Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
Billy zusammengesackt an der Tür lehnen, sein Gesicht mit einem Einschuss, seine rechte Schulter ein blutiger Klumpen.
Aber er atmete.
Frank riss Georgie Y. die Pistole aus der Hand, steckte sie in die Tasche. »Komm, ich hab ein paar Handtücher im Kofferraum.«
Frank sah sich um.
Keine Autos.
Keine Polizeisirenen.
Er stieg aus, öffnete den Kofferraum, holte die Handtücher und ging herum zur hinteren Wagentür. »Geh mir aus dem Weg, verdammt«, sagte er zu Mike.
Mike stieg aus, und Frank schlüpfte hinein. Er wickelte Handtücher um Billys Schulter und drückte ein anderes fest gegen die Kopfwunde. »Georgie, komm her!« Er merkte, wie der dicke Billy auf den Sitz kippte. »Drück das fest gegen seinen Kopf. Und lass nicht los.«
Georgie Y. weinte.
»Georgie, dafür ist jetzt keine Zeit«, sagte Frank. »Tu, was ich dir sage.«
Frank stieg aus, packte Mike und schob ihn auf den Beifahrersitz. Dann lief er vorn um den Wagen, setzte sich ans Steuer und gab Gas.
»Wo willst du verdammt noch mal hin?«, fragte Mike.
»Notaufnahme.«
»Er schafft’s nicht, Frankie.«
»Das musst du ihm und dem lieben Gott überlassen«, sagte Frank. »Du hast deinen Teil getan.«
»Er wird reden, Frank.«
»Er wird nicht reden.«
Und er redete nicht.
Billy kannte die Regeln. Er wusste, dass er das sagenhafte Glück hatte, einen Kopfschuss zu überleben, und würde sein Glück nicht zum zweiten Mal auf die Probe stellen. Also blieb er bei seiner Story: Er kam aus dem Club, und irgendein Junkie wollte ihn ausrauben. Gesehen hatte er den Kerl nicht.
Auch sonst sah er nichts. Die Kugel hatte einen Nerv getroffen und ihn auf Dauer erblinden lassen.
»Du wirst für ihn blechen«, sagte Frank zu Mike. »Billy behält seinen Anteil am Club, und außerdem beteiligst du ihn an deinen Einnahmen, wie du’s gesagt hast.«
Mike fing keinen Streit an.
Er wusste, dass Frank recht hatte, und außerdem hatte Frank immer den Eindruck, dass Mike Gewissensbisse wegen der Sache mit Billy hatte, obwohl er das niemals zugegeben hätte. Also blieb Billy der Besitzer der Pinto Bar, doch er ließ sich nur noch selten blicken, nachdem er aus dem Krankenhaus heraus war. Eine Strip-Show zu besuchen war nicht besonders spannend für einen Blinden.
Aber Billy Brooks schwieg wie ein Grab.
Wen sie zu fürchten hatten, war Georgie Y.
Mike jedenfalls hatte ihn zu fürchten.
»Überall diese verdammten Bullen«, sagte Mike eines Abends zu Frank. »Die wissen, dass Billys Story Bullshit ist, die bohren weiter. Du und ich, Frank, wir stehen das durch, aber bei Georgie bin ich mir nicht sicher. Ihn beim Verhör, da sehe ich schwarz.«
Ich auch, dachte Frank.
»Danke übrigens«, sagte er. »Deinetwegen können sie mich wegen Beihilfe zum versuchten Mord drankriegen.«
»Mein verdammtes Temperament«, sagte Mike. »Was machen wir also mit Georgie?«
»Haben ihn die Bullen noch nicht beim Wickel?«
Mike schüttelte den Kopf. »Was mir Sorgen macht, ist das noch nicht .«
»Wegen einem noch nicht können wir keinen umlegen«, sagte Frank.
»Wieso nicht?«
»Mike, wenn du das machst, bin ich fertig mit dir«, versicherte ihm Frank. »Ich schwöre bei Gott, dann sind wir geschiedene Leute.«
Also blieb Georgie Y. am Leben und behielt seinen Job als Türsteher. Der einzige Unterschied war, dass er jetzt für Mike arbeitete und nicht mehr für Billy. Er fing sogar was mit einer ausgemergelten kleinen Tänzerin namens Myrna an, und sie schienen gut zurechtzukommen.
Und damit hätte alles gut sein können.
Aber war es nicht.
Die Stripperclub-Fehde fing gerade erst an.
Nie wird Frank vergessen, wie er Big Mac Mc Manus zum ersten Mal sah.
Doch damit erging es ihm nicht anders als anderen. Wenn ein schwarzer Zweimeter- und Zweieinhalbzentnermann mit rasiertem Schädel und der Figur eines Preisboxers den Raum betritt, im maßgeschneiderten Leopardenfell-Dashiki und mit brillantbesetztem Stock, neigt man ohne weiteres dazu, sich diesen Anblick zu merken.
Frank saß mit Mike und Pat Walsh am Tisch, als Big Mac hereinkam. Big Mac blieb auf dem Treppenpodest stehen und nahm das Lokal in Augenschein. Genauer gesagt, er wartete, dass das Lokal ihn in Augenschein nahm, und das tat es. Praktisch alle, die da saßen, blickten auf und starrten ihn an.
Sogar Georgie Y. blickte auf. Big Mac war nämlich ein Stück größer als er, und Georgie hatte den Eindruck, dass er irgendwas unternehmen musste, er wusste nur nicht, was. Also blickte er hilfesuchend
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