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Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Titel: Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Rosalía. Er hatte sich eine Fischerhütte an der felsigen Küste gesucht. Das hätte er gleich tun sollen, dachte Frank, sich in einer kleinen Stadt verkriechen, wo er beim comandante für seinen Schutz bezahlen konnte. Das Geld wäre zwar kein Hindernis gewesen, aber ich hätte ihn viel später gefunden, vielleicht auch nie.
    Aber so waren die Dinge nicht gelaufen.
    Sie liefen so, dass Frank den Nachmittag in einer Cantina verbrachte, ein paar Glas Bier trank und die Kreuzworträtsel einer englischsprachigen Illustrierten löste, die irgendein Tourist zurückgelassen hatte. Träge und schleppend verging der Nachmittag, bis sich die matte Dämmerung sanft über der Ostküste niedersenkte. Aber als das Blau aus dem Wasser verschwand, ging er zum Strand hinunter, zur strohgedeckten Hütte, für die das geschrumpfte Budget von Voorhees gerade mal gereicht hatte.
    Voorhees saß auf einem alten Stuhl vor der Tür, rauchte eine Zigarette und starrte hinaus aufs Wasser.
    »Ich habe schon gewartet«, sagte er, als er Frank sah.
    Frank nickte.
    »Ich meine, Sie sind es doch, oder?«, fragte Voorhees, seine Stimme zitterte nur ein wenig. »Der, den sie geschickt haben.«
    »Ja.«
    Voorhees nickte.
    Er wirkte eher erschöpft als verängstigt. Sein Blick zeigte Resignation, fast Erleichterung, nicht den Ausdruck von Angst, den Frank erwartet hatte. Aber vielleicht, dachte Frank, ist es nur das sanfte Leuchten des Ozeans, das diesen Ausdruck mildert. Vielleicht ist es die zunehmende Dämmerung, die Voorhees so ruhig wirken lässt.
    Voorhees rauchte seine Zigarette zu Ende, nahm die Packung aus der Tasche seines verblichenen Jeanshemds und zündete eine neue an.
    Seine Hände zitterten.
    Frank beugte sich vor und half ihm, das Streichholz ruhig zu halten.
    Voorhees dankte mit einem Nicken. Nach ein paar Zügen sagte er: »Es ist die Kugel, vor der ich Angst habe. Der Gedanke, dass sie in meinen Schädel einschlägt.«
    »Sie werden nichts spüren.«
    »Es ist nur der Gedanke, verstehen Sie? Dass mir der Kopf weggepustet wird.«
    »Das wird nicht passieren«, log Frank. Mach’s jetzt, sagte er sich. Mach’s, bevor er’s auch nur merkt.
    Voorhees fing an zu weinen. Frank sah die Tränen, sah, wie sich der Mann auf die Lippen biss, um die Tränen zurückzuhalten, aber sie flossen über und rollten seine Wangen hinab, und dann verlor er die Beherrschung. Sein Kopf sackte nach unten, und er schluchzte mit zuckenden Schultern.
    Frank stand da und sah zu, im Wissen, dass er eine vonBaps Grundregeln verletzte. »Du brauchst ihnen keine letzten Worte oder Gesten zu gönnen«, hatte Bap ihn belehrt. »Du bist nicht ihr Gefängniswärter oder ihr Pfarrer. Geh hin, mach deinen Job und verschwinde.«
    Nein, Bap wäre nicht einverstanden gewesen mit dieser Szene.
    Voorhees hörte auf zu weinen, blickte zu Frank auf und sagte: »Entschuldigung.«
    Frank schüttelte den Kopf.
    Dann sagte Voorhees: »Ein Arzt in Guadalajara hat mir was verschrieben. Beruhigungsmittel.«
    Frank wusste es schon. Für ein paar hundert in bar hatte es ihm der Arzt verraten. So viel zum Hippokratischen Eid.
    »Die meisten habe ich noch«, sagte Voorhees. »Ich meine, es sind noch genug .«
    Frank dachte kurz darüber nach.
    »Ich muss bei Ihnen bleiben«, sagte er.
    »Das wäre okay.«
    Voorhees stand auf, Frank folgte ihm in die Hütte und durchsuchte die Leinentasche, die einmal Voorhees’ Handgepäck gewesen war und nun all seine irdischen Güter enthielt. Er nahm ein Tablettenröhrchen raus – Valium in Zehn-Milligramm-Dosierung – und eine Flasche Wodka, zu zwei Dritteln gefüllt.
    Sie gingen wieder hinaus.
    Frank setzte sich in den Sand.
    Voorhees nahm wieder seinen Platz ein, schüttete Tabletten in die hohle Hand und spülte sie mit einem Schluck Wodka runter. Er wartete ein paar Minuten und machte das gleiche noch einmal, und nach einer weiteren Minute nahm er die restlichen Tabletten, ein paar kleine Schlucke vom Wodka und blickte hinaus aufs Meer.
    »Schön, nicht wahr?«, flüsterte er.
    »Sehr schön.«
    Eine Sekunde später warf er sich auf dem Stuhl nach hinten. Er rutschte nach vorn und fiel auf die Steine.
    Frank packte ihn und setzte ihn zurück auf den Stuhl.
    Er lief in den Ort, suchte ein brauchbares Telefon und machte einen Anruf, um Donnie Garth die beruhigende Nachricht zu übermitteln.
    Als Frank von diesem Job nach San Diego zurückkam, stellte er fest, dass Patty die Schlösser ausgewechselt hatte. Müde, wütend und traurig, wie er

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