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Frankenstein

Frankenstein

Titel: Frankenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Wollstonecraft Shelley
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Nach mehreren Stunden kehrten wir ohne weitere Hoffnung um, und die meisten meiner Begleiter glaubten, es habe sich bei mir um ein Phantasiegebilde gehandelt. Nachdem wir gelandet waren, gingen sie daran, die Umgebung abzusuchen, und wandten sich gruppenweise in verschiedenen Richtungen in die Wälder und Weinberge.
    Ich wollte sie begleiten und entfernte mich ein kurzes Stück vom Haus. Doch in meinem Kopf drehte es sich, meine Schritte glichen denen eines Betrunkenen, zuletzt fiel ich in äußerster Erschöpfung zu Boden. Ein Schleier lag vor meinen Augen, und meine Haut glühte vor Fieberhitze. In diesem Zustand wurde ich zurückgetragen und auf ein Bett gelegt. Ich wußte kaum, was geschehen war: meine Blicke irrten durch das Zimmer, als suchten sie nach etwas, das ich verloren hatte.
    Nach einiger Zeit stand ich auf und schlich wie von einem Instinkt geleitet in das Zimmer, wo der Leichnam meiner Geliebten lag. Frauen umstanden ihn weinend, ich beugte mich über ihn und vergoß gemeinsam mit ihnen bittere Tränen – diese ganze Zeit über zeichnete sich in meinem Geist keine klare Vorstellung ab, vielmehr schweiften meine Gedanken zu verschiedenen Gegenständen ab und streiften wirr meine Schicksalsschläge und deren Ursache. Mich umhüllte eine Wolke von Bestürzung und Grauen. Wilhelms Tod, Justines Hinrichtung, der Mord an Clerval und jetzt an meiner Frau. Selbst in diesem Augenblick wußte ich nicht, ob meine einzigen noch übriggebliebenen Angehörigen vor der Bosheit des Unholds sicher waren, womöglich wand sich mein Vater eben jetzt unter seinem Griff, und Ernst lag tot zu seinen Füßen. Dieser Gedanke machte mich schaudern und rief mich zur Tat auf. Ich schrak empor und beschloß, so schnell wie möglich nach Genf zurückzukehren.
    Es waren keine Pferde zu bekommen, und ich mußte über den See zurück, doch der Wind stand ungünstig, und der Regen stürzte in Strömen herab. Es war jedoch ganz früh am Morgen, und ich konnte hoffen, bei Einbruch der Nacht anzukommen. Ich mietete mir ein paar Männer zum Rudern und übernahm selbst einen Riemen, denn ich hatte angesichts seelischer Qualen in körperlicher Ausarbeitung stets Erleichterung gefunden. Doch der überwältigende Schmerz, den ich jetzt empfand, und meine übermäßige Erregung machten mich zu jeder Anstrengung unfähig. Ich warf den Riemen hin, stützte den Kopf in die Hände und überließ mich der Kette düsterer Gedanken, die mich überfielen. Wenn ich aufblickte, sah ich die Landschaftsbilder, die mir aus glücklicheren Tagen vertraut waren und die ich erst am Tag vorher in Gesellschaft der Frau betrachtet hatte, die jetzt nur noch ein Schatten und eine Erinnerung waren. Tränen flossen mir aus den Augen. Der Regen hatte einen Augenblick nachgelassen, und ich sah die Fische im Wasser spielen wie wenige Stunden vorher, und da hatte Elisabeth ihnen zugesehen. Nichts ist für das menschliche Gemüt so schmerzlich wie eine große und jähe Veränderung. Die Sonne mochte scheinen, die Wolken mochten drohen: nichts konnte für mich dasselbe sein wie am Tag vorher. Ein Unhold hatte mir jede Hoffnung auf künftiges Glück entrissen. Kein Mensch war je so unglücklich wie ich; ein so grauenhaftes Ereignis steht in der Geschichte des Menschen einzig da.
    Doch warum soll ich bei den Geschehnissen verweilen, die auf dieses letzte erdrückende Ereignis folgten. Was ich zu berichten hatte, war eine Geschichte von Schrecknissen. Ich habe ihren Gipfelpunkt erreicht, und was ich jetzt erzählen muß, kann für Sie nur langweilig sein. Hören Sie also, daß mir nacheinander alle Angehörigen entrissen wurden; ich blieb verlassen zurück. Meine Kraft ist erschöpft, und ich muß mit wenigen Worten schildern, was von meiner gräßlichen Erzählung noch bleibt.
    Ich traf in Genf ein. Mein Vater und Ernst lebten noch, doch ersterer ging durch die Nachricht, die ich brachte, zugrunde. Ich sehe ihn vor mir, den trefflichen und ehrwürdigen alten Mann! Seine Augen irrten blicklos umher, denn sie hatten ihr Entzücken und ihre Freude verloren – seine Elisabeth, mehr als seine Tochter, an der er mit all der Liebe eines Mannes hing, der an seinem Lebensabend nur noch für wenige Menschen Zuneigung nährt und sich um so fester an die wenigen klammert, die ihm noch geblieben sind. Verflucht, verflucht sei der Teufel, der Jammer über sein graues Haupt brachte und ihn dazu verurteilte, sich im Herzeleid zu verzehren! Er konnte unter den Schrecknissen, die sich um

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