Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
sagt Vince jetzt.
Was bedeutet, dass er einlenken will, denkt Frank. »Dann bis gleich, Vince.«
»Lass mir eine halbe Stunde Zeit«, sagt Vince. »Ich und meine Puppe, wir machen gerade Wellen , wenn du verstehst, was ich meine.«
»Ich verstehe nicht, was du meinst«, erwidert Frank. Und wer sagt heutzutage noch »Puppe«?
»Hat dir das Mäuseschwänzchen nichts erzählt? Ich bin auf einem Boot, hier in San Diego.«
»Einem Boot?«
»Einem Kajütboot. Ich hab’s gemietet.«
»Es ist Winter , Vince.«
»Ein Freund hat uns einen guten Preis gemacht.«
Der klassische Ganove, denkt Franz. Wenn er ein Schnäppchen wittert, greift er zu. Da haben wir also einen abgehalfterten Schutzgelderpresser auf einem Boot, das er nicht benutzen kann, weil es regnet.
Klassisch.
Er weiß schon, was als Nächstes kommt.
Und Vince enttäuscht ihn nicht. »Klopf nicht an die Tür, wenn das Schiffchen schaukelt«, sagt er.
»Trinkt euer Bier aus«, sagt Frank. »Wir fahren und bringen die Sache in Ordnung.«
Er geht in die Küche und holt einen Umschlag aus der Schublade. Im Wohnzimmer zählt er zehntausend Dollar ab, steckt sie in den Umschlag und verstaut ihn in der Innentasche seines Jacketts.
»Was soll das?«, fragt Mouse junior.
»Haben dir deine Eltern keine Manieren beigebracht?«, fragt Frank. »Zu Besuch kommt man nie mit leeren Händen.«
In diesem Sinne prüft er auch seine 38er und schiebt sie in den Hosenbund, hinten, unter den Mantel. Er guckt die beiden scharf an. »Habt ihr Kanonen?«
»Klar.«
»Absolut.«
»Die Hardware bleibt im Auto«, sagt Frank.
Als sie protestieren wollen, erklärt er ihnen: »Wenn die Sache in die Hose geht, was ich nicht glaube, aber es könnte ja sein, will ich nicht, dass ihr mir aus Versehen das Hirn rauspustet. Sollte da was eskalieren, werft euch aufs Deck und bleibt liegen, bis alles ruhig ist und ich euch sage, dass ihr aufstehen könnt. Wenn ihr mich das nicht sagen hört, dann deshalb, weil ihr tot seid, und dann ist es auch egal. Und überlasst mir das Reden. Capisce?
»Verstanden.«
»Absolut.«
»Hör auf, ›absolut‹ zu sagen«, sagt Frank. »Das nervt.«
»Abso –«
»Wir nehmen euer Auto«, sagt Frank. Wozu soll ich mein Benzin verbrauchen, denkt er, bei den Preisen heutzutage.
Selbst bei Regenwetter liebt Frank den Blick vom Hafen auf die City von San Diego. Die Lichter der Hochhäuser spiegeln sich rot und grün im Wasser, und am Horizont leuchtet die Coronado Bay Bridge am Nachthimmel wie das Brillanthalsband einer eleganten Frau.
Im Regen glänzt alles noch viel mehr als sonst.
Er liebt diese Stadt.
Hat sie immer geliebt.
Ohne Mühe finden sie einen Parkplatz und den Steg, woVenas Kajütboot festgemacht hat. Auf dem Schwimmdock erinnert Frank die beiden: »Überlasst die Sache mir.«
»Aber wir könnten helfen«, meint Mouse junior.
»Falls was den Bach runtergeht«, präzisiert Travis.
»Helft mir lieber nicht«, sagt Frank.
Wo haben die Kids nur die Sprüche her? Aus den Filmen, vermute ich, aus dem Fernsehen. Das einzige, was »runtergeht«, automatisch um zehn Prozent, ist Venas Anteil – weil ich hier auftauche. Er weiß schon, was Vena vorhat. Vena wird versuchen, mit ihm allein zu verhandeln, und ihm fünf Prozent vom Kuchen anbieten, wenn er Mouse junior dazu bringt, vierzig Prozent abzuliefern.
Ich werde das Angebot ablehnen, weil Mouse junior der Sohn vom Boss ist, was Vince verstehen wird, und dann gehen wir über zum richtigen hondeling . Auch ein Wort, das Herb, er ruhe in Frieden, mir beigebracht hat.
Da liegt das Boot, die Becky Lynn. Der Name erzählt die ganze Geschichte: Zwei Typen ringen ihren Frauen die Erlaubnis ab, sich gemeinsam ein Boot zu kaufen, und taufen es auf den Namen der beiden, damit sie nicht eifersüchtig sind. Nicht aufeinander, sondern auf das Boot.
Was aber nie funktioniert, denkt Frank.
Frauen und Boote vertragen sich wie …
Frauen und Boote.
Er macht einen Schritt vom Dock aufs Achterdeck. Die Kajüte ist wegen des Regens rundum verschlossen, aber es brennt Licht, und Frank hört Musik von drinnen.
»Ahoi!« ruft er, weil er es nicht lassen kann.
Die Tür geht auf, und Vince Vena streckt sein hässliches Haupt heraus. Vince war nie ein gut aussehender Mann. Er hat ein schmales Gesicht mit Aknenarben, und seine Augen stehen ein bisschen zu dicht zusammen. Jetzt schiebt er seinen Hemdkragen zurecht und sagt à la Dangerfield: »Meine Frau und ich waren zwanzig Jahre lang sehr glücklich
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