Franz Sternbalds Wanderungen
mit Leid,
Dem Glücke nur vertrau.
So weit dich schließt der Himmel ein,
Gerät der Liebe Frucht,
Und jedes Herz wird glücklich sein,
Und finden was es sucht.«
Drittes Buch
Erstes Kapitel
O Jugend! du lieber Frühling, der du so sonnenbeschienen vorn im Anfange des Lebens liegst! wo mit zarten Äugelein die Blumen umher, des Waldes neugrüne Blätter, wie mit fröhlicher Stimme dir winken, dir zujauchzen! Du bist das Paradies, das jeder der spätgebornen Menschen betritt, und das für jeden immer wieder von neuem verlorengeht.
Gefilde voll Seligkeit! überhangend von Blüten, durchirrt von Tönen! Sehnsucht weht und spielt in deinen süßen Hainen. Vergangenheit so golden, Zukunft so wunderbar: wie mit dem Sirenengesange der Nachtigall lockt es von dorther; mondliche Schimmer breiten sich auf dem Wege aus, liebliche Düfte ziehen aus dem Tale herauf, vom Berge nieder der Silberquell. O Jüngling, in dir glänzt Morgenröte, sie rückt mit ihren Strahlen und wunderglänzenden Wolkenbildern herauf: dann folgt der Tag, bis auf die Spur sogar verfließt die himmlische Sehnsucht; alle Liebesengel ziehen fort, und du bist mit dir allein. War alles nur Dunst und bunter Schatten, wornach du brünstig die Arme strecktest? –
Aus Wolken winken Hände,
An jedem Finger rote Rosen,
Sie winken dir mit schmeichlerischem Kosen,
Du stehst und fragst: wohin der Weg sich wende?
Da singen alle Frühlingslüfte,
Da duften und klingen die Blumendüfte,
Lieblich Rauschen geht das Tal entlang:
»Sei mutig, nicht bang!
Siehst du des Mondes Schimmer?
Der Quellen hüpfendes Geflimmer?
In Wolken hoch die goldnen Hügel?
Der Morgenröte himmelbreite Flügel?
Dir entgegen ziehn so Glück als Liebe,
Dich als Beute mit goldenen Netzen zu fahn,
So leise lieblich, daß keine Ausflucht bliebe
Umstellen sie dich, bald ist's um dich getan.«
– Was will das Glück mit mir beginnen?
O Frühlingsnachtigall! singst du drein?
Schon dringt die sehnende Lieb auf mich ein;
Wie Mondglanz webt's um meine Sinnen.
Wie bang ist mir's, gefangen mich zu geben,
Sie nahn, die Scharen der Wonne, mit Heeresmacht!
Verloren, verträumt ist das fliehende Leben,
Schon rüstet sich Lieb und Glück zur Schlacht.
Der Kampf ist begonnen,
Ich fühle die Wonnen
Durchströmen die Brust:
O selge Gefilde,
Ich komme, wie milde
Erquickt und ermattet des Lebens Lust!
Es sinket vom Himmel
Der Freuden Gewimmel
Und lagert sich hier:
Im Boden, ich fühle
Der Freuden Gewühle,
Sie streben und drängen entgegen mir.
Der Quellen Getöne,
Der Blümelein Schöne,
Ihr lieblicher Blick,
Sie winken so eigen,
Ich deute das Schweigen,
Sie wünschen mir alle zum Leben Glück. – –
Nun wandelt das Kind auf grünen Wegen
Den goldglänzenden Strahlen entgegen,
Im bangen Harren geht es weit,
Es klopft das Herz, es flieht die Zeit.
Da ist's, als wenn die Quellen schwiegen,
Ihm dünkt, als dunkle Schatten stiegen,
Und löschten des Waldes grüne Flammen,
Es falten die Blumen den Putz zusammen.
Die freundlichen Blüten sind nun fort
Und Früchte stehn an selbigem Ort;
Die Nachtgall versteckt die Gesänge im Wald,
Nur Echo durch Still und Einsamkeit schallt. –
»Morgenröte! bist du nach Haus gegangen?«
Ruft das Kind, und streckt die Händ und weint;
»O komm! ich bin erlöst vom Bangen,
Du wolltest mich mit goldnen Netzen fangen,
Du hast es gewiß nicht böse gemeint.
Ich will mich gerne drein ergeben,
Es kann und soll nicht anders sein:
Ich opfre dir mein junges Leben,
O komm zurück, du Himmelsschein!« –
Aber hoch und höher steigt das Licht,
Und bescheint das tränende Gesicht;
Die Nachtigall flieht waldwärts weiter,
Quell wird zum Fluß und immer breiter.
»Ach! und ich kann nicht hinüberfliegen,
Was mich erst lockte, ist nun so weit,
Der Morgenglanz, die Töne müssen jenseits liegen,
Ich stehe hier, und fühle nur mein Leid!« –
– Die Nachtigall singet aus weiter Fern:
»Wir locken, damit du lebest gern,
Daß du dich nach uns sehnst, und immer matter sehnst,
Ist, was du töricht dein Leben wähnst.« – –
Franz Sternbald und sein Freund Rudolph Florestan durchwanderten jetzt den Elsaß. Es war die Zeit im Jahre, wenn der Frühling in den Baumknospen schläft, und die Vögel ihn in den unbelaubten Zweigen aufwecken wollen. Die Sonne schien
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