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Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
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Überraschung griff sie unbeirrt nach meiner Wurmhand und schüttelte sie.
    »Haben wir dich beim Angeln gestört?«
    Ich blickte verlegen auf meine schmutzigen Füße hinunter. »Nee, nee. Der Wurm ist für meinen kleinen Bruder.«
    Die Frau runzelte fragend die Stirn.
    »Für seine zahmen Schildkröten«, fügte ich erklärend hinzu.
    »Na, sieht ja nach einem schön saftigen Ding aus. Ich heiße Lindy.« Sie deutete auf einen Jungen, der aus der Fahrerkabine kletterte. »Und das ist Lucas.«
    Das Erste, was mir an Lucas Dunn auffiel, waren seine Augen. Sie waren graublau wie die Kiesel aus dem Bach, die Ben sammelt. Sie waren kühl und wässrigglänzend und einen kurzen Moment lang machten sie mich ein bisschen traurig. Sein Haar war hell, wie das von Lindy. Und er war groß. Er sah auf meine schlammüberzogenen Zehen hinunter und grinste. Plötzlich kam ich mir blöd vor, dass ich da wie ein Kind rumstand und nichts sagte.
    Ich holte Luft. »Ich heiße Franny.«
    »Abkürzung von Frances?«, fragte Lucas.
    »Francesca«, sagte ich und wurde rot. »Nach meiner Tante.«
    »Schön.« Und er sprang auf die Heckklappe und fing an, zwischen den Kisten zu kramen.
    »Von wo seid ihr?«, fragte ich Lindy.
    »Ach, von da und dort«, sagte sie vage und nahm einen Karton in Empfang, den Lucas ihr reichte.
    Ich brachte ihnen Limonade, während sie auspackten und die Kisten auf der staubigen Veranda der Hütte stapelten. Viel hatten sie nicht, aber das Wenige war interessant. Es gab eine schwere Töpferscheibe, die man mit viel Manövriergeschick aus dem Wagen heben musste. Lindy sagte, ich könne sie mal ausprobieren. Außerdem kam ein kleiner würfelförmiger Brennofen mit verbeulter Türklappe zum Vorschein. Und mehrere Kisten mit Tonerde, die sie mir noch zeigen wollte. Rot wie die Wüste.
    »Ich bin Töpferin«, sagte sie zur Erklärung und zeigte mir ihre Fingernägel. Sie waren spröde und rot wie die Tonerde.
    »Meine Mutter ist Malerin«, sagte ich. »Ihre Hände haben jeden Tag eine andere Farbe.«
    Neben den Töpferutensilien war da noch ein riesiger Karton mit Büchern, der notdürftig von Klebeband zusammengehalten wurde. Aus dem Deckel quollen Romane, als wollten sie aus dem Lieferwagen fliehen.
    »Mein Junge ist eine richtige Leseratte«, sagte Lindy.
    »Ich auch«, sagte ich zu ihr und beobachtete Lucas aus dem Augenwinkel.
    Schon nach kürzester Zeit zerrte Lindy den letzten Karton aus dem Wagen. »Danke für die Limonade, Franny. Komm mal vorbei und versuch dich an der Töpferscheibe.« Damit verschwand sie in dem Holzhaus. Lucas folgte ihr. Er warf ein Buch in die Luft.
    »Francesca, fang.« Und dann verschwand auch er in der kleinen Hütte. Ich sah mir den Umschlag der abgewetzten Ausgabe in meiner Hand an.
Frühling des Lebens.
    ***
    »Hurra!«, rief Ben, als ich später vor dem Abendessen verkündete, dass wir neue Nachbarn hatten. »Vielleicht mit einem Jungen wie ich. Vielleicht einer, der Schildkröten mag!«
    »Bloß nicht«, sagte Sidda und knallte einen Teller neben mein neues Buch. »Räum deinen Krempel weg, Franny, damit ich den Tisch decken kann.«
    »Also wirklich, Sid«, sagte Mama warnend. Sie stellteübrig gebliebene Kürbissuppe auf den Herd, dann widmete sie ihre Aufmerksamkeit dem Auspacken der Einkaufstüten, die auf dem Küchenboden herumstanden.
    »Es gibt tatsächlich einen Jungen«, sagte ich zu Sidda und riss
Frühling des Lebens
an mich. »Ungefähr in unserem Alter.«
    Jetzt war Siddas Interesse geweckt und auf einmal tat sie unheimlich wohlerzogen. »Dann lasst sie uns doch einladen! Wir sind schließlich Nachbarn.« Sie war mit den Tellern fertig und ging zum Besteck über. Ganz nebenbei himmelte sie kurz ihr Spiegelbild in einem großen Suppenlöffel an.
    »Du hast sie also schon kennengelernt?«, fragte Daddy, der in die Küche gekommen war.
    »Genau, Franny, woher weißt du das überhaupt?«, fragte Sidda und kniff die Augen zusammen.
    »Es sind nur zwei, Lucas und Lindy.« Ich sah Sidda an. »Das Buch hier hat mir übrigens Lucas gegeben.« Da machte sie große Augen.
    »Super. Ein Junge, bestimmt mag er Schildkröten.« Ben nickte.
    »Davon war noch nicht die Rede, Ben!«, fuhr Sidda ihn an.
    »Ach, wie nett, wieder neue Nachbarn zu haben«, sagte Mama. »Haben sie erzählt, woher sie sind?«
    Ich zuckte die Schultern. Bei all ihrem Geplapper hatte Lindy Dunn das überhaupt nicht erwähnt.
    Dad kümmerte sich um die Lebensmittel und Mama trug eine Tasche mit neuen Farben

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