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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Possierliche zu verstehn und zu fassen, weil man sich vielleicht ebenso daran gewöhnen muß, wie es nötig ist, viele Gemälde zu sehn, ehe man über eins ein richtiges Urteil fällen kann.«
    »Ihr mögt sehr recht haben, Meister«, antwortete Dürer, »die meisten Leute sind wahrlich mit dem Ernsthaften und Lächerlichen gleich fremd. Sie glauben immer, das Verständnis von beiden müsse ihnen von selbst, ohne ihr weiteres Zutun kommen. Sie überlassen sich daher mit Roheit dem Augenblicke und ihrem dermaligen Gefühl, und so tadeln und loben sie ohne Einsicht. Ja sie gehen mit der Malerkunst so um, daß sie davon kosten, wie man wohl ein Gemüse oder eine Suppe zu kosten pflegt, ob die Magd zu viel oder zu wenig Salz darangetan habe, und dann sprechen sie das Urteil, ohne um die Kenntnisse, die dazu gehören, besorgt zu sein. Ich muß immer noch lachen, sooft ich daran denke, daß es mir doch auch einmal auf ähnliche Weise erging. Ohne etwas davon zu verstehen, und ohne die Anlagen von der Natur zu haben, fiel ich einmal darauf, ein Poet zu sein. Ich dachte in meinem einfältigen Sinne, Verse müsse ja wohl jedermann machen können, und ich wunderte mich über mich selber, daß ich nicht schon früher auf die Dichtkunst verfallen sei. Ich machte also ein zierlich großes Kupferblatt, und stach mühsam rundherum meine Verse mit Buchstaben ein: sie sollten ein moralisches Gedicht vorstellen, und ich unterstund mich, der ganzen Welt darin gute Lehren zu geben. Wie nun aber alles fertig war, siehe da, so war es erbärmlich geraten. Was ich da für Leiden von dem gelehrten Pirkheimer habe ausstehen müssen, der mir lange nicht meine Verwegenheit vergessen konnte! Er sagte immer zu mir: ›Schuster, bleib bei deinen Leisten! Albert, wenn du den Pinsel in der Hand hast, so kömmst du mir als ein verständiger Mann vor, aber mit der Feder gebärdest du dich als ein Tor.‹« –
    »Ihr müßt Euch doch einige Zeit in Leiden aufhalten«, sagte Lukas, »denn ich möchte gar zu gern recht viel mit Euch sprechen, und über so viele Dinge Euer Urteil vernehmen, denn ich wüßte keinen Menschen auf der Welt, mit dem ich mich lieber unterredete, als mit Euch.«
    »Ich bleibe gewiß wenigstens einige Tage«, antwortete Dürer; »seit Franz von mir fortgezogen ist, habe ich mir diese Reise vorgesetzt, und alles Geld, was ich erübrigen konnte, dazu aufgespart.«
    Unter diesen Gesprächen war die Mittagsstunde herangekommen; eine junge hübsche Frau, die Gattin des Niederländers, trat herein, sie erinnerte ihren Mann mit freundlichem Gesichte, daß es Zeit sei zu essen, er möchte mit seinen Gästen in die Speisestube treten. Man setzte sich zu Tisch. Lukas hatte einen Freund aus der Stadt und dessen Frau eingeladen. Der kleine behende Mann schien nun bei Tische erst recht an seinem Platze zu sein; er wußte so gutmütig zum Essen und Trinken zu nötigen, daß keiner seine Einladung auszuschlagen imstande war; dabei erwies er sich überaus artig gegen die Frauen. Dürer war viel ernster und unbeholfener, die schöne junge Frau des Lukas setzte ihn eher in Verlegenheit, als daß sie ihn unterhalten hätte, seine Sitten waren ernst und deutsch, und wenn sich ihm nicht ein Scherz von selber darbot, so hielt er es für eine unnütze Mühe ihn aufzusuchen. Franz war in einer heiligen Stimmung, es war ihm nicht möglich, seine Augen von seinem geliebten Lehrer abzuwenden, da es ihm beständig im Sinne lag, daß er morgen früh abreisen müsse.
    »Ihr müßt mir erlauben«, rief Lukas fröhlich aus, »Meister Albrecht, (verzeiht mir, daß ich so vertraut tue, Euch bei Eurem Taufnamen zu nennen) daß ich Euer Konterfei abnehme, ehe Ihr von hier reiset, denn es liegt mir gar zu viel daran es zu besitzen, und ich will mir alle Mühe geben, es recht treu und fleißig zu malen.«
    »Und ich will Euch malen«, sagte Albrecht, »mir ist gewiß Euer Gesicht ebenso lieb, damit ich es mit mir nach Nürnberg nehmen kann.«
    »Wißt Ihr, wie wir es einrichten können?« antwortete Lukas: »Ihr malt Euer eigenes Bildnis und ich das meinige, und wir tauschen sie nachher gegeneinander aus, so besitzt noch jeder etwas von des andern Arbeit.«
    »Es mag sein«, sagte Dürer, »ich weiß mit meinem Kopfe ziemlich Bescheid, denn ich habe ihn schon etlichemal gemalt und gestochen, und man hat die Kopei immer ähnlich gefunden. Worüber ich mich aber billig wundern muß«, fuhr er fort, »ist, daß Ihr, Meister Lukas, noch so jung seid, und daß Ihr doch

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