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Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition)

Titel: Frank Bsirske macht Urlaub auf Krk: Deutsche Helden privat (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Welke , Dietmar Wischmeyer
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was achten – oder, noch besser, gleich ’ne hübsche Gewerkschafterin, am besten mit Migrationstapete, da gibt’s ja auch hübsche unter denen, nicht wahr. Und wenn die Männer was Wichtiges zu besprechen haben, können die Actimel-Ladys ja auf dem Flur über ihre Verstopfung tuscheln.

11. GÜNTER GRASS
    Das Schweigen der Synapsen
     
    Seit Jahren versuchen uns die Medien das Alter madig zu machen: Wir alle werden pflegebedürftig, kriegen dauernd Krebs, es sind nicht genug Moneten da für staatlich geprüfte Rollatormechanikerinnen, und wenn wir als Leiche zu fett sind, fliegt das Krematorium in die Luft. Bei all diesem erwartungsgemäßen Horror ist der Segen des Alters etwas in Vergessenheit geraten – und es bedurfte eines intellektuellen Taschenbuchs namens Günter Grass, um ihn uns in Erinnerung zu rufen.
    Als Greis darf man argumentationsbefreit rumstänkern, nörgeln und Kinder mit dem Spazierstock vermöbeln. Herab vom sicheren Plateau der eigenen Gebrechlichkeit scheißt man auf die Welt, auf Anstand und Moral, lässt den lieben Gott einen albernen Popanz sein und freut sich auf das kühle Grab. Hat man keine Enkel oder Schwiegertöchter in greifbarer Nähe, auf denen man rumhacken kann, und ist jedoch eine Person öffentlicher Wahrnehmung, kann man in großem Stil den Mitmenschen vor den Koffer scheißen.

    «Solange Opa Pilze putzt, schreibt er wenigstens keine Gedichte gegen Israel», äußerte sich die Betreuerin genervt gegenüber dem Besucher.
    Ein paar Zeilen sind ruck, zuck zusammengekritzelt, noch ’ne Prise Aufregervokabeln hinzugefügt, allerdings besser nicht «Mohammed» und «Atombombe», um nicht die letzten Tage in einem Lübecker Panic Room verbringen zu müssen, und schon ist das Machwerk vollendet. Das Ganze nennt man sicherheitshalber «Gedicht», damit die Trottel aus dem Feuilleton drauf anspringen und sogar die Politschnulzen-Muräne Wolf Biermann aus ihrer Höhle züngelt. Sehr klug gewählt von unserem Günter ist nicht nur das Rezeptionsumfeld, auf dem sich die moralische Eitelkeit seit jeher sonnt, nein, auch der Gegenstand des Anpissens: Israel und Juden sind da erste Wahl, weil auf dem Fuße beleidigt, und haste nich gesehen, braust ein Ruf nach Antisemitismus zum Rhein, zum Rhein, zum deutschen Rhein – wer will da noch des Stromes Hüter sein? Der Israeli greift auch nicht gleich zur Uzi oder hängt sich den Selbstmordgürtel um die Hüfte, wenn man mal ein bescheuertes Gedicht raushaut – der verhängt nur ein Einreiseverbot, wie niedlich ist das denn? Gegen Israel stänkern ist ein bisschen wie Mädchen ärgern auf dem Schulhof, wenn man sich an die richtig bösen Jungs nicht rantraut.
    Aber was soll man machen als gebrechlicher Greis, da ist man froh, wenn man überhaupt noch einen ärgern kann. Was aber wird aus uns, wenn wir einmal so im Geiste vermodert sind wie Günter Grass heute und sich niemand mehr über uns aufregt, wenn wir gequirlte Kacke in freie Rhythmen gießen? Dann kann man nur hoffen, dass Kai Diekmann noch seinen Anrufbeantworter scharf gestellt hat, damit man wenigstens den vollkotzen kann.
     
Kurz erklärt: Gewissen der Nation
Früher waren’s nur die Schriftsteller, heute sind’s die Liedermacher, Fußballer, Fernsehmoderatoren, Rockmusiker – sie alle sind flugs mit dem Stift zur Hand, wenn es gilt, ein Pamphlet zu unterschreiben, das Missstände in der Republik anprangert: Abschiebungen, Startbahnen, Brennelementtransporte oder Datenspeicherung. Je häufiger das geschieht, desto stumpfer wird das Schwert. Etwas mehr Arbeit machen sich da immer noch die Literaten, da reicht die Unterschrift nicht aus, da wird ein offener Brief verfasst oder aus irgendwas ausgetreten (der SPD, der Gewerkschaft, dem ADAC oder dem Teckelclub) – aus Protest selbstverständlich. Wenn man das oft genug macht und alt genug ist, wird man zum «Gewissen der Nation» und kann sich für oder gegen jeden Mist einsetzen. Mehr kann man in Deutschland nicht erreichen.

10. RENATE KÜNAST
    Wer war das denn noch mal?
     
    Renate Künast guckt in den Badezimmerspiegel. Sie kratzt sich an der Nase, aber im Spiegelbild passiert nichts. «Scheiße», denkt sie sich, «schon wieder aus Versehen auf das Frankensteinposter geschaut, ich sollte das Mistding endlich woanders aufhängen.» Renate Künast findet sich tough, wenn sie so zu sich ist. Einfach gnadenlos, so unweiblich wie irgend möglich. Wenn Renate Künast sich selber beschreibt, dann sagt sie von sich, sie sei der

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