Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
ich Meeresfrüchte.
    »Sie schwärmen aus wie die Bienen«, sagte er, wobei er die Hände parallel zueinander bewegte, um den Schwarm zu imitieren. »Dann bsss, raus aus dem Wald ihres Gottes und los auf unsere Männer! Bssss! Sie stechen uns immer wieder.«
    »Aber sie haben keine Pferde?«
    »In den Hügeln kann es den Tod bedeuten, Pferde zu haben«, erläuterte er mir langsam. »Sie bleiben stecken, sie können nicht Fuß fassen. Sie können nicht wie Bienen ausschwärmen. Die Hochländer haben nicht einmal gute Waffen.«
    »Wieso habt ihr dann solche Angst?«, fragte ich, während ich die Samenkerne aus meiner Feige lutschte.
    Er schenkte mir einen Blick, wie ich ihn früher meinen Eltern vorbehalten hatte, wenn sie sich so verstockt gezeigt hatten, dass es nicht mehr in Worte zu fassen war. »Bienen können töten, obwohl sie klein sind, obwohl sie winzige Stacheln haben, und zwar weil sie wild sind.«
    »Bienen? Sind wild?«
    »Hast du jemals versucht, einer Biene etwas wegzunehmen?«, fragte er mich.
    Nein, hatte ich nicht. Ich ging Bienen nach Möglichkeit aus dem Weg. »Sie schwärmen also aus und stechen euch«, sagte ich.
    »Außerdem haben sie einen mächtigen Gott, weswegen sie ihre Schlachten durch göttliches Eingreifen gewinnen. Ihr Gott ist mächtig, er ist gemein.«
    »Aber wieso, ich weiß es ja nicht, wieso verehrt ihr ihn nicht einfach auch? Wenn er mächtiger ist als Dagon?« Ich hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da dämmerte mir, dass meine Fragen an Blasphemie grenzten. Ich hielt den Atem an.
    »Ihr Gott lässt sich nur von den Hochländern verehren. Andere Völker will er nicht.«
    Ein Gott, der an einer Weiterverbreitung nicht interessiert war? Das war mir neu.
    »Darum geben wir uns Mühe, ihrem Hochland fernzubleiben, damit sie nicht in unser Tiefland kommen.« Er wandte den Blick ab. Sein Profil glich dem seines Bruders, mitsamt der hervorstechenden Nase. Im Gegensatz zu Yamir jedoch hatte er ein dazu passendes Kinn, dass sich bereits jetzt in sein Gesicht fügte. Er war ein Teenager, doch die typisch jugendliche Verlegenheit fehlte ihm. Seine Stimme war tief. »Sie sind so unaussprechlich, sie sind solcher Abfall, dass sie sogar unsere Teraphim verbrannt haben.«
    Womit wir wieder bei den Statuetten wären, dachte ich. Ich fragte mich, ob ich nicht einfach welche aus Lehm formen und uns damit eine Menge Schmerz und Leid ersparen konnte.
    »Wenn ihr Gott nicht will, dass ihr ihn verehrt, welches göttliche Zeichen hat er euch dann gesandt? Und wozu das Ganze?«
    Wadia grinste. Er erzählte zu gerne Geschichten. Auch wenn er der nächste Anwärter auf den Thron war, hatte er den Geist eines Gelehrten. Oder eines Hofnarren.
    Er setzte an: »Lifnay ...«
    Mein Lexikon hielt eine Karte hoch, auf der stand: »>Einst< oder >Es war einmal<.«
    »... war der Löwe, der nun in den Bergen jagt, nur ein kleines Kätzchen.«
    Wieso war kein Mensch mit einer Adresse im Nahen Osten zu einer kurzen und bündigen Antwort im Stande? Wenn man diesen Leuten die Metaphern nahm, würden sie wohl verstummen. Ich nickte Wadia aufmunternd zu.
    »Damals regierte ein anderer, Labayu. Er war der erste König, der die Hochländer einte. Er war sehr groß«, sagte Wadia. »Noch größer als du. Er führte sie gegen uns in die Schlacht und war damit einverstanden, dass ihr Bester gegen unseren Besten kämpfen sollte, um die Ehre der Hochländer an unserer Ehre zu messen.« Er zuzelte die Samenkerne aus seiner Feige.
    Ich versuchte, das Bild eines Lancelots mit eingelegter Lanze mit dem Bild eines Mannes im Schurz in Einklang zu bringen.
    »Das ist so Brauch bei uns«, führte Wadia aus. »Wenn bei jedem Krieg unsere gesamte Armee ausziehen würde, bliebe niemand mehr übrig, um die Frauen zu heiraten oder die Felder zu beackern. Die Pelesti würden aussterben.« Er zuckte mit den Achseln, dass die dünnen Schultern sich durch die Wolle seines Umhangs bohrten.
    Das klang sinnig. Mein größter und gemeinster Kerl kämpft gegen deine und alle anderen schauen zu. Weniger Ärger, weniger Beulen. Doch was taten die übrigen Soldaten solange?
    »Und was geschah?«, fragte ich.
    »Wir wählten den größten unter unseren Männern aus, unseren Besten, einen Riesen. Fünfmal ungeschlagen!« Er hob die Hand. »Fünfmal!«
    »Doch ihr Bester war noch besser?«
    »Ach! Sie wählten ein Kind! Einen kleinen Jungen, nicht älter als ich jetzt bin! Und kleiner als ich. Es war demütigend. Labayu wollte uns lächerlich

Weitere Kostenlose Bücher