Franka
Carstensen. Es mag sein, dass die Dohndorf in diesem Ton mit sich reden lässt. Bei mir unterlässt du das gefälligst. Was ist denn bloß in dich gefahren?«
Er nimmt drei große Schlucke aus dem Becher und knallt ihn laut auf den Tisch.
»Los komm. Ich will hier weg.«
Die Fahrt nach Hause verläuft schweigend. Ich bin noch immer beleidigt über den rauen Ton, den er in aller Öffentlichkeit mir gegenüber angeschlagen hat. Nach mehr als zwei Stunden macht der Rüpel endlich einen Versöhnungsversuch.
»Mir sind die Nerven durchgegangen, als ich euch beide dort zusammen stehen sah. Der Auszug bei Carina lief sehr unschön ab. Sie hat mir einiges an den Kopf geworfen und ich bin noch nicht bereit, einen normalen Umgang mit ihr zu pflegen.«
Ich weiß, dass das eine erbärmliche Lüge ist und nicht als Erklärung dafür herhalten kann, dass er seinen Jungen nicht einmal angesehen hat. Er will mich für dumm verkaufen. Nun gut. Es ist Heiligabend und ich werde seinen Wunsch respektieren. Allerdings nach den Festtagen ist Schluss damit. Dann wird er mir Rede und Antwort stehen.
Ansgar ist ein Meisterkoch. Wie er es schafft, für eine Gästeschar von zehn Personen ein so exzellentes Essen zuzubereiten, übersteigt meine Vorstellungskraft. Die kleine Sophie Therese ist noch vor der Bescherung eingeschlafen und somit hatte Knut mal wieder Recht. Die Mühe mit dem Papier hätte ich mir getrost sparen können. Ich unterhalte mich an diesem Abend nicht mit ihm, sondern lasse mir von Jette berichten, wie sie ihren neuen, jungen Begleiter aufgerissen hat. Der Bursche ist gute zwölf bis fünfzehn Jahre jünger als sie. Er ist bereits der dritte dieses Jahrgangs, den sie im ersten Semester abgeschleppt hat. Sie fragt mich, ob ich einen Aushilfsjob für sie hätte. Etwas auf 400 Euro Basis und ich verspreche, mal zu schauen, was möglich ist. Knut will wissen, ob er die kleine Prinzessin noch einmal zu sehen bekommt.
»Sei bloß still. Ich bin froh, dass sie nachts endlich durchschläft«, antwortet Tine.
»Und du Ansgar? Kannst du auch schon nachts durchschlafen? Oder hältst du noch immer Wache an ihrem Bettchen?«, zieht Heide ihren Sohn auf. Er rechtfertigt sich und spricht von der wichtigen Eltern-Kind-Beziehung, der unverzichtbaren Prägungsphase und gibt seine Fachkenntnisse über Kleinkindpsychologie zum Besten, als Tine ihn laut gackernd unterbricht.
»Ist gut, Doc. Es reicht. Sag einfach, dass du unsterblich in deine Tochter verliebt bist und alle wissen Bescheid. Du brauchst hier keine Vorträge zu halten. Suche dir lieber Zuhörer, die für deine Weisheiten bezahlen. Das hätte den Vorteil, dass du endlich mal wieder was in unsere Kasse beisteuerst.«
»Unsterblich verliebt bin ich nur in dich. Und wenn unsere Gäste ein wenig Taktgefühl haben, dann verabschieden sie sich langsam. Danach zeige ich dir, welche wichtige Rolle du in meinem Leben spielst.«
»Wehe, Ansgar. Ich will dieses Geschenk nicht. Noch nicht! Ich bin doch keine Gebärmaschine!«
»Ihr wollt noch ein Baby?«
»Nicht wir. Ansgar hängt mir damit seit Wochen in den Ohren.«
Bevor sich alle Gäste vom Tisch erheben und sich verabschieden, will Tine uns noch ihre neuen Sessel zeigen.
»Was sagt ihr? Wie gefallen sie euch?«
»Schön, wie alle deine Arbeiten.«
»Ihr seht keinen Unterschied?«
Jette und ich gehen um die Möbel herum und suchen nach einer Besonderheit. Finden aber keine.
»Das sind keine Originalsessel aus der Epoche, sondern Nachbauten. Ich habe eine kleine Tischlerei und Polsterei in der Nähe von Wismar aufgetan, die diese Modelle nach meinen Entwürfen exklusiv für mich fertigt.«
»Du gehst jetzt doch in Serie? Das wolltest du doch nie.«
»Ich habe keine andere Wahl. Die Nachfrage ist so groß, dass ich sie mit Originalen nicht mehr bewältigen kann.«
»Dann hättest du vielleicht einen Job für mich? So auf 400 Euro Basis?«
»Ja, Jette, Unterstützung kann ich dringend gebrauchen. Vielleicht kannst du für mich einige Auslieferungen übernehmen.«
Wir drei drücken uns noch einmal fest und dann geht es ab nach Hause.
Knut beschwert sich bei mir, dass ich ihm gegenüber den ganzen Abend so einsilbig war. Ich stimme ihm zu und sage, dass ich noch immer sauer auf ihn bin.
»Warum? Ich habe mich doch schon längst bei dir entschuldigt.«
»Das sollte eine aufrichtige Entschuldigung sein? Hör mir gut zu.
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