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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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geblieben ist.«
    »Nennt mir einige«, rief Ludovico.
    Sternbald sagte: »Zum Beispiel der edle Malergeist Raffael Sanzio von Urbin.«
    »Ihr habt recht«, sagte der heftige Ritter, »und überhaupt«, fuhr er nach einem kleinen Nachdenken fort, »laßt Euch meine Rede nicht so sehr auffallen, denn sie braucht gar nicht so ganz wahr zu sein. Ihr habt mich mit dem einzigen Namen beschämt und in die Flucht geschlagen, und alle meine Worte erscheinen mir nun wie eine Lästerung auf die menschliche Größe. Ich bin selbst ein Tor, das wollen wir für ausgemacht gelten lassen.«
    Roderigo sagte: »Du hast manche Seiten von dir selbst geschildert.«
    »Mag sein«, sagte sein Freund, »man kann nichts Bessers und nichts Schlechters tun. Laßt uns lieber von der Kunst selber sprechen. Ich habe mir in vielen Stunden gewünscht, ein Maler zu sein.«
    Sternbald fragte: »Wie seid Ihr darauf gekommen?«
    »Erstlich«, antwortete der junge Ritter, »weil es mir ein großes Vergnügen sein würde, manche von den Mädchen so mit Farben vor mich hinzustellen, die ich wohl ehemals gekannt habe, dann mir andre noch schönere abzuzeichnen, die ich manchmal in glücklichen Stunden in meinem Gemüte gewahr werde. Dann erleide ich auch zuweilen recht sonderbare Begeisterung, so daß mein Geist sehr heftig bewegt ist, dann glaube ich, wenn mir die Geschicklichkeit zu Gebote stände, ich würde recht wunderbare und merkwürdige Sachen ausarbeiten können. Seht, mein Freund, dann würde ich einsame, schauerliche Gegenden abschildern, morsche zerbrochene Brücken über zwei schroffen Felsen, einem Abgrunde hinüber, durch den sich ein Waldstrom schäumend drängt: verirrte Wandersleute, deren Gewänder im feuchten Winde flattern, furchtbare Räubergestalten aus dem Hohlwege heraus, angefallene und geplünderte Wägen, Kampf mit den Reisenden. – Dann wieder eine Gemsenjagd in einsamen, furchtbaren Felsenklippen, die kletternden Jäger, die springenden, gejagten Tiere von oben herab, die schwindelnden Abstürze. Figuren, die oben auf schmalen überragenden Steinen Schwindel ausdrücken, und sich eben in ihren Fall ergeben wollen, der Freund, der jenen zu Hülfe eilt, in der Ferne das ruhige Tal. Einzelne Bäume und Gesträuche, die die Einsamkeit nur noch besser ausdrücken, auf die Verlassenheit noch aufmerksamer machen. – Oder dann wieder den Bach und Wassersturz, mit dem Fischer, der angelt, mit der Mühle, die sich dreht, vom Monde beschienen. Ein Kahn auf dem Wasser, ausgeworfene Netze. – Zuweilen kämpft meine Imagination, und ruht nicht und gibt sich nicht zufrieden, um etwas durchaus Unerhörtes zu ersinnen und zustande zu bringen. Äußerst seltsame Gestalten würde ich dann hinmalen, in einer verworrenen, fast unverständlichen Verbindung, Figuren, die sich aus allen Tierarten zusammenfänden und unten wieder in Pflanzen endigten: Insekten und Gewürme, denen ich eine wundersame Ähnlichkeit mit menschlichen Charakteren aufdrücken wollte, so daß sie Gesinnungen und Leidenschaften possierlich und doch furchtbar äußerten; ich würde die ganze sichtbare Welt aufbieten, aus jedem das Seltsamste wählen, um ein Gemälde zu machen, das Herz und Sinnen ergriffe, das Erstaunen und Schauder erregte, und wovon man noch nie etwas Ähnliches gesehn und gehört hätte. Denn ich finde das an unsrer Kunst zu tadeln, daß alle Meister ohngefähr nach einem Ziele hinarbeiten, es ist alles gut und löblich, aber es ist immer mit wenigen Abänderungen das Alte.«
    Franz war einen Augenblick stumm, dann sagte er: »Ihr würdet auf eine eigene Weise das Gebiet unsrer Kunst erweitern, mit wunderbaren Mitteln das Wunderbarste erringen, oder in Euren Bemühungen erliegen. Eure Einbildung ist so lebhaft und lebendig, so zahlreich an Gestalt und Erfindung, daß ihr das Unmöglichste nur ein leichtes Spiel dünkt. Oh, wie viel billigere Forderungen muß der Künstler aufgeben, wenn er zur wirklichen Arbeit schreitet!«
    Hier stimmte der Pilgrim plötzlich ein geistliches Lied an, denn es war nun die Tageszeit gekommen, an welcher er es nach seinem Gelübde absingen mußte. Das Gespräch wurde unterbrochen, weil alle aufmerksam zuhörten, ohne daß eigentlich einer von ihnen wußte, warum er es tat.
    Mit dem Schlusse des Gesanges traten sie in ein anmutiges Tal, in dem eine Herde weidete, eine Schalmei tönte herüber, und Sternbalds Gemüt ward so heiter und mutig gestimmt, daß er von freien Stücken Florestans Schalmeilied zum Ergötzen der

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