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Franz Sternbalds Wanderungen

Franz Sternbalds Wanderungen

Titel: Franz Sternbalds Wanderungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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schon so viele Kunstsachen in die Welt habt ausgehen lassen, und mit Recht einen so großen Namen habt; denn noch scheint Ihr keine dreißig Jahr alt zu sein.«
    Lukas sagte: »Ich bin auch noch nicht dreißig Jahr alt, sondern kaum neunundzwanzig. Es ist wahr, ich habe fleißig gemalt, und fast ebensoviel in Kupfer gestochen als Ihr; aber, mein lieber Albrecht, ich habe auch schon sehr früh angefangen; Ihr wißt es vielleicht nicht, daß ich schon im neunten Jahre ein Kupferstecher war.«
    »Im neunten Jahre?« rief Franz Sternbald voll Verwunderung aus; »ich glaubte immer, im sechszehnten hättet Ihr Euer erstes Werk begonnen, und das hat schon immer mein Erstaunen erregt.«
    »Ich zeichnete schon Bilder und allerhand natürliche Sachen nach«, erzählte Lukas weiter, »als ich kaum sprechen konnte. Die Sprache und der Ausdruck durch die Reißkohle schien mir natürlicher als die wirkliche. Ich war unglaublich fleißig, und interessierte mich für gar nichts anders in der Welt, denn die übrigen Wissenschaften, so wie die Sprachen und dergleichen, waren mir völlig gleichgültig, ja es war mir verhaßt, meine Zeit mit solchem Unterrichte zuzubringen. Wenn ich auch nicht zeichnete, so gab ich genau auf alle die Dinge acht, die mir vor die Augen kamen, um sie nachher nachahmen zu können. Die größte Freude machte es mir, wenn meine Eltern oder andere Menschen die Personen wiedererkannten, die ich kopiert hatte. Kein Spiel machte mir Vergnügen, andre Knaben waren mir zur Last und ich verachtete sie und ging ihnen aus dem Wege, weil mir ihr Beginnen zu kindisch vorkam; sie verspotteten mich auch deshalb, und nannten mich den kleinen alten Mann. Ich erkundigte mich, wie die Kupferstiche entständen, und einige eben nicht geschickte Leute machten mich mit der Kunst bekannt, soviel sie selbst begriffen hatten. So machte ich im neunten Jahre mein erstes Bild, das ich öffentlich herausgab, und das vielen Leuten nicht mißfiel; bald darauf taten mich meine Eltern auf mein inständiges Bitten zum Meister Engelbrecht in die Lehre, ich fuhr fort zu arbeiten, und im sechszehnten Jahre war ich schon einigermaßen bekannt, so daß meine Werke gesucht wurden.«
    »Ihr seid ein wahres Wunderkind gewesen, Meister Lukas«, sagte Albert Dürer, »und auf die Art muß man freilich nicht erstaunen, wenn die Welt so viele Arbeiten von Euch gesehn hat.«
    »Wenn ich jetzt vielleicht etwas bin«, sagte Lukas sehr lebhaft, »so habe ich es nur Euch zu verdanken. Ihr wart mein Vorbild, Ihr gabt mir immer neues Feuer, wenn ich manchmal den Mut verlieren wollte, denn ich glaube, es gibt auch beim eifrigsten Künstler Stunden, in denen er durchaus nichts hervorbringen mag, wo er sich in sich selber ausruht, und ihm die Arbeit mit den Händen ordentlich widersteht; dann hörte ich wieder von Euch, ich sah eins Eurer Kupferblätter, und der Fleiß kam mir mit frischer Anmut zurück. Ich muß es gestehen, daß ich Euch meine meisten Erfindungen zu danken habe, denn ich weiß nicht wie es zugeht: einzelne Figuren oder Sachen stehen mir immer sehr klar vor den Augen, aber das Zusammenfügen, der wahre historische Zusammenhang, der ein Bild erst fertig macht, will sich nie deutlich vor den Sinn hinstellen, bis ich dann ein andres Blatt in die Hand nehme; da fällt es mir dann ein, daß ich das auch darstellen, und hie und da wohl noch verbessern könnte; aus dem Bilde, das ich vor mir sehe, entwickelt sich ein neues in meiner Seele, das mir dann nicht eher Ruhe läßt, als bis ich es fertig gemacht habe. Am liebsten habe ich Eure Bilder nachgemacht, Albrecht; weil sie alle einen ganz eigenen Sinn haben, den ich in andern nicht antreffe. Ihr habt mich am meisten auf Gedanken geführt, und Ihr werdet es wissen, daß ich viele Bilder, die Ihr ausgearbeitet habt, auch darzustellen versucht habe. Manchmal habe ich die Eitelkeit gehabt, (Ihr verzeiht mir meinen freimütigen Stolz, auch seid Ihr selbst ein grader, guter Mann) Eure Vorstellung zu verbessern und dem Auge angenehmer zu machen.«
    »Ich weiß es recht wohl«, sagte Albert mit der gutmütigsten Freundlichkeit, »und ich versichere Euch, ich habe viel von Euch gelernt. Wie Ihr mit Eurem Körper behende und gewandter seid, so seid Ihr es auch mit dem Pinsel und Grabstichel. Ihr wißt eine gewisse Anmut mit Wendungen und Stellungen der Körper in Eure Bilder zu bringen, die mir oft fehlt, so daß meine Zeichnungen gegen die Eurigen hart und rauh aussehen; aber Ihr erlaubt mir auch zu sagen,

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