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Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Titel: Frankenstein oder Der moderne Prometheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Shelley
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glühten seine schönen Augen vor Zorn, bald wurden
sie trüb oder schwammen in Tränen, wenn er so seine
Hoffnungslosigkeit und sein Elend schilderte. Zumeist war er Herr
seiner Stimme und seiner Geberden; manchmal aber kam doch seine Wut
zum Ausbruch und er schleuderte mit den Ausdrucke des wildesten
Hasses furchtbare Verwünschungen gegen seinen Feind.
    Die Geschichte ist zusammenhängend und wurde mit aller
Schlichtheit, wie sie nur der Wahrheit innewohnt, erzählt. Ich
gestehe Dir aber, daß mir die Briefe von
Felix und Safie und der Anblick des Ungeheuers, das wir ja vom
Schiffe aus gesehen hatten, mehr für die Wahrheit bewiesen als alle
seine Beteuerungen, denen ich unter anderen Umständen ohne weiteres
Vertrauen geschenkt hätte. Also ein solches Ungeheuer trug wirklich
die Erde? Ich kann nicht mehr daran zweifeln. Aber staunen muß ich
darüber. Oftmals versuchte ich, von Frankenstein Details über seine
Entdeckung zu erfahren, aber in dieser Hinsicht war er
unerbittlich.
    »Sie sind ja wahnsinnig, mein Freund,« sagte er, »oder sind Sie
so neugierig? Wollen Sie auch sich und der Welt einen solchen
satanischen Feind schaffen? Denken Sie daran, was ich darunter zu
leiden hatte, und versuchen Sie nicht, sich selbst solches Elend
aufzubürden.«
    Frankenstein hatte bemerkt, daß ich mir Aufzeichnungen über
seine Erzählung machte. Er bat mich, sie ihm zu zeigen und
verbesserte und ergänzte sie an manchen Stellen, besonders wo es
sich um das Leben des Dämons und um seine Gespräche mit ihm
handelte. »Ich möchte nicht,« sagte er, »nachdem Sie nun doch
einmal meine Geschichte der Nachwelt überliefern wollen, daß sie
verstümmelt an diese gelangt.«
    Eine Woche hatte es gedauert, bis diese Geschichte, die
seltsamste, die ich je gehört, ganz erzählt war. Mein Gast hatte
mir mit seinen Worten, aber auch durch sein vornehmes Wesen hohes
Interesse eingeflößt und ich versuchte ihn zu beruhigen. Doch was
half das, wenn ich einem tief Unglücklichen und jeglicher Hoffnung
Beraubten Freude am Leben predigte? Nichts; er hatte auch gar
keinen anderen Wunsch mehr, als sich in Ruhe und Frieden auf den
Tod vorzubereiten. In seinen Träumen hält er Zwiesprache mit seinen
lieben Toten und ist fest überzeugt, daß sie selbst es sind, die
aus den unsichtbaren Welten herüberschweben und ihm Trost
zusprechen. Dies gibt seinen Phantasien einen Schimmer von
Wahrheit, der zugleich erhebt und rührt.
    Unsere Gespräche beschränken sich aber nicht auf seine Lebens-
und Leidensgeschichte. Er ist auf allen Gebieten
außergewöhnlich bewandert und von hoher
Intelligenz. Er spricht überzeugend und klar. Was für ein
prächtiger Mensch muß er in den Tagen des Glückes und der Jugend
gewesen sein! Er scheint sich seines einstigen Wertes und der Tiefe
seines Sturzes wohl bewußt zu sein.
    »Als ich noch jung war,« sagte er, »glaubte ich für etwas Hohes,
Erhabenes ausersehen zu sein. Ich hatte eine tiefe Empfindung,
dabei aber doch eine Ruhe des Urteils, wie sie nicht alltäglich
ist. Dieses Gefühl meines eigenen Wertes stützte mich da, wo andere
längst unterlegen waren. Und ich hielt es für ein Verbrechen, in
fruchtlosem Grübeln die Talente verkümmern zu lassen, die meinen
Mitmenschen vielleicht von Nutzen sein konnten. Wenn ich darüber
nachdachte, was ich vollbracht, nämlich die Schöpfung eines
lebenden, denkenden Wesens, dann glaubte ich ein Recht zu haben,
mich über den großen Haufen der sogenannten Entdecker zu erheben.
Aber gerade dieser Umstand ist es, der mich heute am tiefsten
niederdrückt. All mein Sinnen und Hoffen war umsonst; und wie jener
Erzengel, der dem Allmächtigen Trotz zu bieten wagte, bin ich in
eine brennende, ewige Hölle verbannt. Ich trug den Himmel in mir,
ich jubelte über meine Erfolge und glühte vor Eifer, noch weiter zu
schreiten auf der einmal betretenen Bahn. Von meiner Kindheit an
war ich voll stolzer Hoffnungen und voll zügellosen Ehrgeizes. Wie
tief aber bin ich heute gesunken! Mein Freund, wenn Sie mich noch
gekannt hätten, wie ich früher war, Sie würden mich nicht mehr
erkennen. Verzweiflung war mir fremd, und ein großes, hohes
Geschick schien mir Flügel zu verleihen, bis ich tief, so tief
fiel, daß ich mich nicht mehr erheben kann.«
    Muß ich also wirklich dieses liebenswerte Geschöpf verlieren?
Ich habe mich so lange nach einem Freunde gesehnt, nach einem
Menschen, der mir in Liebe zugetan ist und mich versteht. Sieh, in
diesen endlosen Eiswüsten habe ich

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