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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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allem Vortrefflichen, so schämte er sich dieses Gedankens.
    Er hatte eine Reisegesellschaft gefunden, mit welcher er um ein Billiges nach Antwerpen kommen konnte, der folgende Tag war zur Abreise bestimmt, er ging jetzt zu Meister Lukas, um ihm zu danken und Abschied von ihm zu nehmen, und wie erstaunte er, als er die Tür der Malerstube öffnete, und seinen Lehrer, seinen über alles geliebten Dürer neben dem niederländischen Maler sitzen sah! Erst schien es ihm nur ein Blendwerk seiner Augen zu sein, aber Dürer stand auf und schloß ihn herzlich in seine Arme. Die drei Maler waren überaus fröhlich, sich zu sehn, Fragen und Antworten durchkreuzten sich, besonders hinderte der lebhafte Lukas auf alle Weise, daß das Gespräch nicht zu einer stillen Ruhe kam, denn er fing immer wieder von neuem an sich zu verwundern und zu freuen. Er rieb die Hände und lief mit großer Geschäftigkeit hin und wider; bald zeigte er dem Albert ein Bild, bald hatte er wieder eine Frage, worauf er die Antwort wissen wollte. Franz bemerkte, wie gegen diese lebhafte Unruhe die Gelassenheit Alberts und seine stille Art sich zu freuen, schön kontrastierte. Auch wenn sie nebeneinander standen, ergötzte sich Franz an der gänzlichen Verschiedenheit der beiden Künstler, die sich doch in ihren Werken so oft zu berühren schienen. Dürer war groß und schlank, lieblich und majestätisch fielen seine lockige Haare um seine Schläfe und Schultern, sein Gesicht war ehrwürdig und doch freundlich, seine Mienen veränderten den Ausdruck nur langsam, und seine schönen braunen Augen sahen feurig aber sanft unter seiner edlen Stirn hervor. Franz bemerkte deutlich, wie die Umrisse von Alberts Gesichte denen auffallend glichen, mit denen man oft den Erlöser der Welt zu malen pflegt. Lukas erschien neben Albert noch kleiner, als er wirklich war, sein Gesicht veränderte sich in jedem Augenblicke, seine Augen waren mehr lebhaft als ausdrucksvoll, sein hellbraunes Haar lag schlicht und kurz um seinen Kopf.
    Albert erzählte, wie er sich schon seit lange unpaß gefühlt und die weite Reise nach den Niederlanden nicht gescheut habe, um seine Gesundheit wiederherzustellen, vorzüglich hätten ihn seine Freunde, am meisten Pirkheimer, dazu gedrängt, weil sie alle, vielleicht übertrieben, um ihn besorgt gewesen: von Sebastian gab er unserm Franz einen Brief, der selber zwar nicht gefährlich aber doch so krank sei, daß er die Reise nicht habe unternehmen können, weil er sonst in dessen Begleitung würde gekommen sein. »Euch, Meister Lukas«, so beschloß er, »zu sehen, war der vornehmste Bewegungsgrund meiner Reise, denn das habe ich mir schon lange gewünscht, ich weiß auch noch nicht, ob ich einen andern Maler besuche, wenn der Wohnort mir aus dem Wege liegt, denn soviel ich sie kenne, ist mir nach dem berühmten Meister Lukas keiner merkwürdig.«
    Lukas dankte ihm, und sprang wieder durch die Stube, voller Freude, den großen Maler Dürer bei sich zu haben. Dann zeigte er ihm einige seiner neuesten Bilder und Albert lobte sie sehr verständig. Dieser hatte einige neue Kupferstiche bei sich, die er dem Niederländer schenkte, und Lukas suchte zur Vergeltung auch ein Blatt hervor, das er dem Albrecht in die Hände gab. »Seht«, sagte er, »dieses Blatt wird von einigen für meinen besten Kupferstich erklärt, es hat sich schon auch selten gemacht, es ist nämlich die Familie des Till Eulenspiegel, er als Knabe, die Eltern mit ihm, reitend und gehend: ich habe das Werk mit besonderem Fleiße und Genauigkeit zu arbeiten gesucht. Es wollen einige jetzt, die sich mit der Gelehrsamkeit befassen, das Buch von seinen Schwänken verachten, und es als den Sitten und der Zucht zuwider verdammen; vielleicht möchte einiges darin besser mangeln können, aber ich muß gestehen, daß es mich im ganzen immer sehr ergötzt hat. Die Schalkheit des Knechtes ist so eigen, viele seiner Streiche geben zu so manchen kuriosen Gedanken Veranlassung, daß ich mich ordentlich dazu angetrieben fühlte, seine erste Jugend in Kupfer zu bringen.«
    »Ihr habt es auch wacker ausgerichtet«, sagte Albert Dürer lachend, »und ich danke Euch höchlich für Euer Geschenk.«
    »Es verstehn wohl wenige Menschen«, fuhr Lukas fort, »sich an Tills Narrenstreichen so zu freuen, wie ich, weil sie es sogar mit dem Lachen ernsthaft nehmen; andern gefällt sein Buch wohl, aber es kommt ihnen als etwas Unedles vor, dies Bekenntnis abzulegen; andern fehlt es wieder an Übung, das

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