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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Bedingungen erfüllt.« Ich sah Yoav wütend an; hatte er Dadua von seinem Schwur erzählt? Man konnte fast hören, wie alle den Atem anhielten. Ich schaute zu und wartete ab.
    »Erstens müssen die Gebote unseres Gottes befolgt werden. Er ist der einzige Gott unseres Volkes. Er wird der einzige Gott auf diesem Berg sein. Er allein ist höher als all die Hügel um uns herum. Über uns« - Dadua zeigte auf ein Plateau, das sich nördlich von uns erhob - »werde ich diesem Gott ein Haus erbauen, einen Platz auf Erden, an dem Er unter uns sein kann. Kein anderer Gott soll in dieser Stadt, in diesen Mauern, auf diesem Berg geduldet werden. Bis in alle Ewigkeit.«
    Der Tempelberg, o Gott. Der Tempelberg? Dort hatten seit Urzeiten fast alle Schwierigkeiten in Jerusalem ihre Wurzel, jedenfalls behauptete das mein Vater.
    Und hier hatte alles angefangen?
    Daduas Miene wurde kühl. »Die Opferung von Yeladim wird nicht mehr hingenommen. Nie wieder sollt ihr im Tal den Bauch Molekhs mit der Saat eurer Lenden füttern. Es wird in Jebus keinen Gott außer el feaShaday geben.
    Die zweite Bedingung ist folgende: Unser Brauch gebietet es, Witwen und« - Dadua kam kurz ins Straucheln, da es keine Waisen mehr gab - »ach, allen, die unter uns leben, Schutz zu gewähren. Sollte ein Mann aus unseren Stämmen sich euch nähern und euch zum Weib oder zu seiner Konkubine nehmen wollen, müsst ihr wissen, was sich geziemt.
    Er ist verpflichtet, einen vollen Monat für euch zu sorgen. Während dieses Monats haltet ihr Trauer um eure Familie, um eure Verwandten.
    Schert euer Haar, lasst eure Nägel wachsen und wisset, dass ihr einen Monat lang unter dem Schutz unserer Gesetze steht, um das zu ehren, was ihr verloren habt. Wenn er euch nach Ablauf dieser Zeit immer noch begehrt, kann er euch zur Frau nehmen, indem er euch erkennt. Er wird euch Kinder schenken, die ihr nicht töten werdet.«
    Mein Blick wanderte über die Frauen. Wir sind wirklich das stärkere Geschlecht, dachte ich. Die Männer haben es leichter, sie fallen in der Schlacht. Die Frauen müssen ganz von vorne anfangen, sie müssen sich zu ihren Feinden ins Bett legen, ihnen Kinder schenken, den alten Sitten abschwören und neue annehmen.
    War es die Sache wert gewesen? Tauschten sie dadurch die alten Ketten gegen neue ein? Mein Blick fiel auf die Kaufmänner, die Bauern, denen man das Leben geschenkt hatte.
    Wussten sie zu schätzen, was ihre Frauen getan hatten?
    Würden sie das neue Regime anerkennen?
    »Falls er nach dieser Zeit, nach diesem Monat, euch nicht mehr zur Frau nehmen will, ist er verpflichtet, euch ziehen zu lassen. Er kann euch nicht verkaufen, denn er besitzt euch nicht.« Gott sei Dank, dachte ich. Keine Sklaverei, kein Hal, kein Herim. Ich atmete gerade erleichtert aus, als seine Worte in mein Bewusstsein drangen. »Ihr könnt mitsamt eurem Besitz von dannen ziehen.«
    Aber er behält euer Haus, dachte ich. Ganz schön schlau, Dadua. Wirklich schlau.
    »Sollte er darauf beharren, euch zur Frau zu nehmen, darf er sich nie wieder von euch scheiden lassen, denn ihr wurdet unter Zwang verheiratet. Ihr steht unter dem Schutz der Gesetze unseres Landes und der Ehre dieser Stämme. Eure Kinder sollen erzogen werden wie jene Y’sraels, sie werden Shaday anbeten und sich mit den unseren verheiraten.«
    Daduas Blick wanderte über die Menge und kam endlich auf seinen Männern zu liegen. Sie antworteten im Chor: »Dein Wille geschehe.«
    Er nahm ihre Zustimmung mit einem Kopfnicken zur Kenntnis und sprach dann zu Yoav: »Wie du es wünschst.«
    Zorak ging direkt auf Waqi zu, zog sie in seine Arme und küsste sie. Es war eine zärtliche und liebevolle Geste, und sein Gesicht hatte denselben Ausdruck wie damals, als er ihr Kind zur Welt gebracht hatte, nur noch inniger.
    Die Frauen wurden wie Obst gepflückt, behutsam und vorsichtig. Ohne alle unflätigen Bemerkungen, ohne Grabschen. Die Frauen, deren Männer noch am Leben waren, blieben dicht neben ihren Gemahlen stehen und wurden von den Männern aus den Stämmen übergangen. Es war ein stiller, geschäftsmäßiger und seltsam unpersönlicher Akt. Ich achtete darauf, im Schatten zu bleiben - ich wollte nicht für eine Bewohnerin von Jebus gehalten werden, nur falls jemand nicht gewillt war, mein zugeschminktes Gesicht zu übersehen. Dann berührte ich mein Gesicht mit dem Finger und bemerkte, dass meine Farbe, die Schutzmaske aus vorgetäuschter Akne, abgewaschen war.
    In der Abenddämmerung wurden die Stadttore

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