wort nicht auch erfunden? Hm. Oder war das doch jemand von den Grünen? Egal.
Es klingelt. Der Fast-Kanzler will aufstehen, doch Ebba ist schneller an der Haustür. Selber schuld. Sind sowieso wieder nur die Blagen aus der Nachbarschaft. Seit sich rumgesprochen hat, dass er jetzt meistens zu Hause bleibt, werden hier in einer Tour Klingelstreiche gespielt. Vor kurzem ist der drahtigste Ex-Umweltminister in der Geschichte der deutschen Ex-Umweltminister mal aus Prinzip hinterhergerannt und hat so einen kleinen Bengel am Schlafittchen gepackt. Dem hat er aber dann erst mal einen astreinen Vortrag gehalten! Über sinnlosen Stromverbrauch durch Terrorklingeln, über Speicherkapazität und fehlende Trassen. Schade, dass der Junge kein Wort verstanden hat. Russischer Spätaussiedler. Aber dem Norbert ging’s ja nur ums Prinzip: Endlich mal wieder irgendwem irgendwas erklären.
Gott, wie ihm das fehlt! Seine stundenlangen Referate am Kabinettstisch. Junge, Junge, was hat er manchmal den anderen Ministerdarstellern, diesen Pappkameraden, für ein Zahlenfeuerwerk um die Ohren gepfeffert. KEINER war so gut vorbereitet wie er. «Auch nicht in Talkshows!», fügt Röttgen im Geiste hinzu, während sich Altmaier bei Plasberg den Schweiß von der wulstigen Stirn wischt. «Warum mögen die Leute DEN?» Da ist sie wieder. Die Frage, die in seiner tiefsten Wunde bohrt. Was sollte bloß das ganze Gelaber von seiner angeblich fehlenden Volksnähe?
Zugegeben, es war schon hart für ihn im NRW-Straßenwahlkampf. Wie diese Elendsgestalten in den Fußgängerzonen an einem rumfummeln. Ist man etwa schon elitär, nur weil man sich vor so was ekelt? Ja wer weiß denn, wo diese ganzen Zombies ihre furunkulösen Pfoten hatten, bevor man sie ihnen drücken muss? Wie oft hat sich der Kanzler der Herzen am Ende solcher Horrortage die Hände mit Sagrotan geschrubbt. Ein Albtraum. Mal ganz abgesehen von den Bratwürsten, die man sich an den CDU-Ständen in diesen Kuhdörfern immer reinwürgen soll. Aber so ist das heute in Deutschland. Wer keine Lust hat, mit dem «Volk» geschredderten Schweineanus von Papptellern zu fressen, der ist natürlich ein totaler Snob.
Wahlkampf ist halt nicht seins. So what? Dafür hat er Ahnung. Und wenn sich in ein paar Jahren rausstellt, dass das mit den regenerativen Energien so nicht funktioniert, kommen sie natürlich alle wieder schön bei ihm angeschissen! «Du, Nooorbert, was machen wir denn jetzt?!» Verdammt, das hat er ja gar nicht gedacht, sondern laut gesagt. Gleich streckt Ebba wieder den Kopf ins Wohnzimmer und fragt, was los ist …
Gott sei Dank, sie hat nicht zugehört. Vielleicht sollte er doch noch zur Sitzungswoche nach Berlin fliegen. Andererseits – wozu? «Streber» haben sie ihn genannt! «Na, wer ist jetzt der Streber?», ruft Röttgen halblaut, schaut demonstrativ weiter Plasberg und öffnet den zweiten Hemdknopf. Altmaier sagt im «Hart aber fair»-Studio zu Claudia Roth, dass er «in dem Punkt mit der Kanzlerin komplett übereinstimmt». «Na toll. Das hat Deutschland ja gerade noch gebraucht», durchfährt es den wortgewandtesten Ex-Umweltminister in der Geschichte der deutschen Ex-Umweltminister. NOCH
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