Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)
Herzen trage.
Was also sagten mir die bestürzenden Rechercheergebnisse über meine Klientin? Konnte ich ihr überhaupt ein Wort glauben, oder war sie ein klassischer Borderline-Patient? Für Letzteres gab es zumindest Indizien. Wie zum Beispiel das Buch, das S. erst vor kurzem auf den Markt gebracht hatte. Titel: «Danke, emanzipiert sind wir selber». Leider bin ich irgendwo in der Mitte des Vorworts eingenickt, aber dem Klappentext konnte ich entnehmen, dass S. in diesem seltsamen Schmöker die ganze Vereinbarkeit von Kind und Beruf zur Privatsache erklärt. Wenn Mütter beispielsweise Teilzeit arbeiten wollen, dann müssten sie das individuell und «privat» mit ihrem Chef «aushandeln». Was die Kritiker zu der sehr berechtigten Frage geführt hatte, wozu wir dann eigentlich ein Frauenministerium brauchen. Ganz genau: S. hatte es fertiggebracht, ein Buch zu schreiben, in dem sie ihr eigenes Amt für überflüssig erklärt. Wie zum Teufel kam man auf so eine Idee? Also tatsächlich Borderline? Oder gab es doch eine Verschwörung gegen das Mädchen? Und wenn ja, wer steckte dahinter?
Eine Woche später hatte ich alle Antworten.
Von wegen Verfolgungswahn! S. hatte in der Tat einen äußerst mächtigen Feind. Gründliche Detektivarbeit war am Ende auch in diesem Fall der Schlüssel. Präzise gesagt: die nächtliche Überwachung des Parkplatzes vor dem Familienministerium. In der dritten Nacht erwischte ich dort nämlich keine Geringere als Ursula von der Leyen, die gerade dabei war, Fischsud in die Lüftungsschlitze des Dienstwagens von S. zu kippen.
«Den Geruch kriegt sie nie mehr aus der Karre», knurrte die ertappte Arbeitsministerin mit verblüffend wenig Reue in der Stimme.
«Aber warum? Warum? Was hat Ihnen S. bloß getan?», fragte ich von der Leyen fassungslos.
«Getan?», gab die Betonfrisur ungerührt zurück. «Lesen Sie eigentlich ab und zu mal Zeitung? Die Trulla wirft mit ihrer Politik die Frauenbewegung um Jahrzehnte zurück. Außerdem: Seit ich den Job als Bundespräsidentin nicht gekriegt hab, kann ich in dieser Drecksstadt nichts mehr werden, aber EINS kann ich noch – der Kleinen das Leben zur Hölle machen!»
Ein toughes Chick, die Uschi. Und eins, das man nicht zum Feind haben möchte. So gesehen tat mir S. jetzt fast schon leid. Am Morgen wollte ich ihr erzählen, wer hinter allem steckte.
Aber dann dachte ich an die «Flexi-Quote» und gab von der Leyen wortlos ihren Fischsud zurück.
14. AXEL SCHULZ
Der Fackelmann
Seine Finger gleiten über die Tasten. Draußen heult der Brandenburger Herbstwind. Schuberts «Moments musicaux» passen wunderbar zu dieser Stimmung. Er hat die Stücke immer geliebt, wird ihnen aber dem eigenen Empfinden nach selten gerecht. Auch heute nicht. Frustriert steht er vom Flügel auf und erinnert sich spontan an ein Zitat des großen Pianisten Alfred Brendel, das er unlängst in einer Fachzeitschrift gelesen hat: «Musik kann dramatisch sein und lyrisch. Bei einer guten Komposition ist immer auch der Verstand da. Der Verstand ist der Filter», hat Brendel gesagt.
«Aber stimmt das eigentlich?», denkt Axel und schaut nachdenklich aus dem Fenster. Seine Freundin kommt aus der Bibliothek.
«Woran denkst du gerade, Axel?»
«Ach, weißt du, Liebes, ich dachte nur, dass die Musik vielleicht die einzige Kunstform ist, die sich der Analyse entzieht. Die sich etwas zutiefst Mysteriöses bewahrt.»
Plötzlich hat er eine fabelhafte Idee für ein neues Gedicht. Doch das muss warten. Er hat ja heute noch diesen unseligen Termin.
Eine Stunde später trägt er eine Mütze mit der Aufschrift «Fackelmann» und sitzt vor einer grünen Wand im Studio der «ultimativen Chartshow». Jemand ruft: «Und bitte!»
Axel schaut in die Kamera und sagt: «Jut, die ham nich selber jesungen! Aber weeßte was: Ick fand Boney M. trotzdem knorke!»
Dann bittet ihn der Regisseur, den Refrain von «Daddy Cool» laut mitzusingen.
Wie es in ihm drin aussieht, wird nie jemand erfahren.
13. BETTINA WULFF
Eigenständiger Begleitservice von sich selbst
Bettina Wulff möchte als eigenständige Person wahrgenommen werden, deshalb verklagt sie jeden, der behauptet, sie hätte bei einem Begleitservice gearbeitet. Denn sie ist mehr als eine Begleiterin. Bettina Wulff möchte sogar verbieten, dass die Medien verbreiten, es handle sich dabei nicht um die nachgewiesene Wahrheit, sondern nur um ein Gerücht. Das alles möchte Bettina Wulff, daher ließ sie ein Buch schreiben,
Weitere Kostenlose Bücher