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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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Häßlichkeit zu
leiden haben könnte!
    Als die Sonne wieder wärmer und die Tage länger wurden, schmolz
der Schnee und hüllenlos standen die kahlen Bäume, lag die schwarze
Erde. Von da ab war Felix wieder mehr beschäftigt und ich hatte den
Eindruck, als schwände auch die drückende Not, die zur Winterszeit
dort geherrscht. Die Nahrung der Leute war grob, aber, wie ich
später erfuhr, sehr nahrhaft und gesund. Im Garten wuchsen mehrere
neue Arten von Pflanzen, die ich bisher noch nicht gesehen hatte,
und gediehen immer üppiger, je weiter die Jahreszeit
vorschritt.
    Jeden Tag nach Tisch ging der Greis, auf seinen Sohn gestützt,
spazieren, wenn es nicht regnete. Ich hatte unterdessen gelernt,
daß man das regnen nennt, wenn der Himmel seine Wasser
herniedersendet. Das geschah ziemlich
häufig; aber ein warmer Wind ließ die Erde immer wieder trocken
werden, und danach war es noch viel schöner als zuvor.
    Mein Leben verlief sehr gleichmäßig. Morgens sah ich meinen
Freunden zu, und wenn sie dann ihren verschiedenen Beschäftigungen
nachgingen, legte ich mich schlafen. Den Rest des Tages verbrachte
ich dann wieder in der gleichen Weise wie den Morgen. Wenn sie sich
dann zur Ruhe begeben hatten, ging ich, vorausgesetzt, daß der Mond
oder die Sterne die Nacht erleuchteten, in den Wald, um Nahrung für
mich und Brennholz für meine Freunde zu sammeln. Nach meiner
Rückkehr reinigte ich dann, wenn es nötig war, den Weg vom Schnee
und verrichtete Arbeiten, die sonst Felix besorgt hatte. Diese
Hilfe von unbekannter Seite erregte stets das Erstaunen der guten
Menschen, und mehrere Male hörte ich, wie sie bei solchen
Gelegenheiten ausriefen, »ein guter Geist« oder »ein Wunder«;
Worte, deren Sinn ich damals noch nicht begriff.
    Immer lebhafter beschäftigten sich meine Gedanken mit diesen
Menschen. Ich verlangte danach, auch ihre Gefühle kennen zu lernen;
vor allem wollte ich herausbringen, warum Felix so
niedergeschlagen, Agathe so traurig war. Ich dachte – Narr, der ich
war! – daß es vielleicht in meiner Macht stände, ihnen das Glück
wiederzugeben. Im Schlafen und im Wachen standen mir die Gestalten
vor den Augen, der verehrungswürdige alte Mann, das reizende
Mädchen, der schöne junge Mensch. Sie kamen mir vor wie höhere
Wesen, wie Götter, die über mein künftiges Schicksal zu entscheiden
hätten. Ich stellte mir tausendmal in meinem Innern vor, wie sie
mich wohl aufnehmen würden, wenn sie mich das erste Mal sähen. Ich
dachte mir, daß sie anfangs ja sehr erschrecken, dann aber,
gewonnen durch meine Güte und mein mildes Wesen, mir ihre Gunst und
schließlich ihre Liebe schenken müßten.
    Diese Gedanken munterten mich auf und veranlaßten mich, mit
gesteigertem Eifer mich dem Studium ihrer Sprache hinzugeben. Mein
Organ war hart, das ist wahr, aber es war auch biegsam. Wenn auch die Laute, die ich hervorbrachte, keinen
Vergleich aushielten mit dem Wohllaut ihrer Stimme, so vermochte
ich doch immerhin mich, wie ich glaubte, verständlich zu machen.
Jedenfalls verdiente ich, der ich doch die besten Absichten hegte,
etwas Besseres als Schläge und Verwünschungen.
    Unter den warmen Regenschauern und dem wohligen Wehen der
Frühlingswinde nahm die Erde allmählich ein ganz anderes Aussehen
an. Die Menschen, die sich vorher unter dem rauhen Atem des Winters
in ihre engen Wohnungen zusammengepfercht hatten, zerstreuten sich
in Feld und Flur, um sich dort verschiedenen Beschäftigungen
hinzugeben. Die Vögel sangen lieblich und überall grünte es an den
Zweigen. Glückliche, schöne Erde! Jetzt ein Wohnsitz für Götter,
und doch war sie noch vor kurzer Zeit traurig, öde und kalt. Auch
in meinem Innern wirkte der Frühling wohltätig; das Vergangene war
vergessen, die Gegenwart war ruhig und fröhlich, und die Zukunft
lag vor mir im goldenen Sonnenschein der Hoffnung und der
Freude.

Kapitel 13
     
    Aber nun zu dem interessantesten Teil meiner Geschichte! Ich muß
die Ereignisse berichten, die mich aus dem, was ich war, zu dem
machten, was ich heute bin.
    Immer schöner wurde es draußen und ein wolkenloser Himmel
spannte sich über die Erde, die nach langer Wintersnacht nun grün
und blühend geworden war. Tausend Wohlgerüche strömten auf mich ein
und mein Auge erfreute sich immer neuer Schönheiten.
    Es war einer jener Tage, an denen meine Freunde gewohnheitsmäßig
zu feiern pflegten – der Alte spielte auf seiner Zither und die
Kinder hörten ihm zu – als ich bemerkte, daß das Antlitz

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