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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Waqi«, sagte sie. »Mein Mann ist Kaufmann und auf Reisen. Würdest du ... gern zum Zenit das Brot mit mir teilen?«
    »Wie viel Wasser brauchst du?«, fragte ich. Mittlerweile hatte ich gelernt, dass die Frauen der Jebusi nur sehr indirekt um meine Dienste baten, normalerweise in der Form einer freundlichen Einladung.
    »Lo, lo. Du sollst mir nur Gesellschaft leisten«, sagte sie. »Ich werde eine Sklavin zum Wasserholen schicken.«
    Ich blinzelte die Tränen zurück. Wie lange war es her, seit ich mit jemandem gesprochen hatte, der einfach nur mit mir zusammen sein wollte und nicht sofort fragte, was ich für ihn tun konnte? »Todah, aber gern.«
    »Mein Haus liegt abseits des Platzes an der Rehov Abda«, sagte sie. »Ich erwarte dich dort.«
    Auf dem Weg zu ihrer Wohnung an der Rehov Abda fiel mir auf, dass ich vieles noch nicht begriffen hatte. Zum einen war die Rehov Abda das Gegenstück zum Highland Park in Dallas; reich, aufgemotzt und auf Äußerlichkeiten bedacht. Selbst die Sklaven wirkten hier hochnäsig. Zum Zweiten war Waqis Mann niemand anderer als der Bronzelieferant für fast alle Handwerker. Die beiden gehörten zur High Society.
    Was in aller Welt wollte sie mit mir? Meine Unsicherheit verstärkte sich zusätzlich, als ich von einem assyrischen Haushälter mit scheelem Blick von der Vordertür zur Hintertür geschickt wurde. Als ich hinten angekommen war, ließ man mich im Hinterhof Platz nehmen und warten.
    Plötzlich fiel mir wieder ein, was ich am Anzeigenverkaufen am meisten gehasst hatte: das Warten. Beinahe eine Stunde lang hockte ich dort in der Sonne und sinnierte, wie es Cheftu wohl ergehen mochte, als ich plötzlich von oben jemanden rufen hörte. »Isha!« Es war die Frau. Sie winkte und verschwand dann vom Fenster.
    Sekunden später wurde die Tür aufgerissen.
    »Ich habe gar nicht gewusst, dass du schon da bist!« Sie warf dem blöde glotzenden Assyrer an ihrer Seite einen zornigen Blick zu. »Komm herein, komm herein, wasch dir die Füße, erfrisch dich.«
    Sie setzte mich auf einen Hocker. Als ich mich vorbeugte, um meine Sandalen auszuziehen, begann sie zu tch’en.
    Eine Sklavin kniete vor mir nieder. Sie löste die Bänder meiner Sandalen und badete behutsam meine Füße, während eine weitere Sklavin ein kühles Getränk - eine Art Jogurt - und ein Tuch für mein Gesicht brachte.
    Das Gesicht konnte ich mir keinesfalls waschen, sonst würde ich meine aufgeschminkte Tarnung verwischen. Ich tupfte mich nur ein bisschen ab und sah dann zu, wie die Sklavin meine Füße abtrocknete. Waqi erwarte mich, erklärte mir die andere Sklavin. Ob ich die Güte hätte, ihr zu folgen?
    Wir stiegen die Treppe hinauf, eine dunkle, schmale Treppe in einem dunklen, schmalen Haus, allem Reichtum zum Trotz. Teppiche bedeckten Boden und Wände. Auf jedem Treppenabsatz standen leere Samoware. Überall stolperte man über Lampen, Armleuchter und Stehlichter. Schließlich traten wir auf das Dach, wo ein niedriger Tisch, umgeben von bunten Kissen, aufgestellt worden war.
    Ich fühlte mich an Daduas Palast erinnert.
    »Bitte«, lud Waqi mich ein, »setz dich und iss.«
    In der Sonne erkannte ich, dass sie jung war. Verdammt jung. Vielleicht fünfzehn? Und unglücklich dazu; ihre Augen waren vom vielen Weinen angeschwollen. Nur selten nahm sie die Hände aus der schützenden Position vor ihrem Bauch.
    Schweigend aßen wir zu Mittag: gedämpftes Getreide, Gemüsefladen, Gurken- und Zwiebelsalat in Gewürzessig, dazu tranken wir Wein.
    »Vielleicht möchtest du deinen Wein mit Wasser verdünnen«, schlug ich vor, »schließlich bist du -« Ich deutete auf ihren Bauch. Entsetzt beobachtete ich, wie Tränen in ihre Augen schossen. »Hakol b’seder«, plapperte ich hastig weiter, »ein wenig Wein wird dir nicht schaden, aber zu viel, also, das wäre nicht gut für das Baby, obwohl ich überzeugt bin, dass es deinem gut geht und so . ich meine .«
    Chloe, halt den Schnabel.
    Sie schluchzte schweigend. Ich ließ mein Brot fallen, krabbelte zu ihr hinüber, nahm sie in die Arme und wiegte sie. Die Frau krallte sich an mir fest und begann zu heulen, als hätte ihr jemand das Herz aus dem Leib gerissen. »Meine Eltern stammen nicht von hier«, schluchzte sie unter Tränen. »Mein Vater hatte keine Ahnung, was es für mich bedeuten würde, hier zu leben. Er hat es wirklich nicht gewusst. Sonst hätte er der Heirat nie zugestimmt .«
    Das löste die nächste Tränenflut aus. Armes Kind, dachte ich und strich ihr übers

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