Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
Füße trampeln. Einen Haufen potenzielle Zeugen, wenn sie fünf Jahre in den Bau gehen müssen. Nein, er wollte keine Crew, nur die nötigen Geldmittel – in bar, weil auch er keine Spuren hinterlassen wollte.
Und Spuren gab es zuhauf. Frank folgte Voorhees von Mexico City nach Guadalajara, dann rüber nach Mazatlán und Cozumel, von dort nach Puerto Vallarta und die ganze Baja hinab bis Cabo.
Zwischen Jäger und Beute entsteht eine Verbindung . Die Jungs streiten das ab, erklären das für Blödsinn und Kinderkram, denkt Frank, aber alle wissen trotzdem, dass es so ist. Bist du lange genug hinter einem her, lernst du ihn kennen, du lebst sein Leben, es fehlt nur wenig, und er wird real für dich. Du versuchst, dich in ihn hineinzuversetzen, so zu denken wie er, und wenn du das schaffst, wirst du auf seltsame Weise genauso wie er.
Und er wird wie du, aus demselben Grund. Wenn er überhaupt Instinkte hat, fängt er an, dich zu spüren. Während er flieht, während er versucht, dich auszutricksen, deine Schritte vorherzusehen und zu durchkreuzen, lernt er auch dich kennen.
Ihr bewegt euch auf derselben Route, logischerweise, sucht dieselben Orte auf, esst das gleiche Essen, erlebt die gleichen Dinge, macht die gleichen Erfahrungen. Ihr macht eure Reise gemeinsam, ihr bildet eine Gemeinschaft .
In Mexico City hatte Voorhees drei Tage Vorsprung. Frank redete mit einem Taxifahrer, der ihn zum Flughafen brachte, bestach einen Gepäckbeamten, der ihn ins nächste Flugzeug nach Guadalajara setzte. Er war nicht sicher, aber vielleicht hatte er Voorhees dort auf dem großen Platz vor der Kathedrale gesehen. Wollte er beten? fragte sich Frank. Vielleicht hatte er eine kleine Tonfigur gekauft, ein milagro ,und auf den Altar gestellt, zusammen mit einem Opfergroschen und der Bitte um ein Wunder. Als Frank sein Hotel aufspürte, war der Vorsprung auf einen Tag geschrumpft, und er fand heraus, dass Voorhees zum Bahnhof gefahren war. Dort hätte sich die Spur verloren, hätte Voorhees nicht seine Amex-Card benutzt, um sich in einem Hotel in Mazatlán einzumieten. Frank fuhr zu dem Badeort und machte einen Strandspaziergang, fragte überall nach Voorhees und warf mit Geld um sich. Er erwartete keine Auskünfte, aber verbarg auch nicht, dass er hinter ihm her war. Er wollte, dass Voorhees Bescheid wusste.
»Den Vogel aufscheuchen«, hatte Bap das genannt. »Der Vogel sitzt gut versteckt im Busch. Dann sieht er den Jäger und flieht. Genau das bringt ihn zur Strecke.«
Voorhees floh nach Cozumel, Frank blieb ihm auf den Fersen. Voorhees zog von einem Touristenhotel zum nächsten, einmal verfehlte Frank ihn um eine Stunde. Dann sah er ihn. In Cabo, in einem Billighotel am Pazifik. Er trank Bier und stocherte in einer Portion camarones herum. Er wirkte abgemagert, sein Hosenbund schlug Falten, als wäre ihm die Hose zu weit geworden.
Und Voorhees sah ihn , soviel war sicher. Er hat dich erkannt, dachte Frank. Er hat dich angeschaut, mit diesem gehetzten Blick, und wusste Bescheid. Voorhees zahlte und ging, Frank folgte ihm. Aber es fand sich kein geeigneter Ort, also ließ er ihn mit dem Bus davonfahren.
Er wusste, dass Voorhees das Geld ausging.
In jeder Stadt waren die Hotels ein bisschen billiger geworden, die Mahlzeiten bescheidener. Begonnen hatte seine Flucht mit einem Fernflug, dann war er auf Mietwagen umgestiegen und Züge, jetzt saß er in einem schäbigen Überlandbus und in einem unvorteilhaften dazu. Frank sah sich die Route an – sie führte zur einzigen Straße, die an der Ostküste der Baja verlief.
Damit waren seine Optionen auf eine einzige Linie geschrumpft. Er hatte sich selbst in die Falle begeben; was ihm blieb, war die Küstenstraße, rechts der Ozean, links die unpassierbare Wüste – und die Aussicht, sich von einem Fischerdorf bis zum nächsten durchzuschlagen.
Frank machte die Reise Spaß, falls man das so nennen kann, wenn man den Auftrag hat, einen Mann umzulegen. Aber er genoss die geruhsame Busfahrt, auf der man nur lesen, in die karge Landschaft starren konnte oder auf das tiefe Blau des Golfs von Kalifornien. Er hatte Spaß daran, mit den Kindern im Bus zu spielen, auch einmal ein Baby zu halten, damit sich die Mutter ausruhen konnte, und er überließ sich der unbarmherzigen Sonne, der brütenden, betäubenden Hitze.
Das waren gute Tage, als er Jay Voorhees durch die Baja verfolgte. Es tat ihm fast leid, als die Reise zu Ende ging.
Voorhees strandete in einem kleinen Ort namens Santa
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