Franklin Gothic Medium (German Edition)
zwei gebrauchen und gela ufen war sie heute schon genug.
In dem ungepflegten Wirtshaus zwängte sie sich an die Bar, den Kopf gesenkt und niemandem in die Augen schauend, doch sie spürte die Blicke der Anwesenden trotzdem, die sich neugierig in ihren Rücken bohrten. Frauen verirrten sich wohl nicht so allzu oft in diesen Schuppen. Nun, im Moment war ihr wohl auch eher wie einem Mann zumute. Sie hatte die Schnauze voll von Frauen, wollte sich sinnlos besaufen um die Letzte zu vergessen und würde ihr jemand die passende Gelegenheit bieten, so hätte sie kein Problem damit, mit ihm nach draußen zu gehen und die Fäuste sprechen zu lassen. Sie bestellte sich einen Schnaps, bitter und vermutlich selbstgepanscht, gleich noch einen, weil man auf einem Bein angeblich nicht gut stehen konn te und dann noch einen Dritten.
Wie konnte diese Schlampe ihr nur so etwas antun? Noch nie, in ihrem ganzen Leben nicht, war sie so verletzt, so sehr von einem anderen Menschen enttäuscht worden. Das hatte sie nun davon, dass sie Vertrauen geschenkt und sich auf sie eingelassen hatte, so vorbehaltlos und so verdammt dumm! Fou-Mai war alles für sie gewesen, ihre ultimative 12 auf einer Liebessskala von eins bis zehn. Sie hatte nicht verstehen können wie andere Menschen zu den Göttern im Himmeln beten konnten. Fou-Mai war ihre Eris, ihre Gaia, ihre Rati und ihre Hator in einem, die ultimative Göttin! Sie konnte mit einem einzigen Augenaufschlag ihr Herz wild zum pochen bringen und ihre Welt auf den Kopf stellen. Und umgekehrt? War ihre Liebe diesem Miststück denn rein gar nichts wert? Hatte sie ihr die ganze Zeit nur etwas vorgemacht? Zur Närrin gemacht hatte sie sich selbst, weil sie die ganzen Versprechungen und Lügen brav schluckte. Und zwar nicht weil sie so überzeugend waren, sondern weil sie daran glauben wollte. Hätte sie nur auf ihre innere Stimme gehört! Sie saß daheim und wartete, angstvoll und besorgt wie eine Katze im Sack die darauf wartet ins kalte Wasser geworfen zu werden um elend zu ersaufen, und Fou-Mai hüpfte durch fremde Sado-Maso-Küchen! Der Gedanke an Rache machte sich breit, fing an in ihr zu gären, wie faulige Früchte die im Spätsommer unter einem Baum liegen. Die Idee Gleiches mit Gleichem zu vergelten wurde zunehmend verlockend, doch leider war hier außer ihr und der Matrone hinter der Theke keine einzige Frau in Sicht. Vielleicht sollte sie, auch wenn sie bisher noch nie mit einem Mann zusammen gewesen war und der Gedanke ihr in jedem anderen Zustand, an jedem anderen Tag, völlig abwegig, ja geradezu absurd erschienen wäre, einfach irgendeinen dieser Typen hier abschleppen und sich von ihm vögeln lassen, statt allein mit ihrem übermächtigen Kumpanen, genannt Kummer und Zor n, in dieser Bar zu versumpfen!
Bislang hatte sie einen großen Teil ihrer Energie darauf verwandt, zu verdrängen, was sie längst vermutet hatte. Sie hatte sich selbst beschwichtigt, ihren Ärger und die verletzten Gefühle in den Zimmern ihres Geistes eingeschlossen, immer mehr der belastenden Fakten ignoriert und aufs geistige Abstellgleis gestellt. Doch nach den heutigen Erlebnissen konnte sie das einfach nicht mehr. Und als wäre sie ein Vulkan, unter dessen Oberfläche es schon lange gebrodelt und der nur auf die erlösende Eruption und den geeigneten Zeitpunkt zum Ausbrechen gewartet hatte, schoss nun die Wut und Enttäuschung in ihr empor. Sie hatte genug davon, dass man ihren Wert nicht genug zu schätzen wusste, auf ihren Gefühlen herumtrampelte als wären sie ein billiger Fußabtreter und ihre Liebe und Hingabe nicht in selben Maß erwidert wurde. Es wurde Zeit, sich nicht mehr alles gefallen zu lassen! Oder, wenn sie schon das Verhalten der Anderen nicht ändern konnte, wenigstens zurückzuschlagen und aufzuhören, das Opferlamm zu spielen, das sich willig zur emotionalen Schlachtbank führen ließ! Mit jeder Lüge und jeder Stunde, die Fou-Mai mit diesem widerwärtigen Gnom verbracht hatte, füllte sich das Fass, welch es nun bereit war überzulaufen.
Ja, der Schnaps auf nüchternen Magen begann definitiv zu wirken und die verletzten Gefühle besorgten den Rest. Und nun war sie zu jeder Schandtat bereit!
“Hey Süßer!”, gurrte sie, sich dem nächstbesten Kerl in ihrer Nähe zuwendend. “Bist du heute Nacht noch frei?”
Gnädiger weise ließ der Alkohol nicht nur ihre Sicht verschwimmen, sondern, wie sie am nächsten Morgen bemerken würde, auch ihre Erinnerung an die nun folgenden
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