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Franklin Gothic Medium (German Edition)

Franklin Gothic Medium (German Edition)

Titel: Franklin Gothic Medium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Maucher
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sich vor fünf Minuten erst umgezogen. Anschließend nahm er sich einen Moment Zeit, um die Küche zu inspizieren. Zu seiner Zufriedenheit war sie sauber, der Inhalt des Kühlschranks hingegen enttäuschend. Es herrschte gähnende Leere. Nur eine Tube Wasabi lag darin, noch ungeöffnet, also nahm er sie mit.
    Schmuck oder Anderes von praktischem oder materiellem Wert konnte er auf die Schnelle nicht aufspüren. Allerdings fand er nicht nur einen, sondern gleich zwei Vibratoren im Nachtkästchen neben ihrem Bett. In ihren Schränken hatte er ausschließlich feminine Bekleidung entdecken können. Nun der delikate Fund ihrer phallischen Freunde; das alles waren in seinen Augen sichere Indizien dafür, dass hier der Mann im Haus fehlte. Um dem Fleisch eine kleine, vielleicht sogar die letzte, Freude im Leben zu bereiten, packte er eine dieser Apparaturen mit zu den Kleidern in die Tasche. Er hoffte, es würde sich wenigstens dankbar darüber zeigen und das Spielzeug auch benutzen. Denn es ist eine Tatsache, dass die Ausschüttung von Endorphinen, je mehr desto besser, den Geschmack ebenso positiv beeinflusst wie Adrenalin, welches das Fleisch schön zart werden lässt. In China weiß man längst um dieses Geheimnis, weshalb man dort die für den Verzehr bestimmten Hunde aufhängt und lebendig häutet, damit sie ein Höchstmaß dieses Hormons ausschütten. Genaugenommen ist der Mensch ebenso ein Säugetier wie der Hund. Dementsprechend kann man die fernöstlichen Küchenweisheite n getrost auch auf ihn umlegen.
    Einen Moment lang sah er sinnierend aus dem Fenster, dann fiel sein Blick, gelenkt vom Schicksal, der Vorsehung oder dem puren Zufall, in die Wohnung schräg gegenüber. Eines musste man dieser Bruchbude lassen: zumindest bot sie einen bemerkenswerten Ausblick. Eine sehr korpulente Lady, schwerfällig und überladen, schickte sich gerade an sich zu bücken. Wonach konnte er von seiner Position aus nicht erkennen, doch wie es schien, konnte ihr Oberkörper das Gewicht ihres dicken Hinterns nicht egalisieren. Ihr Körperschwerpunkt hatte sich zu weit nach hinten verlagert und so kippte sie, wild mit den Armen rudernd, als wären sie die tollpatschigen Schwingen eines Albatros auf Drogen, nach hinten um und fing an sich zu drehen und um die eigene Achse zu rotieren. Die geballte Masse, die vor ca. 150kg noch eine Frau darstellen sollte, war, einmal in Bewegung geraten, nicht mehr zu stoppen. Fasziniert sah Franklin zu, wie die menschliche Lawine aus seinem Gesichtsfeld rollte.
    Aufgewühlt, ja fast schon exaltiert vom soeben Erlebten, verließ er die Behausung des Fleisches.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Kapitel 8 - Tatsachen
    Nichts ist trügerischer als eine offenkundige Tatsache.     (Sir Arthur Conan Doyle)
    Naomi war nicht lange weg. Geschwind war sie zum Supermarkt gegangen, da wirklich kaum noch etwas zu Essen im Haus war. Dass Fou-Mai sich immer noch nicht wieder gemeldet hatte ließ ihr emotionales Gleichgewicht empfindlich schwanken. Letztendlich hatte sie sich dann aber doch aufgerafft, ihrem knurrenden Magen zuliebe, und den notwendigen Einkauf erledigt. Zuvor  verbrachte sie jedoch einen ungesund langen Zeitraum damit, den obsessiven Gedanken wie einen Pfannkuchen hin und her zu wenden, Fou-Mai könne in genau dem Zeitraum doch noch anrufen, den sie beim Bäcker oder Metzger verbrachte.
    Die starke innere Unruhe befie l sie, wenn ein geliebter Mensch spurlos verschwand, drohte verloren zu gehen oder sie auch nur im Streit mit ihm lag. Diese mentale Rastlosigkeit war wie ein bösartiger Virus, der sich in den Windungen ihres Gehirns unkontrolliert vermehrte. Stundenlangen fuhr sie mit ihrem Gedankenkarussell, während ihre Vorstellungen von schlimm zu schlimmer bis hin zu katastrophal mutierten. Sie fühlte sich, als würde sie, wenn es ihr nicht gelänge ihre Gedanken zu stoppen oder irgendetwas zu TUN das die Lage veränderte, langsam aber sicher den Verstand verlieren. Wüsste sie nicht, wie wütend die Andere das Haus verlassen hatte, wie schlimm der Streit gewesen war, hätte sie sich bestimmt schon an die Bürgerwehr ihres Stadtviertels gewandt. Sie hätte die Suche nach der Vermissten eingeleitet und in den Krankenhäusern nachgefragt, ob eventuell eine junge Frau eingeliefert worden war, auf die die Beschreibung ihrer Freundin passte. Doch gestern war eben kein normaler Abend gewesen. Die Chance, dass “nur” ein Unfall der Grund für ihr Fernbleiben war, erschien ihr verschwindend

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