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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Brunnen? Dort, wo sich die Frauen versammeln würden. Mein Blick wanderte über noch mehr wohlfrisierte, auf Hochglanz polierte Soldaten hinweg in Richtung der Frauen. Aus irgendeinem Grund stimmte etwas nicht mit diesem Ort. Vielleicht fehlte irgendwas? Ich setzte meinen Weg fort und suchte weiter nach dem Grund, weshalb es mich so erschreckte, in Jerusalem zu sein.
    Die Straßen verhedderten sich miteinander, bis nach kurzer Zeit jeder Schritt zu einer gemeinschaftlichen Anstrengung wurde, da immer mehr Menschen sich ins Gedränge mischten. Männer, Frauen, teils alt, teils in den besten Jahren, füllten die Durchgänge - aber etwas fehlte. Nach einer Ansammlung von Frauen Ausschau haltend, drängte ich weiter.
    Die Buden begannen zu öffnen und ihre Waren aus dem Meer, den Bergen, der Wüste und den Ländern jenseits der
    Wüste feilzubieten. Die Händler nahmen ihre Geschäfte auf und zogen immer mehr Kunden aus dem Pulk, der sich durch die Straßen wälzte. Die Hausierer hoben an zu rufen, und zwar die gleichen Verkaufssprüche, die wahrscheinlich von diesem Tag an bis ins Jahr 1996 in diesen Straßen zu hören sein würden.
    Ein Suk blieb ein Suk blieb ein Suk.
    Und doch fehlte etwas. Es war ein gespenstisches Gefühl, das noch über die alltäglichen Sorgen hinausging, die ich mir bei meinen Gedanken um und Gebeten für Cheftu machte.
    Irgendetwas war hier total bizarr.
    Ich sah mich um; vielleicht kam das Gefühl daher, dass dies mein erster Tag als aknegeplagte und sommersprossige Brünette war?
    Wir gingen immer noch bergauf; das spürte ich in den Beinen. Als wir den Markt durchquert hatten, waren die meisten Menschen aus der Menge gefiltert worden, sodass dahinter nur noch ein Rinnsal blieb. Bald spazierte ich fast allein eine Straße entlang. Wie sollte ich mich nur als Brunnenmagd anbieten, wenn ich nicht mal den verfluchten Brunnen fand?
    »Isha bay’b’er!«, rief jemand.
    Erst beim zweiten Rufen begriff ich, dass ich damit gemeint war; die Frau rief nach einer Brunnenmagd, auch wenn ihr Ruf wie »Bier« klang. Strauchelnd machte ich kehrt und dachte dabei insgeheim, dass »Grazie« ganz eindeutig nicht zu meinen herausragenden Eigenschaften zählte. Den Krug balancierend, der sich auch nach einer Woche Training noch wie ein kleiner Wolkenkratzer auf meiner Schulter anfühlte, sah ich an ein paar Steinhäusern nach oben. Im strahlenden Tageslicht wirkten die Fenster und Türen schwarz. Ich suchte nach der Quelle des Rufes.
    »Isha!«, war die Stimme erneut zu hören. Schließlich entdeckte ich eine winzige Frau. Sie stand tief gebückt und auf einen Stock gestützt da. Ich trat näher, woraufhin sie erneut winkte. Irgendwie kam sie mir vage vertraut vor. Nicht wegen ihrer Haltung, sondern wegen der glänzenden, rabenschwarzen Augen.
    Ein Schauder lief über meinen Rücken, doch ich neigte respektvoll den Kopf.
    »Ich brauche Wasser«, erklärte das winzige Wesen mit kräftiger Stimme. »Wenn du mir dann noch das Getreide mahlst, darfst du auch mein Brot essen. Sprich, Mädel.«
    »B’seder«, antwortete ich, wobei ich mir Mühe gab, meinen schweren Akzent zu verschlucken.
    »Sind wir uns einig?«, fragte die Alte.
    Ich nickte, und die Alte, deren Gesicht kaum zu sehen war, runzelte die Stirn. »B’seder. Und jetzt geh Wasser holen«, brummelte sie. »Was für ein Unfug, dass die Männer bestimmen, wo die Brunnen hinkommen, schließlich müssen wir Frauen mit ihren idiotischen Plänen leben, denn wir müssen das Wasser holen. Viele von uns in Jebus können unsere Krüge nicht mehr füllen, ganz zu schweigen davon, dass wir sie die steilen Wege hinaufschleppen könnten. Wir sind einfach zu alt«, meinte sie traurig. »Es fehlen die Jungen.« Dann schniefte sie und fixierte mich mit ihren strahlenden Augen. »Weißt du, wo der Brunnen ist?«
    Ich schüttelte den Kopf - als wäre ich nicht aus genau diesem Grund hier! -, und die Frau begann mir den Weg zu beschreiben:
    »Du gehst in Richtung Stadttor. An der Rehov haLechem, dem K’vish-Basar und der Rehov Shiryon vorbei.« Mein Lexikon blendete Bilder in meinen Kopf ein: die Straßen der Lebensmittel, der Metzger und der Bäcker. Mein Magen begann augenblicklich zu knurren, während eine Dallasversion ähnlicher Etablissements durch meinen Kopf zog.
    La Madelaine, Ozona’s und - der Laden mit den Schweizer Offiziersmessern?
    »Links wirst du ein kleines Haus mit einem Metallgitter sehen. Du gehst durch das Gitter in einen Gang.« Ihre

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